Steuerrecht Info - 07.2022

9.07.2022
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Einkommensteuer:

Erstattungen für ein erweitertes Führungszeugnis sind kein Arbeitslohn

| Erstattet ein kirchlicher Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die Kosten für das Einholen eines erweiterten Führungszeugnisses, handelt es sich nicht um Arbeitslohn. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Münster liegt vielmehr steuerfreier Auslagenersatz im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 3 Nr. 50 EStG) vor. Gegen diese Entscheidung ist bereits die Revision anhängig. |

Das Einholen der erweiterten Führungszeugnisse erfolgte im Streitfall vor dem Hintergrund eines überwiegend betrieblichen Interesses der Kläger (Arbeitgeberkreis des Generalvikariats des Bistums X-Stadt). Hierfür spricht bereits, so das FG Münster, dass sich die Regelungen der „Ordnung zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen für die Diözese X-Stadt“ (PrävO) an die Kläger und nicht an die Beschäftigten richten.

Nach der PrävO (§ 5 Abs. 1) trifft den Arbeitgeber die Verpflichtung, sich im regelmäßigen Abstand von fünf Jahren ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen zu lassen und nach den hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen die insoweit anfallenden Kosten hierfür zu tragen. Die Kläger sind nicht in der Lage, sich dieser Verpflichtung zu entziehen. Soweit die Arbeitnehmer diese Aufwendungen zunächst selbst tragen, tun sie dies im unmittelbaren Interesse der Kläger.

Das FG berücksichtigte u. a. auch, dass die Arbeitnehmer kein bedeutsames eigenes Interesse am Einholen eines Führungszeugnisses hatten. Die mit der Kostenerstattung einhergehende „Bereicherung“ stufte es als sehr gering ein.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 23.3.2022, 7 K 2350/19 AO, Rev. BFH, VI R 10/22, Abruf-Nr. 229208 unter www.iww.de


Außergewöhnliche Belastungen:

Kosten für Rückentraining nicht absetzbar? Endgültige Entscheidung vertagt!

| Aufwendungen für ein Ortho-Training, für nicht verschreibungspflichtige Medikamente und für die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises sind laut dem Finanzgericht (FG) Münster nicht als außergewöhnliche Belastungen in der Einkommensteuererklärung absetzbar. Noch ist aber „nicht aller Tage Abend“. Denn der Bundesfinanzhof (BFH) muss sich dieser Frage bald in einer Nichtzulassungsbeschwerde eines Steuerzahlers annehmen. |

Das FG Münster hatte in erster Instanz die Aufwendungen mangels entsprechender ärztlicher Verordnungen nicht anerkannt. Doch der Betroffene argumentierte wie folgt: Bei den Kosten für Medikamente handle es sich auch ohne Vorliegen entsprechender ärztlicher Verordnungen um ständig erforderliche Einkäufe, die nicht nur gelegentlich und damit zwangsläufig seien. Außerdem seien die Aufwendungen für das „Ortho-Training“ ebenfalls zwangsläufig. Dies ergebe sich aus dem vorgelegten fachärztlichen Gutachten sowie der amtsärztlichen Bescheinigung.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 17.1.2022, 9 K 1471/20 E, Abruf-Nr. 228066 unter www.iww.de; BFH, VI B 12/22


Geänderte BFH-Rechtsprechung:

Werden Sportvereine umsatzsteuerpflichtig?

| Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine Rechtsprechung geändert: Bei einer aus dem deutschen Recht folgenden Umsatzsteuerpflicht können sich Sportvereine nicht auf eine aus der europäischen Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) abgeleitete Steuerfreiheit berufen. |

Das war geschehen

Ein Golfverein vereinnahmte u. a. allgemeine Mitgliedsbeiträge. Hierfür verlangte das Finanzamt (FA) keine Umsatzsteuer (nicht steuerbare Leistungen). Darüber hinaus erbrachte der Verein aber auch eine Reihe von Leistungen gegen gesondertes Entgelt: Berechtigung zur Platznutzung, leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagtraining mittels eines Ballautomaten, Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Verein Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte etc. Diese Leistungen behandelte das FA als umsatzsteuerbar und -pflichtig.

So sahen es Finanzamt und die gerichtlichen Instanzen

Die für den Veranstaltungsbereich mögliche Steuerfreiheit nach dem Umsatzsteuergesetz (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG) versagte das FA, da es den Verein nicht als gemeinnützig ansah. Es fehle an einer hinreichenden Vermögenszweckbindung für den Fall der Vereinsauflösung. Das Finanzgericht (FG) München sah das anders: Es ging wegen der bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass sich der Verein auf eine weiter gefasste Steuerfreiheit nach MwStSystRL (Art. 132 Abs. 1 Buchst. M) berufen könne.

In der Folge rief der BFH den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an, der eine Berufung auf die Steuerfreiheit nach der MwStSystRL ablehnte. Dem hat sich der BFH nun angeschlossen.

Für die eigentlich unter das Umsatzsteuergesetz (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UstG) fallende Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Verein Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte, war keine Steuerbefreiung möglich. Denn für den EuGH setzt die Steuerfreiheit im Sportbereich voraus, dass das Vereinsvermögen im Auflösungsfall nur zweckgebunden verteilt werden kann, woran es hier fehlte.

Die Entscheidung des BFH betrifft unmittelbar nur Leistungen, die Sportvereine gegen gesonderte Vergütung erbringen. Aber: Nach der langjährigen Rechtsprechung sind Leistungen, die Sportvereine an ihre Mitglieder gegen allgemeine Mitgliedsbeiträge erbringen entgegen der gelebten Praxis der Finanzverwaltung weiterhin umsatzsteuerbar, sodass es durch die nunmehr versagte Steuerbefreiung zu einer Umsatzsteuerpflicht kommt.

Sportvereinen droht Umsatzsteuerpflicht

Sportvereine müssen jetzt, so der BFH, damit rechnen, dass die Rechtsprechung ihre Leistungen auch insoweit als steuerpflichtig ansieht, als sie derartige Leistungen an ihre Mitglieder erbringen und es sich dabei nicht um eine sportliche Veranstaltung im Sinne des UStG (§ 4 Nr. 22 Buchst. b) handelt.

Beachten Sie | Die Problematik kann nach Ansicht des BFH nur der Gesetzgeber lösen, indem er die nach der Richtlinie bestehende Möglichkeit ergreift, Leistungen im Bereich des Sports weitergehend als bisher von der Umsatzsteuer zu befreien.

Kleinunternehmerregel als „Rettungsanker“

Ferner gibt es noch die Kleinunternehmerregel gemäß UstG (§ 19): Danach wird keine Umsatzsteuer erhoben, wenn der Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Quelle | BFH-Urteil vom 21.4.2022, V R 48/20, Abruf-Nr. 229145 unter www.iww.de; BFH PM Nr. 20/22 vom 12.5.2022


Kapitalanleger:

Finanzverwaltung äußert sich zur Besteuerung von virtuellen Währungen

| Virtuelle Währungen wachsen ständig. Das gilt für die Anzahl, das Volumen und die Zahl der Investoren. Daher wartete man auf ein Verwaltungsschreiben, das u. a. darlegt, in welchen Fällen Gewinne zu versteuern sind. Bereits im Juni 2021 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium (BMF) ein Entwurfsschreiben, das nun auf 24 Seiten finalisiert wurde. |

Das Schreiben behandelt „Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token“. Auf den ersten Seiten werden beispielsweise Begriffe, wie Mining, Token und Blockchain definiert. Die folgenden Seiten setzen sich mit den ertragsteuerlichen Dimensionen (differenziert nach Privat- und Betriebsvermögen) auseinander.

Das BMF stellt u. a. heraus, dass Tätigkeiten im Zusammenhang mit Einheiten einer virtuellen Währung und mit sonstigen Token zu Einkünften aus allen Einkunftsarten (z. B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbstständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen) führen können.

Interessant sind insbesondere die Ausführungen unter der Rz. 53. Danach sind Einheiten einer virtuellen Währung und sonstige Token ein „anderes Wirtschaftsgut“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Daher können Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Einheiten einer virtuellen Währung und sonstigen Token Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften darstellen, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Beachten Sie | Gewinne bleiben allerdings einkommensteuerfrei, wenn die Summe der aus allen privaten Veräußerungsgeschäften im Kalenderjahr erzielten Gewinne weniger als 600 Euro beträgt.

Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. So ist z. B. beim Bundesfinanzhof (BFH) ein Verfahren anhängig, in dem es um die Ausführungen der Finanzverwaltung unter der Rz. 53 geht.

Quelle | BMF-Schreiben vom 10.5.2022, IV C 1 – S 2256/19/10003 :001, Abruf-Nr. 229317 unter www.iww.de; Rev. BFH IX R 3/22

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