WEG:
Beschlüsse der Wohnungseigentümer zur Änderung der Kostentragung für Erhaltungsmaßnahmen
| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat auf der Grundlage des im Jahr 2020 reformierten Wohnungseigentumsrechts in zwei Verfahren über die Voraussetzungen entschieden, unter denen die Wohnungseigentümer für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eine von der bisherigen Kostenverteilung abweichende Kostentragung zulasten einzelner Wohnungseigentümer beschließen können. |
Verfahren 1: Das war geschehen
Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Teileigentümer von vier sog. Doppelparkern. Aufgrund eines Defekts der (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden) Hebeanlage kann in den Doppelparkern nur jeweils ein Fahrzeug abgestellt werden. Im Juni 2021 beschlossen die Wohnungseigentümer eine Änderung der Kostenverteilung, nach der die Kosten für eine Sanierung und Reparatur der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile der Doppelparker nicht mehr wie bisher von allen Wohnungseigentümern, sondern ausschließlich von den Teileigentümern der insgesamt zwanzig Doppelparker gemeinschaftlich zu tragen sind. Gegen diesen Beschluss wandte sich der Kläger mit der Anfechtungsklage, die in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist. Der BGH hat seine Revision zurückgewiesen.
Verfahren 1: So sieht es der Bundesgerichtshof
Der Beschluss über die Verteilung der für die Doppelparker anfallenden Kosten ist weder nichtig noch anfechtbar. Die Eigentümer haben die Kompetenz, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung zu beschließen. Das gilt auch, wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden. Dieses im Vergleich zur vorherigen Rechtslage weite Verständnis ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut und steht mit dem gesetzgeberischen Ziel der Regelung in Einklang.
Der Beschluss entspricht auch ordnungsmäßiger Verwaltung. Den Wohnungseigentümern ist bei Änderungen des Umlageschlüssels aufgrund des Selbstorganisationsrechts der Gemeinschaft ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Beschließen die Eigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Änderung der bisherigen Verteilung, dürfen sie wie schon nach der alten Rechtslage jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt. Werden Kosten von Erhaltungsmaßnahmen, die nach dem zuvor geltenden Verteilungsschlüssel von allen Wohnungseigentümern zu tragen sind, durch Beschluss einzelnen Wohnungseigentümern auferlegt, entspricht dies wie schon nach § 16 Abs. 4 WEG alte Fassung jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt. Daran gemessen ist der Beschluss nicht zu beanstanden. Durch die getroffene Regelung werden nur die Teileigentümer der Doppelparker mit Kosten belastet, die im Gegensatz zu den übrigen Wohnungseigentümern auch einen Nutzen aus der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums an den Doppelparkern ziehen und denen die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums wirtschaftlich zugutekommt. Auch das Rückwirkungsverbot gebietet hier keine andere Beurteilung. Denn bei typisierender Betrachtung konnten die Teileigentümer nicht darauf vertrauen, dass die gesetzlichen Öffnungsklauseln dauerhaft unverändert bleiben und die Mehrheitsmacht nicht erweitert wird. Vielmehr muss mit Änderungen gesetzlicher Rahmenbedingungen grundsätzlich gerechnet werden.
Verfahren 2: Das war geschehen
Der Kläger war Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft und Eigentümer einer Wohnung im Dachgeschoss. In einer Eigentümerversammlung im August 2021 fassten die Eigentümer den Beschluss, die (im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden) defekten Dachflächenfenster im Bereich des Sondereigentums des Klägers auszutauschen und dazu eine Fachfirma zu beauftragen. Weiter beschlossen sie, dass der Kläger abweichend von der bisherigen Regelung die Kosten des Fensteraustauschs allein tragen solle. Seine Anfechtungsklage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der BGH hat die Revision zurückgewiesen.
Verfahren 2: So sieht es der Bundesgerichtshof
Der Beschluss, für den die Beschlusskompetenz bestand, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Er berücksichtigt im Hinblick auf die allein im Bereich des Sondereigentums des Klägers befindlichen Dachflächenfenster die Gebrauchsmöglichkeit des Klägers. Entgegen der Ansicht der Revision entspricht der Beschluss auch insoweit ordnungsmäßiger Verwaltung, als die Wohnungseigentümer allein über die Kostentragung für den Austausch der Dachflächenfenster im Bereich des Sondereigentums des Klägers entschieden haben, ohne zugleich eine Regelung für die Behandlung künftiger gleich gelagerter Fälle zu treffen. Ob die sog. „Maßstabskontinuität“ nach der Neufassung des Wohnungseigentumsrechts schon bei dem ersten Beschluss über die Kosten einer einzelnen Erhaltungsmaßnahme berücksichtigt werden muss, war umstritten.
Der BGH hat dies verneint und nun entschieden, dass dann, wenn die Eigentümer eine Änderung der Kostenverteilung für eine einzelne Erhaltungsmaßnahme beschließen, nicht zugleich eine entsprechende Regelung für alle künftigen gleich gelagerten Fälle beschlossen werden muss. Ob und in welcher Art und Weise in Folgebeschlüssen die zuvor für eine einzelne Instandsetzungsmaßnahme beschlossene Änderung der Kostenverteilung zu berücksichtigen ist, kann nämlich nicht hypothetisch für künftige Fälle beurteilt werden, sondern nur für eine konkrete Maßnahme oder einen bereits gefassten, konkreten Beschluss.
Quelle | BGH, Urteile vom 22.3.2024, V ZR 81/23 und V ZR 87/23, PM 69/24
Fehlverhalten:
Vermieterin mit Wasser übergossen: fristlose Kündigung
| Das Amtsgericht (AG) Hanau hat entschieden: Einer Mieterin von Wohnraum darf fristlos gekündigt werden, wenn diese gleich zweimal die Vermieterin mit Wasser überschüttet. |
Die Vermieterin hatte die Mieterin auf Räumung der Wohnung verklagt, weil diese sie zwei Mal mit Wasser übergossen habe. Unstreitig zwischen den Parteien war zwar, dass die Mieterin jeweils einen Eimer Wasser aus dem Fenster in den Hof gegossen hatte, als sich die Vermieterin in diesem befand. Die Mieterin hatte allerdings bestritten, die Vermieterin getroffen zu haben oder überhaupt treffen zu wollen.
Das AG sah die Kündigung als wirksam an. Denn der vernommene Zeuge bestätigte, dass die Vermieterin beide Male tatsächlich mit dem Wasser aus dem Eimer vollständig übergossen wurde. Diese sei, so der Zeuge, „klitschnass“ gewesen, wie bei einer „Ice-Bucket-Challenge“. Das rechtfertige eine fristlose Kündigung wegen Störung des Hausfriedens, so das AG. Selbst, wenn die Mieterin keine direkte Absicht gehabt habe, die Vermieterin zu treffen, habe sie dies angesichts der Situation jedoch zumindest billigend in Kauf genommen. Denn ihr Ziel lag schon nach dem eigenen Vortrag darin, die Vermieterin davon abzuhalten, ihr Fahrrad umzustellen. Es habe auch keiner vorherigen Abmahnung bedurft, zumal die Mieterin, wie sich aus der Beweisaufnahme ergab, bereits weitere derartige Aktionen angekündigt habe.
Quelle | AG Hanau, Beschluss vom 19.2.2024, 34 C 92/23, PM vom 3.5.2024