Arbeitsrecht Info - 01.2016

Berufsausbildungsverhältnis:

Ein vorausgegangenes Praktikum ist auf die Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis nicht anzurechnen

| Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt zwingend mit einer Probezeit. Beide Vertragspartner sollen damit ausreichend Gelegenheit haben, die für die Ausbildung im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinen spezifischen Pflichten möglich. Die Dauer eines vorausgegangenen Praktikums ist deshalb nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es nicht an. |

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines jungen Mannes, der sich im Frühjahr 2013 bei der Beklagten um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel beworben hatte. Die Ausbildung sollte zum 1.8.13 beginnen. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, schlossen die Parteien einen „Praktikantenvertrag“ mit einer Laufzeit bis zum 31.7.13. Nach dem gesonderten vereinbarten Berufsausbildungsvertrag begann anschließend die Ausbildung mit einer Probezeit von drei Monaten. Mit Schreiben vom 29.10.13, welches dem Auszubildenden am gleichen Tag zuging, kündigte die Beklagte das Berufsausbildungsverhältnis zum 29.10.13. Der Auszubildende hält die Kündigung für unwirksam. Sie sei erst nach Ablauf der Probezeit erklärt worden. Das dem Berufsausbildungsverhältnis vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Die Beklagte habe sich bereits während des Praktikums ein vollständiges Bild über ihn machen können.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Das Berufsausbildungsverhältnis konnte während der Probezeit gekündigt werden, ohne dass eine Kündigungsfrist eingehalten werden musste. Dabei ist die Tätigkeit des Auszubildenden vor dem 1.8.13 nicht zu berücksichtigen. Dasselbe würde nach Ansicht der Richter auch gelten, wenn es sich hierbei nicht um ein Praktikum, sondern um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hätte (vgl. BAG 16.12.04, 6 AZR 127/04).

Quelle | BAG, Urteil vom 19.11.2015, 6 AZR 844/14, Abruf-Nr. 145943 unter www.iww.de.


Aktuelle Gesetzgebung:

Anerkennung von Berufsqualifikationen

| Mit der Anerkennung von Berufsqualifikationen befasst sich ein Gesetzentwurf der Bundesregierung. Damit soll eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt werden. |

Die EU-Richlinie trat am 17.1.14 in Kraft und muss bis zum 18.1.16 in nationales Recht umgesetzt werden. Teil der Novelle ist ein Europäischer Berufsausweis, der das herkömmliche Anerkennungsverfahren und die Anerkennungsentscheidung ersetzt. Ferner ermöglicht die Neuregelung einen „partiellen Berufszugang“, wenn sich die jeweiligen Berufsbilder und Ausbildungsgänge in den EU-Staaten unterscheiden.

Das Gesetz beinhaltet auch einen Vorwarnmechanismus in Fällen, wo nationale Behörden bestimmten Berufsangehörigen die Ausübung ihrer Tätigkeit ganz, teilweise oder vorübergehend verboten haben. In solchen Fällen müssen die zuständigen Behörden aller EU-Länder unterrichtet werden. Das gilt den Angaben zufolge für Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen, Gesundheits- und Krankenpfleger oder andere Berufsangehörige mit Auswirkungen auf die Patientensicherheit. Die Regelung umfasst auch Informationspflichten bei der Verwendung gefälschter Berufsqualifikationsnachweise.

Quelle | Deutscher Bundestag, BT-Drs. 18/6616


Arbeitsvertragsrecht:

Dienstwagen darf auch während mutterschutzrechtlichem Beschäftigungsverbot genutzt werden

| Ist einer Arbeitnehmerin ein Dienstfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen worden, darf dieses auch während eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots weitergenutzt werden. |

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass es ein Teil der Arbeitsvergütung in Form eines Sachbezugs sei, wenn dem Arbeitnehmer ein Dienstfahrzeug zur Privatnutzung überlassen werde. Zwar bestehe ein Beschäftigungsverbot der Arbeitnehmerin während ihrer Mutterschutzzeit. Allerdings sei die Aufforderung des Arbeitgebers, das Dienstfahrzeug wegen dieses Beschäftigungsverbots herauszugeben, zu Unrecht erfolgt. Der Anspruch auf die Privatnutzung des Dienstfahrzeugs bestehe grundsätzlich auch während eines Beschäftigungsverbots fort.

Quelle | LAG Köln, Urteil vom 12.3.2015, 7 Sa 973/14, Abruf-Nr. 180825 unter www.iww.de  .


Sozialrecht:

Paketfahrer ist nicht Sub-Sub-Unternehmer, sondern abhängig Beschäftigter

| Ist ein Paketfahrer durch ein Qualitätshandbuch und einen Verhaltenskodex in die Abläufe eines Logistikunternehmens eingebunden, wird er sozialversicherungspflichtig beschäftigt, auch wenn der Zusteller einen eigenen PKW nutzt. |

Dies hat das Sozialgericht Dortmund im Falle eines Paketfahrers entschieden, der als Sub-Sub-Unternehmer Pakete mit einem eigenen PKW-Kombi für ein bundesweit tätiges Logistikunternehmen auslieferte. Das Gericht ging davon aus, dass der Fahrer bei dem zwischengeschalteten Kurierdienst (Vertragspartner des Logistikunternehmens) abhängig beschäftigt gewesen sei. Er sei auf die Vorgaben des Logistikunternehmens verpflichtet gewesen und habe dessen Scanner, Formulare und Arbeitskleidung nutzen müssen. Weiterhin sei er auf ein festgelegtes Zustellgebiet begrenzt gewesen und hätte die Betriebsstätte des Kurierdiensts nutzen müssen. Dadurch sei er eng in die Arbeitsorganisation des Subunternehmers des Logistikunternehmens eingegliedert gewesen. Es könne zwar ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sein, dass er seinen eigenen Pkw genutzt hat und das Haftungsrisiko getragen hat. Hier sei diese Vertragsgestaltung jedoch weniger Ausdruck unternehmerischer Freiheit des Paketfahrers als vielmehr Ausdruck wirtschaftlicher Macht des hinter dem Kurierdienst stehenden Logistikunternehmens.

Quelle | Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 11.9.2015, S 34 R 934/14, Abruf-Nr. 145535 unter www.iww.de.

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