Als Zeuge vor Gericht

Helfen Sie dem Gericht und den Prozessparteien die Wahrheit zu finden!

Die Gerichte müssen zeitlich zurückliegende Vorgänge beurteilen, bei denen die Richter nicht selbst dabei waren. Um herauszufinden, was sich tatsächlich zugetragen hat, ist das Gericht daher auf Beweismittel angewiesen.

Ein besonders wichtiges Beweismittel ist der Zeuge. Als die Person, die dabei war, sagt der Zeuge über das aus, was er konkret gesehen und miterlebt hat, seine Aussage kann deshalb nicht durch andere Aussagen ersetzt werden. Ihre Aufgabe ist im Grunde ganz einfach: Sie berichten lediglich, was Sie über den Vorfall, um den es geht, wissen und beantworten anschließend – soweit dies erforderlich sein sollte – ergänzende Fragen: Verschweigen Sie dabei nichts, aber fügen Sie auch nichts hinzu.
Besitzen Sie zuhause oder im Büro Aufzeichnungen, mit deren Hilfe Sie den Vorgang genauer darstellen Können, so bringen Sie diese Aufzeichnungen bitte mit. Sie ersparen damit dem Gericht zusätzliche Arbeit und sich selbst möglicherweise einen erneute Vernehmung.

Der Gang zum Gericht bringt sicher oft Unannehmlichkeiten mit sich. Für jeden von uns ist Zeit kostbar. Bedenken Sie aber: Auch Sie sind vielleicht einmal auf einen Zeugen angewiesen.

Nach dem Gesetz sind Sie zum Erscheinen verpflichtet!

Im Zivilprozess kann das Gericht aber auch einen schriftliche Beantwortung der Beweisfrage anordnen, wenn es dies im Hinblick auf den Inhalt der Beweisfrage und die Person des Zeugen für ausrechen erachtet. In allen anderen Fällen verbleibt es bei er persönlichen Einvernahme.

Nehmen Sie Ihre Zeugenpflicht nicht auf die leichte Schulter! Nach dem Gesetzt sind Sie verpflichtet, der Aufforderung durch das Gericht oder der Staatsanwaltschaft nachzukommen und vor Gericht zu erscheinen. Es ist unerheblich, ob Sie selbst meinen, etwas von Bedeutung zu der Sache aussagen zu können. Der Zeugenladung müssen Sie in jedem Fall Folge leisten, auch wenn Sie das, was Sie zu sagen haben, schon dem Ermittlungsrichter, dem Staatsanwalt oder der Polizei geschildert haben.

Sie müssen nur dann nicht vor Gericht erscheinen, wenn schwerwiegende Verhinderungsgründe vorliegen, wie z. B. eine Erkrankung. Teilen Sie dem Gericht aber in einem solchen Fall unverzüglich mit, dass und warum Sie nicht zu dem festgesetzten Termin kommen können.
Schreiben Sie am besten oder – wenn die Zeit für eine rechtzeitige schriftlichen Nachricht nicht mehr ausreicht – telefonieren Sie wenigstens.
Sofern Sie Ihr Ausbleiben nicht umgehend und genügend entschuldigen, müssen Sie mit erheblichen finanziellen Nachteilen rechnen.
Zunächst einmal muss das Gericht Ihnen die durch Ihr Fernbleiben entstehenden Kosten auferlegen. Daneben müssen Sie noch mit einem Ordnungsgeld, und wenn Sie es nicht bezahlen, sogar mit Ordnungshaft rechnen. Auch kann unter Umständen die zwangsweise Vorführung angeordnet werden. Der Zeugenpflicht kann man sich also letztlich nicht entziehen.

Wie läuft eine Gerichtsverhandlung ab?

Aus der Zeugenladung können Sie entnehmen, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort Sie erscheinen müssen. Finden Sie sich also bitte pünktlich ein. Sind Sie als Zeuge in einem Strafverfahren geladen, können Sie sich bei zahlreichen Gerichten an spezielle Ansprechpartner wenden. Wenn sie Fragen über den allgemeinen Ablauf des Verfahrens haben oder wegen Ihrer Vernehmung unsicher sind. Sie werden mit der Ladung auf bestehende Möglichkeiten einer Zeugenbetreuung hingewiesen.

Um festzustellen, ob alle geladenen Prozessbeteiligten – also auch die Zeugen – erschienen sind, ruft Sie das Gericht regelmäßig in den Sitzungssaal. Bereits jetzt – also in aller Regel noch vor der Vernehmung – werden die Zeugen vom Vorsitzenden zur Wahrheit ermahnt und ihnen die sonstigen notwendigen Hinweise gegeben. Scheuen Sie sich nicht zu fragen, wenn sie etwas nicht verstanden haben. In der Regel werden die Zeugen aufgefordert, anschließend den Sitzungssaal wieder zu verlassen, da grundsätzlich jeder Zeuge einzeln und in Abwesenheit der später anzuhörenden Zeugen zu vernehmen ist. Sie müssen nunmehr im Zeugenzimmer oder vor dem Verhandlungssaal darauf warten, bis Sie zu Ihrer Vernehmung wieder hereingerufen werden. Das Gericht wird in jedem Falle bemüht sein. Ihnen unnötige Wartezeichen zu ersparen.

Haben Sie aber bitte Verständnis dafür, wenn es im Einzelfall dennoch zu Verzögerungen kommen kann. Vielleicht bringen Sie sich auch etwas mit, das Ihnen hilft, die Zeit zu überbrücken. z. B. eine Zeitung oder eine Handarbeit.

Wenn Sie nun wieder in den Saal gerufen werden, beginnt die Vernehmung regelmäßig damit, dass Sie über Vor- und Zunamen, Alter und Beruf befragt werden. Normalerweise müssen Sie auch Ihren Wohnort angeben. Anschließend werden Sie zur Sache vernommen. Erzählen Sie im Zusammenhang, was Ihnen vom Gegenstand der Vernehmung bekannt ist. Es kommt dabei nicht darauf an, dass Sie sich besonders gewandt ausdrücken. Schildern Sie aber nur, was Sie wissen. Wenn Sie am Geschehensablauf Zweifel haben oder wenn sie sich nicht mehr genau erinnern, teilen Sie dies dem Gericht ebenfalls mit. Wenn Sie Ihre Schilderung beendet haben, werden Ihnen vielleicht noch ergänzende Fragen gestellt. Beantworten Sie sie, so gut Sie können. Ist Ihnen eine Frage nicht klar geworden, dann bitten Sie den Vorsitzenden um nähere Erläuterung. Reden Sie Ihn am besten „Herr (Frau) Vorsitzende(r)“ oder „Herr (Frau) Richter(in)“ an. Zur Aufregung besteht überhaupt kein Anlass. Sie können – wenn Sie die Wahrheit sagen – nichts verkehrt machen.

Im Strafverfahren können in bestimmten Fällen zum Schutz der Zeugen, deren Aussagen per Videokonferenz in den Gerichtssaal übertragen werden. Solche Videokonferenzen werden von Gericht, Staatsanwaltschaft und beteiligten Anwälten regelmäßig sehr sorgfältig vorbereitet.
Sie müssen daher nicht damit rechnen, bei einer „normalen“ Zeugenladung von einer solchen Maßnahme überrascht zu werden.

Sie müssen vor Gericht aussagen!

Ebenso wie Sie vor Gericht erscheinen müssen, besteht für Sie als Zeuge auch eine Aussagepflicht. Von dieser Regel gibt es allerdings Ausnahmen. Das Recht, die Aussage zu verweigern, haben z. B. Eltern, Kinder, Ehegatten, Verlobte und sonstige nahe Angehörige einer Partei oder eines Beschuldigten. Sie brauchen auch keine Angaben zu machen, durch die Sie sich selbst oder einen ihrer nahen Angehörigen in Gefahr bringen würden, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Im Zivilprozess können Sie die Beantwortung einzelner Fragen auch dann verweigern, wenn sie Ihnen oder einem nahen Angehörigen zur Unehre gereichen oder einen unmittelbaren vermögensrechtlichen schaden bringen würden.

Liegt kein Grund vor, der ausnahmsweise zur Verweigerung der Aussage berechtigt, so müssen Sie aussagen. Verweigern Sie die Aussage trotzdem, so müssen Ihnen die hieraus entstehenden Kosten auferlegt werden. Weiter haben Sie mit einem Ordnungsgeld und bei Nichtbezahlung mit Ordnungshaft zu rechnen.
Unter Umständen kann man zur Erzwingung der Aussage sogar in Haft genommen werden.

Sie können vereidigt werden!

Im Strafprozess ist nach dem Gesetz die Vereidigung der Regelfall. In anderen gerichtlichen Verfahren wie z. B. Minderjährige unter 16 Jahren. Das gleiche gilt im Strafprozess für Personen, die verdächtigt sind, an der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat beteiligt gewesen zu sein.

Schließlich hängt die Vereidigung in manchen Fällen vom Ermessen des Gerichts ab, so z. B. bei Personen, deren Aussagen keine wesentliche Bedeutung für das Verfahren zukommt. Das gleiche gilt für Opfer von solchen Straftaten, die Gegenstand der Hauptverhandlung sind und deren nahe Angehörige, sowie für nahe Angehörige des Angeklagten. Letztere haben auch das Recht, von sich aus die Eidesleistung zu verweigern. Das Strafgericht kann darüber hinaus z. B. von der Vereidigung absehen, wenn die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Angeklagte darauf verzichten.

Für das Privatklage- und Ordnungswidrigkeitenverfahren sowie für das Verfahren gegen Jugendliche gelten Besonderheiten. Hier sollen Zeugen nur ausnahmsweise vereidigt werden.

Bei einer grundlosen Verweigerung der Eidesleistung ergeben sich im wesentlichen die gleichen Folgen, wie sie oben bei der unberechtigten Zeugnisverweigerung beschreiben wurden.

Was Sie über Ihre Rechte und Pflichten sonst noch wissen sollten.

Als Zeuge sind Sie berechtigt, einen Rechtsbeistand Ihres Vertrauens zu der Vernehmung hinzuzuziehen, wenn Sie das für erforderliche halten, um von Ihren prozessualen Befugnissen, insbesondere von einem Zeugnisverweigerungsrecht, sachgerecht Gebrauch machen zu können. Entstehende kosten müssen Sie im Regelfall allerdings selbst tragen.

Wenn Sie jünger als 16 Jahre alt oder Opfer eines schweren Verbrechens, z. B. eines Sexualverbrechens, sind, kann Ihnen auf Staatskosten ein Opferanwalt beigeordnet werden. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, erfahren Sie bei Ihrem Rechtsanwalt.

Weitergehende Rechte haben Sie möglicherweise auch dann, wenn Sie in sonstiger Weise verletzt oder geschädigt wurden, und nunmehr im Strafverfahren als Zeuge vernommen werden. Hierüber werden Sie gegebenenfalls bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft durch ein entsprechendes Merkblatt unterrichtet. Dort finden Sie u. a. Hinweise auf Anwesenheitsrechte Ihres Rechtsanwalts und die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe. Wenn Sie das Merkblatt nicht (mehr) haben, können Sie es jederzeit anfordern.

Alle vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft geladenen Zeugen haben einen Anspruch auf Entschädigung. Der Anspruch erlischt, wenn Sie nicht innerhalb von drei Monaten einen entsprechenden Antrag stellen. Im Einzelnen können Sie folgendes verlangen:

  • Ihren Verdienstausfall bis u einer Höchstgrenze von 25 DM je Stunde der versäumten Arbeitszeit. Wer keinen Verdienstausfall erleidet, erhält 4 DM je Stunde (Mindestentschädigung). Wer nicht erwerbstätig ist und einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führt (Hausfrauen, Hausmänner) erhält 20 DM je Stunde; dies gilt auch für Telzeitbeschäftigte, die außerhalb der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit herangezogen werden. Die Mindestentschädigung und die Hausfrauenentschädigung entfallen, wenn Sie durch die Heranziehung ersichtlich keine Nachteile erleiden. Die Entschädigungen werden grundsätzlich für höchstens 10 Stunden je Tag, die Hausfrauenentschädigung allerdings nur für höchstens 8 Stunden je Tag gezahlt.
  • Die notwendigen tatsächlich entstandenen Fahrtkosten und zwar grundsätzlich
  • bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln die entstandenen Auslagen für die Wagenklasse, die Sie auch bei privaten Fahrten üblicherweise benutzen, und die Mehrkosten für zuschlagspflichtige Züge;
  • bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich von einem Dritten zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeugs bis zu einer Gesamtstrecken von einschließlich 200 km für jeden gefahrenen Kilometer des Hin- und Rückweges 0,40 DM (bei einer längeren Gesamtstrecke jedoch nur bis zur Höhe der Kosten für die Benutzung des preisgünstigsten öffentlichen Beförderungsmittels).
  • Höhere Kosten werden nur ersetzt, soweit durch die Benutzung eines anderen als des preisgünstigsten öffentlichen Verkehrsmittels die Entschädigung insgesamt nicht höher wird oder höhere Fahrtkosten wegen der besonderen Umstände notwendig sind.
  • Bis zu bestimmten Grenzen auch Ausgaben für Verpflegung und eine etwa erforderliche Übernachtung.
  • Sonstige Aufwendungen (z. B. bei Schwerbehinderten die Kosten einer notwendigen Begleitperson, Kosten für die notwendige Vertretung am Arbeitsplatz oder für die notwendige Betreuung von Kindern oder sonstigen Angehörigen, die gewöhnlich von Ihnen beaufsichtigt werden).
  • Auf Antrag wird Ihnen unter bestimmten Voraussetzungen für die zu erwartenden Reisekosten ein angemessener Vorschuss gewährt.

Der Vollständigkeit halber muss noch auf folgendes hingewiesen werden: Meineid ist kein Kavaliersdelikt. Das Gesetzt sieht für ihn den Regelstrafrahmen von 1 Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe vor. An dieser hohen Strafdrohung können Sie erkennen, für wie wichtig das Gesetz eine beeidete Aussage hält. Dies ist auch leicht einzusehen, wenn man bedenkt, was ein Meineid anrichten kann: Existenzen können vernichtet, Unschuldige bestraft und Schuldige ihrer gerechten Strafe entzogen werden. Bestraft wird aber auch, wer nicht vereidigt wurde und vorsätzlich die Unwahrheit sagt, und zwar mit Freiheitsstrafe nicht unter 3 Monaten. Strafbar macht sich schließlich selbst derjenige, der zwar nicht vorsätzlich, wohl aber aus einem vorwerfbaren Mangel an Sorgfalt (fahrlässig) falsche Angaben macht, sofern er vereidigt wurde. Für den verantwortungsbewussten Bürger ist es jedoch eine Selbstverständlichkeit, vor Gericht die Wahrheit zu sagen. Als Zeuge erfüllen Sie eine wichtige staatsbürgerliche Pflicht. Wir hoffen, Ihnen mit dieser Informationsschrift die Erfüllung dieser Pflicht etwas erleichtert zu haben.

 

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