Arbeitsrecht Info - 03.2024

4.03.2024
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Zeugnisanspruch:

Arbeitgeber muss für Zeugnis seinen Briefbogen nutzen

| Wenn im Berufszweig des Arbeitgebers üblicherweise im geschäftlichen Verkehr Firmenbögen bzw. Briefköpfe verwandt werden und er einen solchen besitzt und benutzt, ist ein Zeugnis nicht ordnungsgemäß ausgestellt, wenn es nur mit einer Unterschrift des Geschäftsführers versehen ist. So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg. |

Unter diesen Umständen wird ein Zeugnis auch nicht als ordnungsgemäß im vorbezeichneten Sinne ausgestellt angesehen, wenn es nur mit einem Firmenstempel und nicht mit dem Briefkopf des Arbeitgebers versehen ist. Es genügt auch nicht, wenn ein als Zeugnis bezeichnetes Schriftstück bei einem Dritten den Eindruck erwecken kann, der Arbeitgeber habe lediglich einen Zeugnisentwurf der Arbeitnehmerin unterzeichnet, ohne sich wirklich mit dem Inhalt der Erklärung zu identifizieren. Gerade das war hier der Fall.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, 28.11.2023, 26 Ta 1198/23, Abruf-Nr. 238776 unter www.iww.de


Vertragsbedingungen:

Betriebliche Invaliditätsrente nach Ausscheiden

| Der Arbeitgeber, der eine betriebliche Invaliditätsrente zusagt, darf die Leistung in einer Versorgungsordnung, die eine Vielzahl vorformulierte Vertragsbedingungen (AGB) enthält, grundsätzlich davon abhängig machen, dass der Arbeitnehmer eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bezieht und rechtlich aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Das hat nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt. |

Nach der Zusatzversorgungsordnung der Arbeitgeberin (hier: § 7 Abs. 4 ZVO) erhält ein Mitarbeiter Ruhegeld, der wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und aus den Diensten des Arbeitgebers ausscheidet. Aufgrund Bescheids der Deutschen Rentenversicherung Bund vom Januar 2021 bezog ein Arbeitnehmer (der Kläger) auf seinen Antrag vom Mai 2020 mit Wirkung des 1.11.2020 befristet bis zum 31.8.2022 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Schreiben vom 19.1.2021 wandte er sich unter Vorlage des Bescheids an die Beklagte und beantragte, die betriebliche Invaliditätsrente ab Januar 2021 zu gewähren. Am 20.8.2021 kündigte er sein Arbeitsverhältnis zum 31.3.2022. Ab April 2022 leistete die Beklagte das Ruhegeld. Der Kläger hat geltend gemacht, ihm stehe bereits ab Januar 2021 das betriebliche Ruhegeld zu. § 7 Abs. 4 ZVO setze nicht eindeutig das rechtliche Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis voraus. Jedenfalls sei die Regelung unwirksam, da er unzumutbar gezwungen werde, sein Arbeitsverhältnis zu beenden, um in den Genuss des Ruhegelds zu kommen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers vor dem BAG blieb ebenfalls erfolglos. Die Auslegung des § 7 Abs. 4 ZVO als AGB ergab, dass die ZVO das rechtliche Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis für einen Anspruch auf das betriebliche Ruhegeld voraussetzt. Die der Inhaltskontrolle unterliegende Regelung benachteiligt den Kläger auch nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Es ist im Grundsatz zumutbar, die Zahlung einer betrieblichen Invaliditätsrente davon abhängig zu machen, dass eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bewilligt und das Arbeitsverhältnis beendet ist. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen wird dadurch kein unzumutbarer Druck auf den Arbeitnehmer zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ausgeübt.

Quelle | BAG, Urteil vom 10.10.2023, 3 AZR 250/22, PM 40/23


Unfallversicherung:

Sturz bei Radtour ist kein Arbeitsunfall

| Die gesetzliche Unfallversicherung bietet Versicherungsschutz unter anderem bei Arbeitsunfällen. Dies erfasst auch Unfälle auf dem Weg von und zur Arbeit, die sogenannten Wegeunfälle. Es ist jedoch nicht immer einfach, festzustellen, ob ein Unfall tatsächlich der versicherten Arbeit zuzurechnen ist. Hierbei kommt es oft darauf an, ob die Motivation für eine bestimmte Handlung wie das Zurücklegen eines Weges dem betrieblichen oder dem privaten Bereich zuzuordnen ist. So war es auch in einem Fall des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg. |

Radtour zur Anbahnung eines Arbeits- bzw. Kundenverhältnisses

Der Kläger, ein selbstständiger Versicherungsmakler, hatte auf dem Rückweg von einer Radtour durch einen Sturz einen Unterschenkelbruch erlitten. Er hatte sich mit einem langjährigen Bekannten an einem Sonntag im Juli 2020 zu einer mehrstündigen Fahrt im Landkreis Ludwigsburg verabredet. Während dieser Radtour grillten die beiden an einem Grillplatz und besuchten danach die Eltern des Klägers. Im Anschluss an diesen Besuch fuhren der Kläger und der Bekannte getrennt nach Hause. Auf dem Heimweg stürzte der Kläger auf einem Feldweg, rutschte einen Weinberg hinab, überschlug sich und brach sich den rechten Unterschenkel. Gegenüber seiner gesetzlichen Unfallversicherung, der Beklagten, teilte der Kläger mit, er habe den Bekannten als zukünftigen Mitarbeiter bzw. Geschäftspartner für den Vertrieb und die Kundenbetreuung gewinnen wollen. Weil beide gern Sport machten und das Wetter schön gewesen sei, habe man sich zu einer Radtour verabredet, um nebenbei Geschäftliches zu besprechen. Der Besuch bei seinen Eltern habe der Demonstration eines Kundengesprächs gedient. Dies seien vorbereitende Tätigkeiten für ein Arbeitsverhältnis gewesen, das aber nach dem Unfall nicht zustande gekommen sei.

Der Bekannte bestätigte die Angaben des Klägers. Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da die unfallverursachende Tätigkeit keinen ausreichenden Zusammenhang zu betrieblichen Interessen bzw. zur Tätigkeit als Unternehmer aufgewiesen habe.

Gemischte Motivationslage: Landessozialgericht lehnt Arbeitsunfall ab

Nachdem das Sozialgericht (SG) die Klage gegen diese Entscheidung abgewiesen hat, ist der Kläger auch vor dem LSG erfolglos geblieben. Denn die Radtour habe, so das LSG, eine sogenannte „Verrichtung mit gemischter Motivationslage“ dargestellt. Sie habe sowohl gemeinsamen privaten Interessen (Radtouren fahren) als auch allerdings insoweit untergeordnet bzw. nachrangig betrieblichen Interessen dienen sollen (gegenseitiges Kennenlernen, Beobachten des Verhaltens bei Kundengesprächen).

Dies ergebe sich etwa aus der Schilderung des Klägers, man „habe sich zu einer Radtour verabredet, um nebenbei Geschäftliches zu besprechen“. Eine Verrichtung mit gemischter Motivationslage erfülle dann den Tatbestand der versicherten Tätigkeit, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre. Dies sei vorliegend zu verneinen. Denn ohne das gemeinsame private Interesse am Radfahren hätten der Kläger und sein Bekannter ihr Kennenlernen nicht im Rahmen einer Fahrradtour durchgeführt, und es wäre insofern auch nicht zu dem unfallverursachenden Unfall des Klägers auf dem Heimweg von dieser Radtour gekommen.

Quelle | LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.9.2023, L 8 1620/22, PM vom 23.11.2023


Datenschutz:

Keine Entschädigung für verspätete und unvollständige Auskunft

| Anders als das Arbeitsgericht (ArbG), das dem Kläger wegen des von ihm angenommenen vorsätzlichen Verstoßes der Beklagten gegen seine Pflichten zur Datenauskunft eine Geldentschädigung von 10.000 Euro zugesprochen hatte, hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf die Klage jetzt vollständig abgewiesen. |

Auskunft nach Datenschutz-Grundverordnung verlangt

Der Kläger war vom 1.12.2016 bis zum 31.12.2016 bei dem Kundenservice der Beklagten, einem Immobilienunternehmen, beschäftigt. Bereits im Jahr 2020 hatte er einen Antrag auf Auskunft gemäß Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) gestellt, den die Beklagte beantwortet hatte.

Auskunft verspätet und mangelhaft?

Mit Schreiben vom 1.10.2022, das der Beklagten an diesem Tag zuging, verlangte er erneut Auskunft und eine Datenkopie auf der Grundlage von Art. 15 DS-GVO. Er setzte eine Frist bis zum 16.10.2022. Als die Beklagte nicht antwortete, erinnerte der Kläger sie am 21.10.2022 mit weiterer Fristsetzung bis zum 31.10.2022. Die ihm dann am 27.10.2022 erteilte Auskunft rügte der Kläger am 4.11.2022 als verspätetet und inhaltlich mangelhaft. Es fehlten die konkreten Angaben zur Dauer der Datenspeicherung und die namentlich bezeichneten Empfänger seiner Daten. Außerdem sei die Datenkopie unvollständig. Mit Schreiben vom 11.11.2022 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Angaben zu den Datenempfängern die Betroffenen in der Regel nicht interessierten und daher nur kategorisiert mitgeteilt worden seien. Zudem konkretisierte sie die Angaben zur Speicherdauer und die Datenkopie. Am 18.11.2022 verlangte der Kläger erneut die namentliche Nennung der Empfänger und auch nähere Angaben zur Speicherdauer. Die Datenkopie sei weiterhin unzureichend. Die Beklagte konkretisierte die Informationen mit Schreiben vom 1.12.2022.

Kein materieller Schaden

Der Kläger hat von der Beklagten eine Geldentschädigung nach Ermessen des Gerichts verlangt, die 2.000 Euro nicht unterschreiten sollte, weil die Beklagte sein datenschutzrechtliches Auskunftsrecht mehrfach verletzt hätte. Diese hat dem widersprochen, weil es u.a. bereits an einem immateriellen Schaden des Klägers fehle.

Es treffe zwar zu, dass die Beklagte gegen die DS-GVO verstoßen habe. Sie habe die Auskunft nicht fristgerecht und anfangs unvollständig erteilt. Eine vollständige Auskunft habe erst am 1.12.2022, also sechs Wochen nach Ablauf der vom Kläger gesetzten Frist vorgelegen. Dies rechtfertige aus zwei Gründen keinen Anspruch auf eine Geldentschädigung gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO. Die einschlägige Vorschrift setzt haftungsbegründend eine gegen die DS-GVO verstoßende Datenverarbeitung voraus. Daran fehle es bei der bloßen Verletzung der Auskunftspflicht aus Art. 15 DS-GVO sei es, dass diese verzögert oder anfangs unvollständig erfüllt werde.

Unabhängig davon setze ein datenschutzrechtlicher Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen eines immateriellen Schadens mehr als einen bloßen Verstoß gegen die Vorschriften der DS-GVO voraus. Der bloße vom Kläger angeführte Kontrollverlust über die Daten genüge nicht und sei mit dem Verstoß gegen Art. 15 DS-GVO letztlich identisch. Zu weiterem immateriellen Schaden fehlte es an jeglichem konkreten Vortrag des Klägers.

Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2023, 3 Sa 285/23, PM vom 28.11.2023

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