Arbeitsrecht Info - 01.2015

Arbeitslohn:

Sittenwidrige Lohnvereinbarung mit „Hartz-IV“-Empfängern

| Die Vereinbarung eines Stundenlohns von weniger als zwei Euro ist regelmäßig sittenwidrig und damit rechtsunwirksam, wenn die Vergütung mehr als 50 Prozent hinter der üblichen Vergütung zurückbleibt. Es liegt dann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers vor, das den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers erlaubt. |

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden. In dem Fall hatte ein Arbeitgeber zwei Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Bürohilfstätigkeiten gegen ein Entgelt von 100 EUR im Monat beschäftigt. Bei der abverlangten Arbeitsleistung ergab das einen Stundenlohn von weniger als zwei Euro. Das Jobcenter machte aus übergegangenem Recht weitere Lohnansprüche geltend. Es liege eine sittenwidrige Lohnvereinbarung vor, die den Arbeitgeber zur Zahlung der üblichen Vergütung verpflichte.

Das LAG hat der Klage des Jobcenters im Wesentlichen entsprochen. Die Lohnvereinbarungen führten zu einem besonders groben Missverhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers. Die für einen Lohnwucher erforderliche verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers werde bei dieser Sachlage unterstellt. Die Arbeitsleistungen seien für den Arbeitgeber von wirtschaftlichem Wert gewesen. Sie hätten ansonsten von ihm selbst oder seinen festangestellten Mitarbeitern ausgeführt werden müssen. Auch entlaste es den Arbeitgeber nicht, dass er den Leistungsempfängern eine Hinzuverdienstmöglichkeit habe einräumen wollen. Dies berechtige ihn nicht, Arbeitsleistungen in einem Umfang abzufordern, der zu dem geringen Stundenlohn führte.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 7.11.2014, 6 Sa 1148/14 und 6 Sa 1149/14, Abruf-Nr. 143465 unter www.iww.de.


Kündigungsrecht:

Einschlafen als Kündigungsgrund?

| Ist eine Arbeitnehmerin während der Arbeitszeit eingeschlafen, kann der Arbeitgeber ohne vorherige Abmahnung das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. |

So entschied es das Arbeitsgericht Köln im Fall einer Stewardess, die im Bordservice einer Bahngesellschaft tätig war. Ihr war gekündigt worden, nachdem sie in einem Zugabteil eingeschlafen war und erst nach mehreren Stunden die Arbeit aufgenommen hat. Die Arbeitnehmerin hatte bei Dienstbeginn über Unwohlsein geklagt, sich jedoch nicht förmlich krankgemeldet. Die Arbeitgeberin hatte das Einschlafen als Arbeitsverweigerung gewertet und darauf hingewiesen, dass die Klägerin bereits abgemahnt worden war, unter anderem wegen Verschlafens des Dienstbeginns.

Dieser Argumentation ist das Gericht nicht gefolgt und hat die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt. Es hat offengelassen, ob die Klägerin eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt hat, indem sie sich nicht förmlich krankgemeldet hat und im Abteil eingeschlafen ist. Selbst im Fall einer Pflichtverletzung hätte es einer weiteren Abmahnung bedurft. Die bereits erteilten Abmahnungen hat das Gericht für nicht einschlägig und die Kündigung damit für unverhältnismäßig gehalten. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle | Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 19.11.2014, 7 Ca 2114/14, Abruf-Nr. 143464 unter www.iww.de.


Vergütungsrecht:

Annahmeverzug bei polizeilichem Einsatzverbot

| Untersagt die Polizeibehörde dem Arbeitgeber die Beschäftigung eines Arbeitnehmers, trägt der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn der Arbeitnehmer keine Gründe für das Einsatzverbot gegeben hat und er auch nicht Adressat der behördlichen Anordnung ist. Der Arbeitgeber bleibt nach einem Arbeitskraftangebot trotz Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers verpflichtet, die vertraglich geschuldete Vergütung zu zahlen. |

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines Arbeitgebers entschieden, der Sicherheitsmitarbeiter auf einem Flughafen beschäftigte. Der Arbeitnehmer nimmt in dieser Funktion als Beliehener der Luftsicherheitsbehörde Sicherungsaufgaben nach dem Luftsicherheitsgesetz wahr. Nachdem eine Kollegin den Arbeitnehmer u.a. beschuldigt hatte, er habe gegen Zahlung von Geld die Mitnahme unerlaubter Flüssigkeiten im Flugzeug erlaubt, verbot die Polizeibehörde dem Arbeitgeber vorläufig eine weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber suspendierte daraufhin den Arbeitnehmer und zahlte an ihn auch nach einem Arbeitskraftangebot keine Vergütung. Das Einsatzverbot wurde aufgehoben, nachdem sich die gegen den Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe als haltlos erwiesen hatten.

Das LAG hat den Arbeitgeber zur Zahlung einer Annahmeverzugsvergütung verurteilt. Die unternehmerische Tätigkeit des Arbeitgebers bringe es mit sich, dass die von ihm beschäftigten Sicherheitsmitarbeiter einer behördlichen Aufsicht unterliegen. Es gehöre daher zu seinem unternehmerischen Risiko, dass die Behörde einen seiner Mitarbeiter auf seine Zuverlässigkeit hin überprüfen wolle und seinen Einsatz bis zum Abschluss der Überprüfung untersage. Dies gelte jedenfalls in Fällen, in denen der Arbeitnehmer nichts zu der entstandenen Situation beigetragen habe und sich die behördliche Anordnung auch nicht an ihn richte. Untersage die Behörde hingegen dem Arbeitnehmer selbst eine Tätigkeit, entfielen die Vergütungsansprüche.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.10.2014, 17 Sa 285/14, Abruf-Nr. 143472 unter www.iww.de.


Zeugnisrecht:

Anspruch des Arbeitgebers auf erweitertes Führungszeugnis

| Insbesondere Arbeitgeber, die als Träger der öffentlichen Jugendhilfe anerkannt sind, müssen sich von Mitarbeitern ein Führungszeugnis vorlegen lassen. Dabei müssen aber die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters und das Informationsinteresse des Arbeitgebers gegeneinander abgewogen werden. Deswegen muss ein erweitertes Führungszeugnis nur derjenige Mitarbeiter vorlegen, der tatsächlich mit Minderjährigen arbeitet. |

So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm im Fall einer Mitarbeiterin eines Kinder- und Jugendhilfe-Vereins. Sie hatte die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses verweigert. Der Verein mahnte sie deswegen ab. Das LAG gab der Mitarbeiterin Recht. Ein erweitertes Führungszeugnis müsse nur vorgelegt werden, wenn Mitarbeiter Kontakt zu Minderjährigen hätten, der zu einer besonderen Gefahrensituation führen könne. Das sei hier nicht der Fall. Die bloße Möglichkeit aber, dass ein Arbeitnehmer künftig mit minderjährigen Klienten, Praktikanten oder Auszubildenden in Kontakt treten könne – etwa durch Versetzung in einen anderen Arbeitsbereich – rechtfertigt die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nicht.

Quelle | LAG Hamm, Urteil vom 25.4.2014, 10 Sa 1718/13, Abruf-Nr. 171731 unter www.iww.de.

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