Arbeitsrecht Info - 11.2015

27.10.2015
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Sozialrecht:

Keine abschlagsfreie Rente mit 63 für Bestandsrentner

| Rentner, die zum Stichtag der Einführung der neuen abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren für besonders langjährig Versicherte am 1. Juli 2014 bereits eine Altersrente mit Abschlägen bezogen, können nicht in die neue abschlagsfreie Rente wechseln. |

Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz entschieden. Der Kläger bezog ab dem 1.1.13 eine Altersrente nach Altersteilzeitarbeit mit Abschlägen aufgrund des Rentenbeginns vor Erreichen der Regelaltersgrenze. Im Juli 2014 beantragte er einen Wechsel in die neu eingeführte abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren für besonders langjährig Versicherte, weil er die Voraussetzungen erfülle. Dies lehnte der Rentenversicherungsträger ab, weil ein solcher Wechsel gesetzlich ausgeschlossen sei.

Die dagegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Speyer blieb erfolglos. Auch die Berufung wurde zurückgewiesen. Ein Wechsel der Rentenart sei durch § 34 Abs. 4 SGB VI ausdrücklich ausgeschlossen. Es liege insoweit weder eine Regelungslücke für die neue Rentenart vor, noch bestehe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Bestandsrentnern. Der Gesetzgeber habe zu Recht eine Stichtagsregelung treffen dürfen, die nur neue Renten nach dem Stichtag betreffe.

Quelle | LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.8.15, L 6 R 114/15, Abruf-Nr. 145578 unter www.iww.de.


Kündigungsrecht:

Vorwurf der Vorteilsnahme reicht für ordentliche Kündigung

| Wird in einer Beweisaufnahme vor Gericht der dringende Verdacht bestätigt, dass sich der Arbeitnehmer durch die Entgegennahme von vergünstigten Speisen einen Vorteil verschafft hat, reicht dies zumindest für eine fristgemäße Kündigung aus. |

Zu diesem Ergebnis kam das Arbeitsgericht Krefeld. In dem Verfahren wurde dem 51-jährigen Arbeitnehmer vorgeworfen, von einem Imbiss-Betreiber im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Ordnungsdienstmitarbeiter bei der Stadt vergünstigte Speisen entgegengenommen zu haben („All Inclusive“ für 5 EUR). Hierfür habe der Imbissbuden-Betreiber erwartet, dass unerlaubt vor dem Imbiss parkende Kunden unbehelligt blieben. Dem Arbeitnehmer wurde daraufhin gekündigt.

Das Arbeitsgericht hat nach der Beweisaufnahme entschieden, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei. Das Arbeitsverhältnis sei jedoch durch die hilfsweise erklärte fristgerechte Kündigung beendet worden. Jedenfalls bestehe ein dringender Verdacht, der zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtige. Da die Vorwürfe und auch die Frage einer entsprechenden Absprache zwischen dem Arbeitnehmer und dem Imbiss-Betreiber streitig waren, hat das Gericht mehrere Beweisaufnahmetermine durchgeführt, um den Sachverhalt aufzuklären.

Quelle | Arbeitsgericht Krefeld, Urteil vom 18.9.2015, 2 Ca 1992/13, Abruf-Nr. 145556 unter  www.iww.de.


Arbeitszeit:

Umkleide- und Waschzeiten können Arbeitszeit sein

| Umkleidezeiten sind als Arbeitszeit zu vergüten, wenn das Umziehen fremdnützig im Interesse des ArbG erfolgt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Dienstkleidung zwingend zu tragen und eine private Nutzung ausgeschlossen ist. Waschzeiten sind nur zu vergüten, wenn sie hygienisch zwingend notwendig sind. |

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf im Streit bei einem städtischen Verkehrsunternehmen. Dort ist der Arbeitnehmer als Kfz-Mechaniker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe (TV-N NW) Anwendung. Dieser enthält unter anderem eine Kleiderordnung. Diese besagt, dass die Dienstkleidung nur im Dienst getragen werden darf. Daneben besteht eine Betriebsvereinbarung. Diese schreibt vor, dass die zur Verfügung gestellte Arbeitskleidung während der Arbeitszeit zu tragen ist. Privat darf sie nicht genutzt werden. Die mit dem Firmenlogo versehene Arbeitskleidung wird vom Arbeitgeber im Betrieb zur Verfügung gestellt und dort auch gewaschen.

Der Arbeitnehmer ist der Ansicht, das An- und Ablegen der Dienstkleidung gehöre zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Die gestellte Arbeitskleidung verbleibe im Betrieb. Daneben sei den Mitarbeitern untersagt, diese Kleidung sowohl im privaten Bereich als auch auf dem Weg von und zur Arbeitsstelle zu tragen. Dies sei im Übrigen unzumutbar, weil die Kleidung nach der Arbeit öl- und fettverschmiert sei. Der Arbeitnehmer behauptet, die Umkleidezeit betrage vor und nach der Arbeit jeweils fünf Minuten. Bei Arbeitsende werde der Umkleidevorgang durch das Duschen unterbrochen, weshalb am Arbeitsende insgesamt 15 Minuten anzusetzen seien. Daraus ergäbe sich für die Zeit von März 2014 bis Oktober 2014 ein Anspruch in Höhe von 750,08 EUR brutto für zu vergütende Umkleide- und Waschzeiten.

Vor dem LAG haben die Parteien sich auf die Hälfte des Betrags verglichen. Ausschlaggebend war die vorläufige Einschätzung der Richter. Sie haben darauf hingewiesen, dass zwischen den Umkleidezeiten und den Zeiten zum Duschen zu differenzieren sei:

  • Umkleidezeiten
  • Umkleidezeiten seien zu vergüten, wenn das Umziehen fremdnützig im Interesse des Arbeitgebers erfolge. Dies setze voraus, dass die Dienstkleidung während der Arbeitszeit aufgrund einer Weisung des Arbeitgebers zu tragen und die private Nutzung ausgeschlossen sei. Diese Voraussetzungen könnten hier erfüllt sein, denn die mit dem Logo des Arbeitgebers versehene Dienstkleidung sei auf dessen Weisung im Betrieb zu tragen. Eine Betriebsvereinbarung schließe zudem nach ihrem Wortlaut wohl jede private Nutzung aus.
  • Waschzeiten
  • Zur Frage von Waschzeiten liege keine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Maßgeblich könne sein, ob das Duschen fremdnützig sei. Die Abgrenzung, ab welchem Grad einer Verschmutzung der Arbeitgeber das Duschen als Arbeitszeit zu vergüten habe, sei schwierig. Dabei spiele immer auch eine individuelle Wertung mit. Möglicherweise zu vergüten seien Waschzeiten, die hygienisch zwingend notwendig seien. Dies sei hier wohl nicht gegeben. Die Arbeit erfolge ja in der vom Arbeitgeber gestellten Dienstkleidung, die zudem von ihm gewaschen werde und im Betrieb verbleibe. Fraglich sei außerdem, ob nicht zehn Minuten für das Duschen zu lang seien.

Quelle | LAG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 3.8.2015, 9 Sa 425/15, Abruf-Nr. 145172  unter www.iww.de.


Mindestlohn:

Bundesweit höherer Mindestlohn in der Abfallwirtschaft

| Für alle Beschäftigten der Abfallwirtschaft gilt ab dem 1.10.15 bundesweit ein Mindestlohn von 8,94 EUR. Er steigt ab Januar 2016 auf 9,10 EUR. Das Kabinett hat am 23.9.15 die Verordnung des Bundesarbeitsministeriums gebilligt. Damit müssen auch Betriebe den Mindestlohn zahlen, die nicht tariflich gebunden sind. |

In der Abfallwirtschaft gilt seit dem 19.5.15 ein neuer Mindestlohntarifvertrag. Er bezieht auch die Straßenreinigungs- und Winterdienste ein. In der Branche sind rund 180.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tätig. Die Tarifparteien haben beantragt, die vereinbarten Mindestlöhne für alle Arbeitgeber der Branche zum siebten Mal in Folge für allgemeinverbindlich zu erklären. Der erhöhte, bundesweite Mindeststundenlohn für alle Entsorger, Straßenreinigungs- und Winterdienste beträgt

  • ab dem 1.10.15 bis zum 31.12.15: 8,94 EUR brutto pro Zeitstunde,
  • ab dem 1.1.16 bis zum 31.3.17: 9,10 EUR brutto pro Zeitstunde.

Damit liegt er über dem seit 2015 geltenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR. Die Mindestlöhne gelten auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, wenn sie Beschäftigte nach Deutschland entsenden.

Quelle | Pressemitteilung der Bundesregierung.

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