Steuerrecht Info - 05.2017

21.04.2017
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Sonderausgabenabzug:

Auswirkungen von Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenkasse

| Leistet eine gesetzliche Krankenkasse Bonuszahlungen nach § 65a Sozialgesetzbuch (SGB) V, werden die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nicht gemindert. Dieses positive Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus 2016 hat jedoch einige Fragen aufgeworfen. Denn Krankenkassen haben höchst verschiedene Programme geschnürt – entschieden wurde aber nur zu den Bonuszahlungen für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65a SGB V). Zudem können Krankenkassen bei der Datenübermittlung an das Finanzamt bis dato keine Differenzierung vornehmen. Das Bundesfinanzministerium hat seine Sichtweise nun vorgestellt. |

Betroffen sind nur Bonuszahlungen gemäß § 65a SGB V. Ferner muss der Versicherte bestimmte Gesundheitsmaßnahmen selbst finanziert haben, die nicht vom Leistungsumfang der Krankenversicherung umfasst sind. Nur dann handelt es sich um eine Kostenerstattung (= keine Beitragsrückerstattung), die die Sonderausgaben nicht mindert.

Eine Kostenerstattung liegt nicht vor, wenn nur die Teilnahme an bestimmten Vorsorgemaßnahmen oder anderen gesundheitsfördernden Maßnahmen vorausgesetzt wird, selbst wenn diese mit finanziellem Aufwand für den Steuerpflichtigen verbunden sind.

Beachten Sie | So lautet zumindest die Verwaltungsmeinung. Aus der Urteilsbegründung des Bundesfinanzhofs lässt sich diese (profiskalische) Interpretation nämlich nicht unbedingt herauslesen.

Die Krankenkassen werden nun prüfen, ob die Voraussetzungen bei ihren Bonusprogrammen erfüllt sind. Ist dies der Fall, erhalten die Versicherten in 2017 eine Papierbescheinigung, die beim Finanzamt einzureichen ist. Erhalten Versicherte keine Bescheinigung, können sie davon ausgehen, dass das Bonusprogramm ihrer Krankenkasse nicht begünstigt ist.

Beachten Sie | Zur verfahrensrechtlichen Umsetzung (= Änderung etwaiger Steuerbescheide) hat das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 29.3.2017 Stellung genommen.

Quelle | BMF vom 13.3.2017: „Auswirkungen der Teilnahme an Bonusprogrammen der gesetzlichen Krankenversicherung auf die Einkommensbesteuerung“, unterwww.iww.de/s96; BFH, Urteil vom 1.6.2016, X R 17/15; BMF-Schreiben vom 29.3.2017, IV A 3 – S 0338/16/10004


Alle Steuerzahler:

Geringwertige Wirtschaftsgüter: Schwelle steigt auf 800 EUR

| Die Bundesregierung hat sich auf die Anhebung der Schwelle für geringwertige Wirtschaftsgüter geeinigt. Statt bislang 410 EUR sollen ab 2018 Anschaffungen bis zu einem Wert von 800 EUR sofort abgeschrieben werden können. Der Bundestag und der Bundesrat müssen diesen Plänen aber noch zustimmen. |

Zum Hintergrund: Geringwertige Wirtschaftsgüter sind abnutzbare und bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die selbstständig nutzungsfähig sind (beispielsweise ein Laptop). Bei der Prüfung der Schwelle von derzeit 410 EUR wird immer auf den Nettowert abgestellt. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht. So ist z. B. auch bei Anschaffungen im Rahmen der Vermietungseinkünfte auf die Nettowerte abzustellen.

Quelle | BMWi, Mitteilung vom 7.3.2017


Außergewöhnliche Belastungen:

Zumutbare Belastung ist stufenweise zu ermitteln

| Im Steuerrecht ist nur eines sicher, es wird nie langweilig. Dafür hat aktuell der Bundesfinanzhof gesorgt. Denn nach neuer Sichtweise ist die zumutbare Belastung bei außergewöhnlichen Belastungen stufenweise zu ermitteln, wodurch der steuerliche Abzug grundsätzlich erhöht wird. |

Hintergrund: Der Abzug außergewöhnlicher Belastungen (z. B. Krankheitskosten) ist nur möglich, wenn der Steuerpflichtige mit überdurchschnittlich hohen Aufwendungen belastet ist. Die Zumutbarkeitsgrenze wird in drei Stufen (Stufe 1 bis 15.340 EUR, Stufe 2 bis 51.130 EUR, Stufe 3 über 51.130 EUR) nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte (abhängig von Familienstand und Kinderzahl) bemessen (1 bis 7 Prozent).

Das Beispiel verdeutlicht, wie die zumutbare Belastung nach bisheriger Rechtslage und nach der neuen BFH-Sichtweise ermittelt wird: Ein verheirateter Steuerpflichtiger (ein Kind) hat in seiner Einkommensteuererklärung außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 4.148 EUR erklärt. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt 51.835 EUR.

Bisherige Ermittlung:

Stufe 3 (über 51.130 EUR): 0,04 x 51.835 EUR = 2.073 EUR

Nach Abzug der zumutbaren Belastung wirken sich 2.075 EUR steuermindernd aus.

Neue stufenweise Ermittlung:

Stufe 1 (bis 15.340 EUR): 0,02 x 15.340 EUR = 306,80 EUR

Stufe 2 (über 15.340 EUR bis 51.130 EUR): 0,03 x 35.790 EUR = 1.073,70 EUR

Stufe 3 (über 51.130 EUR): 0,04 x 705 EUR = 28,20 EUR

Die zumutbare Belastung nach stufenweiser Ermittlung beträgt 1.409 EUR. Somit sind die Aufwendungen in Höhe von 2.739 EUR abziehbar. Der Vorteil gegenüber der bisherigen Ermittlung beträgt 664 EUR.

Quelle | BFH, Urteil vom 19.1.2017, VI R 75/14, Abruf-Nr. 192930 unter www.iww.de.


Ehegatten:

Zusammenveranlagung trotz langer räumlicher Trennung

| Leben Ehegatten über viele Jahre räumlich voneinander getrennt, können sie dennoch zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden. |

In dem Fall waren die Steuerpflichtigen seit 1991 verheiratet. Sie haben einen im selben Jahr geborenen Sohn. In 2001 zog die Ehefrau mit dem Sohn aus dem gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus zunächst in eine Mietwohnung und später in eine Eigentumswohnung.

Für das Streitjahr 2012 gelangte das Finanzamt nach einer Außenprüfung zu der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vorlägen und veranlagte das Ehepaar einzeln zur Einkommensteuer. Die Eheleute argumentierten, dass sie nur räumlich, nicht jedoch persönlich und geistig getrennt leben. Der Auszug der berufstätigen Ehefrau sei durch die schwierige Situation mit der im selben Haus lebenden pflegebedürftigen Schwiegermutter begründet gewesen. Man hätte sich weiterhin getroffen und Ausflüge, Urlaube und sonntägliche Kirchenbesuche unternommen. Die Kosten hierfür sowie für den Unterhalt des Sohnes wurden stets gemeinsam getragen. Andere Partner habe es nie gegeben. Derzeit plane man, auf einem gemeinsam erworbenen Grundstück einen Bungalow zu errichten, um dort wieder zusammenzuziehen.

Das FG gab der Klage statt. Nach Anhörung der Eheleute und Vernehmung des Sohnes als Zeugen spricht das Gesamtbild dafür, dass das Ehepaar nicht dauernd getrennt lebt.

In der heutigen Zeit sind auch Formen des räumlich getrennten Zusammenlebens üblich, sodass es glaubhaft ist, dass das Ehepaar seine Lebensgemeinschaft in Form der persönlichen und geistigen Gemeinschaft – trotz der räumlichen Trennung – aufrechterhalten hat. Die Schilderungen werden auch durch den Plan untermauert, in einem gemeinsam zu errichtenden Bungalow wieder zusammenzuziehen.

Schließlich haben die Eheleute auch die Wirtschaftsgemeinschaft unverändert fortgeführt, da beide weiterhin die Kosten für den Sohn und gemeinsame Unternehmungen getragen haben.

Beachten Sie | Dass die Eheleute grundsätzlich getrennt wirtschaften und getrennte Konten führen, sah das FG als unschädlich an. Denn dies ist heutzutage auch bei räumlich zusammen lebenden Eheleuten üblich.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 22.2.2017, 7 K 2441/15 E, Abruf-Nr. 192494 unter www.iww.de.

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