Verbraucherrecht Info - 10.2014

Haftungsrecht:

50.000 EUR Schmerzensgeld nach Funktionsverlust der linken Schulter

Einer Patientin, die ihre linke Schulter nach einer fehlerhaft gewählten und fehlerhaft durchgeführten Schulteroperation nicht mehr einsetzen kann, steht ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR zu.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Frau entschieden, die an Schulterbeschwerden litt. Sie ließ sich deshalb in einem Krankenhaus an der linken Schulter operieren. Seit diesem Eingriff kann sie ihren linken Arm nicht mehr richtig heben. Nach weiteren operativen Eingriffen musste die linke Schulter versteift werden. Mit der Begründung, sie sei unter Entfernung ihres Schulterdachs fehlerhaft operiert worden, hat die Frau Schadenersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR.

Mit ihrer Klage hatte sie Erfolg. Nachdem die Richter ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt hatten, waren sie der Ansicht, dass die Frau grob fehlerhaft behandelt wurde. Sowohl die Wahl einer offenen Schultergelenksoperation als auch die Durchführung dieser Operation verstießen gegen den ärztlichen Standard. Nach dem vor der Operation erhobenen MRT-Befund sei allein ein arthroskopischer Eingriff zur Entfernung des Schleimbeutels und zur Dekompression der Enge im Schultergelenk der Frau angezeigt gewesen. Der tatsächlich vorgenommene Eingriff sei zudem fehlerhaft durchgeführt worden. Es seien intraoperativ wesentliche Teile des Schulterdachs entfernt worden. Dadurch sei das Schulterdach zerstört worden. Dies habe die Versteifung der linken Schulter der Frau erfordert, sodass der linke Arm funktionsunfähig geworden sei (OLG Hamm, 26 U 4/13).


Gebrauchtwagen:

Vorsicht vor „TÜV neu“ bei einem eBay-Angebot

Wer mit „TÜV neu“ ein Fahrzeug bewirbt, muss in der HU festgestellte Mängel entweder beheben oder zumindest die Nichtbeseitigung vor Vertragsabschluss beweiskräftig gegenüber dem Käufer kommunizieren. Sonst schafft er einen Grund für den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Diese käuferfreundliche Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall eines Mannes, der seinen Pickup Chevrolet Avalanche, Baujahr 2002, im August 2011 bei eBay angeboten hatte. „TÜV & AU neu (April)“, so stand es in der Beschreibung. Als er mit dem Käufer einig war, beendete er die Auktion. Abgeschlossen wurde der Kfz-Kaufvertrag auf der Basis eines ADAC-Formulars mit Ausschluss der Mängelhaftung. Während in der Rubrik „Zusatzausstattung/Zubehör“ ausdrücklich auf die Angaben in der eBay-Beschreibung Bezug genommen wurde, blieb die TÜV-Angabe unerwähnt. Mit dem Fahrzeug erhielt der Käufer einen TÜV-Bericht über eine HU aus Mai 2011. Trotz „geringer Mängel“ war die Plakette erteilt worden. Zu den festgestellten Mängeln hieß es „Korrosion sonst. tragende Teile – schwächt bei Nichtbehandlung die tragende Struktur“.

Bei Übergabe des Fahrzeugs war der Korrosionsschaden nicht behoben. Zu welchem Zeitpunkt der Käufer vom Inhalt des TÜV-Berichts Kenntnis genommen hat, ob vor Unterzeichnung des Kaufvertrags oder erst später, ließ sich nicht mehr klären. Das OLG hat den Rücktritt – im Gegensatz zur ersten Instanz – zugelassen. Es sieht den Bruch einer Beschaffenheitsvereinbarung, die es in die Klausel „TÜV & AU neu (April)“ hineinliest. Der Käufer habe erwarten dürfen, dass die vom TÜV festgestellten Korrosionsschäden behoben worden sind (OLG Karlsruhe, 9 U 233/12).


Private Rentenversicherung:

Bezugsberechtigung des Erben

Der Versicherungsschein ist die maßgebliche Urkunde bei einem Versicherungsvertrag. Er beweist grundsätzlich den gesamten Inhalt des Versicherungsvertrags. Das gilt auch für die Bezugsberechtigung nach dem Tode des Versicherungsnehmers.

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Coburg im Fall eines Erben, der den Versicherer auf Auszahlung von Ansprüchen aus privaten Rentenversicherungen verklagt hatte. In den Verträgen war vereinbart, dass im Falle des Todes der Versicherungsnehmerin die eingezahlten Beträge abzüglich ausgezahlter Altersrenten zurückerstattet werden. Der Kläger meinte, dass er als Alleinerbe die Restbeträge aus den Lebensversicherungen erhalten müsse. Der Versicherer berief sich darauf, dass in den Begleitschreiben zu den Versicherungsurkunden vereinbart sei, dass nach dem Tod der Versicherungsnehmerin die gesetzlichen Erben die Restbeträge erhalten würden. Der Kläger sei aber nicht der gesetzliche Erbe.

Das LG gab der Klage statt und verurteilte den Versicherer zur Zahlung. Es stützte sich dabei auf zwei Argumentationsstränge:

  • Zum einen konnte nicht geklärt werden, ob die Regelung in den Begleitschreiben tatsächlich zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer vereinbart worden war. Da der Versicherer den Nachweis nicht führen konnte, konnte der Kläger als Alleinerbe die Beiträge fordern.
  • Zum anderen müsste die Regelung ausgelegt werden. Das gelte selbst für den Fall, dass sie in den Begleitschreiben vereinbart worden wäre. Ergebnis der Auslegung sei, dass in jedem Fall der Erbe Bezugsberechtigter werden muss. Es ergebe aus Sicht eines Versicherungsnehmers wenig Sinn, wenn abweichend von der von ihm beabsichtigten Erbfolge Dritte wesentliche Vermögensbestandteile erhalten würden.

(LG Coburg, 22 O 598/13).


Wirtschaftsweg:

Gemeinde muss Beseitigungskosten für hinterlassenes Fräsgut erstatten

Beauftragt eine Gemeinde ein Unternehmen mit der Instandsetzung von Wirtschaftswegen und verbringt dieses das bei der Säuberung anfallende Fräsgut auf angrenzende frisch zur Aussaat vorbereitete Felder, so muss die Gemeinde dem Grundstückseigentümer die zur Beseitigung des Fräsguts aufgewandten Kosten erstatten, wenn sie sich weigert, das Material selbst zu entfernen.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt a.d. Weinstraße entschieden. In dem Fall hatte eine Privatfirma im Auftrag der Ortsgemeinde deren Wirtschaftswege instand gesetzt. Dabei hatte sie auch Bankette und Entwässerungsgräben ausgefräst. Das anfallende Material verbrachte sie auf die angrenzenden Felder, so auch auf zwei frisch zur Aussaat vorbereitete Äcker des Klägers. Auf dessen Aufforderung hin weigerte sich die Ortsgemeinde, das Material zu beseitigen. Der Kläger beseitigte darauf das Fräsgut selbst und verlangte für seine Arbeiten einen Betrag von 238 EUR.

Zu Recht, entschied das VG. Das Ausbringen des Fräsguts sei ein nicht unerheblicher Eingriff in das Eigentum des Klägers, den dieser nicht hinnehmen müsse. Nur weil er den öffentlichen Weg als Anlieger nutze, berechtige dies die Ortsgemeinde nicht zur Inanspruchnahme seines Eigentums. Auch habe keine Vereinbarung zwischen den Grundstückseigentümern und der Gemeinde bzw. dem Bauunternehmer bestanden, das Fräsgut auf den Feldern abzulagern. Das Vorgehen mag zwar für abgeerntete Felder akzeptiert werden, die noch nicht zur Neuaussaat vorbereitet sind. Denn bei diesen Feldern sei mit dem Aufbringen von Fräsgut in aller Regel kein erheblicher Mehraufwand verbunden. Etwas anderes müsse aber bei Feldern gelten, die – wie hier – zwar bereits abgeerntet, aber schon wieder aussaatbereit hergerichtet worden seien. Dann mache das Aufbringen von Fräsgut den Aufwand an Arbeit und Material zunichte, den die Eigentümer zuvor in diese Äcker investiert hätten.

Da die Ortsgemeinde der Aufforderung des Klägers, das Fräsgut zu beseitigen, nicht nachgekommen sei, sei dieser zu eigenem Handeln gezwungen gewesen. Anderenfalls hätte er seine Felder nicht zeitnah bestellen können. Er habe daher das störende Fräsgut selbst auf Kosten der Ortsgemeinde beseitigen können. Sein Erstattungsanspruch ergebe sich aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch die Höhe des Aufwendungsersatzes sei nicht zu beanstanden (VG Neustadt, 4 K 1055/13.NW).

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