Verbraucherrecht Info - 08.2016

27.07.2016
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Aktuelle Gesetzgebung:

Bundeskabinett beschließt Stärkung der Beschuldigtenrechte

| Das Bundeskabinett hat den von Bundesminister Heiko Maas vorgelegten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten in Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts beschlossen. |

„Es ist ein Kernanliegen eines jeden Rechtsstaats, die Beschuldigtenrechte zu wahren. Deutschland ist bei den Verfahrensrechten von Beschuldigten grundsätzlich gut aufgestellt. Es erfüllt die europäischen Vorgaben weitgehend. Der nun beschlossene Gesetzentwurf setzt da an, wo wir noch besser werden müssen: die Kontaktsperre gegenüber dem Verteidiger wird es nach dem Gesetzentwurf in Zukunft während laufender Hauptverhandlungen nicht mehr geben. Außerdem verankern wir gesetzlich ein ausdrückliches Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei polizeilichen Vernehmungen von Beschuldigten und erleichtern den Zugang zu einem Rechtsbeistand. Klar ist: Jeder hat das Recht auf eine umfassende Verteidigung. Mit der heute beschlossenen Gesetzesnovelle verleihen wir diesem Grundsatz einmal mehr Nachdruck,“ sagt Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz.

Mit dem Regierungsentwurf werden insbesondere die Vorgaben der Richtlinie 2013/48/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.10.13 über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs umgesetzt.

Da die Rechtsstellung von Beschuldigten sowie Personen, die zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls festgenommen werden, in Deutschland bereits jetzt im Wesentlichen den Vorgaben der Richtlinie 2013/48/EU entspricht, macht diese lediglich vereinzelte Änderungen und Ergänzungen erforderlich. Vorgesehen sind daher punktuelle Änderungen in der Strafprozessordnung, im Jugendgerichtsgesetz und im Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen:

  • Beispielsweise soll in der Strafprozessordnung ein ausdrückliches Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei polizeilichen Vernehmungen oder bei Gegenüberstellungen mit dem Beschuldigten verankert werden.
  • Des Weiteren sollen dem Beschuldigten, der vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen möchte, allgemeine Informationen zur Verfügung gestellt werden, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Dabei soll auch auf bestehende anwaltliche Notdienste hingewiesen werden.
  • Darüber hinaus enthält der Gesetzesentwurf Änderungen im Schöffenrecht. Vorgeschlagen wird, die im Gerichtsverfassungsgesetz verankerte verpflichtende Unterbrechung der Schöffentätigkeit nach zwei aufeinanderfolgenden Amtsperioden zu streichen. Gleichzeitig sollen die Möglichkeiten, ein Schöffenamt abzulehnen, erweitert werden.

Autokauf:

Kein Sachmangel, wenn Gebrauchtwagen länger als 12 Monate vor der Erstzulassung gestanden hat

| Ein zwei Jahre und vier Monate nach seiner Erstzulassung verkaufter Gebrauchtwagen ist nicht automatisch mangelhaft, wenn das Fahrzeug zwischen Herstellung und Erstzulassung eine Standzeit von mehr als zwölf Monaten aufweist. |

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Mannes, der im Juni 2012 von einer Kraftfahrzeughändlerin einen Gebrauchtwagen gekauft hatte. Dieser hatte eine Laufleistung von 38.616 km und sollte 33.430 EUR kosten. Im Kaufvertragsformular war unter der Rubrik „Datum der Erstzulassung lt. Fzg.-Brief“ der 18.2.10 eingetragen. Ein Baujahr wurde nicht genannt. Später erfuhr der Käufer, dass das Fahrzeug bereits am 1.7.08 hergestellt worden war. Nach seiner Ansicht begründet die Dauer der Standzeit vor Erstzulassung (19 ½ Monate) schon für sich genommen einen Sachmangel des Kraftfahrzeugs. Er ist deshalb vom Kaufvertrag zurückgetreten und verlangt die Rückzahlung des Kaufpreises. Das Landgericht hat seiner Zahlungsklage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass eine Standzeit von über zwölf Monaten vor Erstzulassung bei einem Gebrauchtwagenkauf nicht ohne Weiteres ein Sachmangel ist. Die Parteien hatten weder ausdrücklich noch stillschweigend eine Beschaffenheitsvereinbarung über ein bestimmtes Herstellungsdatum oder Baujahr getroffen. Der bloßen Angabe des Datums der Erstzulassung im Kaufvertrag kann – anders als der Käufer meint – eine solche (stillschweigende) Beschaffenheitsvereinbarung nicht entnommen werden. Das gilt schon, weil die Verkäuferin durch den einschränkenden Zusatz „lt. Fzg.-Brief“ keine verbindliche Willenserklärung abgegeben hat. Sie hat lediglich mitgeteilt, aus welcher Quelle sie die entsprechenden Angaben entnommen hat (Wissensmitteilung). Die Verkäuferin hat damit deutlich gemacht, dass sie weder für die Richtigkeit des Erstzulassungsdatums noch – darüber hinausgehend – für ein bestimmtes Baujahr des Fahrzeugs einstehen will.

Die Standzeit von 19 ½ Monaten zwischen Herstellung und Erstzulassung führt auch nicht dazu, dass sich der Gebrauchtwagen bei der Übergabe nicht für die gewöhnliche Verwendung eignete. Es ist auch nicht so, dass er die übliche, vom Käufer berechtigterweise zu erwartende Beschaffenheit nicht aufwies. Zwar hat der Senat für den Kauf von Neu- oder Jahreswagen bereits entschieden, dass ein Autokäufer in diesen Fällen eine zwölf Monate nicht überschreitende Standzeit vor der Erstzulassung erwarten darf. Denn dem durch die Standzeit voranschreitenden Alterungsprozess kommt bei neuen Fahrzeugen oder zumindest „jungen Gebrauchtwagen“ besonderes wirtschaftliches Gewicht zu. Solche allgemein gültigen Aussagen gelten aber nicht für sonstige Gebrauchtwagen. Welche Standzeiten dort üblich sind und ein Käufer – ohne zusätzliche Verkäuferangaben – erwarten darf, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab. Hier spielen etwa die Dauer der Zulassung zum Verkehr und die Laufleistung des Fahrzeugs, die Anzahl der Vorbesitzer und die Art der Vorbenutzung eine Rolle. War der Gebrauchtwagen beim Verkauf bereits längere Zeit zum Straßenverkehr zugelassen und ist durch eine relativ hohe Laufleistung eine nicht unerhebliche Abnutzung des Fahrzeugs eingetreten, verlieren eine vor der Erstzulassung eingetretene Standzeit und der hierauf entfallende Alterungsprozess zunehmend an Bedeutung. Dass konkrete standzeitbedingte Mängel aufgetreten sind, hat der Käufer nicht geltend gemacht. Der Kaufvertrag ist daher nicht rückabzuwickeln.

Quelle | BGH, Urteil vom 29.6.16, VIII ZR 191/15, Abruf-Nr. 187078 unter www.iww.de.


Sozialrecht:

Keine zusätzliche Vorsorgeuntersuchung für Vegetarier und Veganer

| Eine gesetzliche Krankenkasse darf in ihrer Satzung nicht vorsehen, dass zusätzliche Kosten für die Durchführung einer Blutuntersuchung einschließlich Beratung und Aufklärung für sich vegetarisch oder vegan ernährende Personen übernommen werden. |

Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz entscheiden. Geklagt hatte eine Betriebskrankenkasse mit rund 38.000 Versicherten (Stand: Mai 2015). Im Wettbewerb der gesetzlichen Krankenkassen positioniert sie sich nach ihren Angaben seit 2009 als Krankenkasse mit ökologischer Ausprägung. Der Verwaltungsrat beschloss in einem Nachtrag zu deren Satzung eine Regelung, die bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 75 EUR einen Anspruch auf Durchführung einer Blutuntersuchung einschließlich ärztlicher Beratung und Aufklärung für sich vorwiegend vegetarisch oder vegan ernährende Versicherte vorsieht.

Das Bundesversicherungsamt lehnte es ab, diese Regelung zu genehmigen. Hiergegen erhob die Krankenkasse Klage vor dem für die Ablehnung von Satzungsgenehmigungen in erster Instanz zuständigen LSG. Sie machte geltend, die vorgesehene Blutuntersuchung sei notwendig, um Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden. Sie enthalte damit eine Leistung der Vorsorge, die eine mögliche Satzungsleistung sein könne.

Dem ist das LSG nicht gefolgt. Die Krankenkasse könne in der Satzung zusätzliche Leistungen im Bereich der medizinischen Vorsorge vorsehen. Erforderlich sei aber, dass die Leistung bei allen Betroffenen aus konkret-individuellen Gründen notwendig sei, um ein drohendes Krankheitsrisiko abzuwenden. Dies sei hier nicht der Fall. Bei vegetarischer bzw. veganer Ernährung sei nicht allgemein ein Vitamin B 12-Mangel mit hierdurch verursachten Erkrankungen zu befürchten.

Quelle | LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2.6.2016, L 5 KR 66/15 KL, Abruf-Nr. 187143 unter www.iww.de.


Schlichtungsstelle:

Fernbus: Schlichtungsantrag jetzt auch online möglich

| Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) hilft bei Konflikten zwischen Bahn-, Bus-, Schiffs- und Flugreisenden und den jeweiligen Anbietern. Bisher konnten online nur Bahn- und Flugreisende eine Beschwerde einreichen. Dies ist nun auch Fernbus-Reisenden möglich (www.soep-online.de/beschwerdeformular_bus.html). |

Typische Konflikte mit den Anbietern von Fernbusreisen: Beschädigtes Gepäck oder Verspätungen. Das Schlichtungsverfahren bei der SÖP ist für die Reisenden kostenlos und unterstützt eine außergerichtliche Einigung.

Der Zugriff auf Koffer und Taschen an den Zwischenstopps der Fernbusse ist auch Dieben möglich und Gepäckdiebstahl ein Problem. Viele Senioren unternehmen längere Fahrten, daher ist ihr Gepäck länger im Laderaum verstaut. Wertsachen, Schmuck und Bargeld sollten sich daher stets im Handgepäck befinden, das an den Sitzplatz mitgenommen wird.

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