Arbeitsrecht Info - 02.2023

1.02.2023
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Entfernung aus dem Dienst:

JVA-Beamter und Drogenbesitz: Das geht gar nicht!

| Ein 38-jähriger Beamter einer Justizvollzugsanstalt (JVA), der wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zuvor vom Strafgericht rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, ist aus dem Dienst zu entfernen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz und betonte dabei auch eine abschreckende Wirkung seines Urteils. |

Damit bestätigte der für Landesbeamte zuständige Disziplinarsenat die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Trier, das diese Disziplinarmaßnahme gegen den Beamten bereits in erster Instanz ausgesprochen hatte. Maßgeblich für die Zurückweisung der Berufung des Beamten war für den Senat der durch die Straftat des Beamten eingetretene Vertrauensverlust.

Dem stünden die von ihm geltend gemachten Milderungsgründe nicht entgegen. Vielmehr sei auch unter Berücksichtigung dieser Gründe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Amtsführung des JVA-Beamten irreversibel zerstört. Die Dienstentfernung sei danach unumgänglich, auch um die Bediensteten im Justizvollzug wirksam an ihre Pflichten zu erinnern und von einer Nachahmung abzuhalten.

Quelle | OVG Koblenz, Urteil vom 2.11.2022, 3 A 10295/22.OVG, PM 16/22 vom 25.11.2022


Freizeitausgleich:

Auch in Pausen ständig erreichbar? Dann ist es Arbeitszeit!

| Ein Beamter hat Anspruch auf Freizeitausgleich, soweit die ihm gewährten Pausenzeiten in „Bereithaltung“ als Arbeitszeit zu qualifizieren sind und hieraus eine dienstliche Inanspruchnahme über die durchschnittlich zu erbringende regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus resultiert. Zu diesem Ergebnis kam das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG). |

Der Bundespolizist (der Kläger) beanspruchte die Anrechnung der Pausenzeiten in „Bereithaltung“ auf die Arbeitszeit im Umfang von (ursprünglich) 1.020 Minuten. Die einzelne Pause belief sich auf jeweils 30 bis 45 Minuten. Die Vorinstanzen verurteilten die Beklagte, seine Arbeitgeberin, dem Kläger bezogen auf verschiedene Arbeitstage ab August 2013 Pausenzeiten im Umfang von insgesamt 510 Minuten auf die Arbeitszeit anzurechnen, weil in diesen Zeitabschnitten der Charakter von Arbeitszeit überwogen habe. Im Übrigen blieben Klage und Berufung erfolglos.

Auf die Revision des Klägers verurteilte das BVerwG die Beklagte, dem Kläger weiteren Freizeitausgleich im Umfang von 105 Minuten zu gewähren. Der Kläger könne sich auf den beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch wegen Zuvielarbeit stützen. Dessen Voraussetzungen seien bezogen auf die gewährten Pausenzeiten gegeben. Denn hierbei handele es sich um Arbeitszeit und nicht um Ruhezeit.

Für die insoweit vorzunehmende Abgrenzung sei maßgeblich, ob die im Rahmen einer Pausenzeit auferlegten Einschränkungen von solcher Art sind, dass sie die Möglichkeiten, sich zu entspannen und sich Tätigkeiten nach Wahl zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beschränken. Solche objektiv ganz erheblichen Beschränkungen lägen vor, wenn ein Bundespolizeibeamter bei anlässlich von Maßnahmen der präventiven oder repressiven Gefahrenabwehr (im vorliegenden Fall Durchsuchungsmaßnahmen und die Vollstreckung eines Haftbefehls) seine ständige Erreichbarkeit verbunden mit der Pflicht zur sofortigen Dienstaufnahme während der ihm gewährten Pausenzeiten sicherstellen müsse. Dann seien die Pausenzeiten als Arbeitszeit zu qualifizieren.

Auf den Umfang der tatsächlichen dienstlichen Inanspruchnahme komme es nicht an. Die Verpflichtung zum Tragen von Einsatzkleidung sowie zum Mitführen von Dienstwaffe und Dienstfahrzeug genüge für sich betrachtet jedoch nicht.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 13.10.2022, 2 C 24.21, Abruf-Nr. 231850 unter www.iww.de


Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz:

Schadenersatz: Diskriminierende Stellenanzeige in eBay-Kleinanzeigen

| Wer sich auf eine Stellenanzeige im Internetportal „eBay-Kleinanzeigen“ über die dortige Chat-Funktion bewirbt, genießt den Status eines Bewerbers. Das Einreichen weiterer Unterlagen ist nicht erforderlich. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden und damit eine Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Elmshorn geändert, die dem Kläger keinen Bewerberstatus eingeräumt und damit auch keine Entschädigung zugesprochen hatte. Folge: Angesichts des Anzeigentextes und der Antwort der Arbeitgeberin im Chat war klar, dass der Kläger aufgrund seines Geschlechts benachteiligt worden ist. Deshalb stand ihm eine Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern zu. |

Der in Nordrhein-Westfalen wohnende Kläger hatte sich auf die in eBay-Kleinanzeigen veröffentliche Stellenanzeige des im Kreis Steinburg ansässigen Unternehmens beworben. In dessen Anzeige heißt es wörtlich (Anmerkung: Rechtschreibfehler im Originaltext vorhanden):

„Sekretärin gesucht!

Beschreibung:

Wir suchen eine Sekretärin ab sofort.

Vollzeit/Teilzeit

Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen. …“

Der Kläger antwortete dem Unternehmen über die Chat-Funktion u.a. mit folgenden Worten: „Hallo, ich habe gerade auf eBay Kleinanzeigen ihre Stellenausschreibung gefunden, womit Sie eine Sekretärin suchen. Ich suche derzeit eine neue Wohnung im Umkreis und habe Interesse an Ihrer Stelle. Ich habe Berufserfahrung im Büro und kenne mich mit Word und Excel und Gesetzen gut aus. Lieferscheine und Rechnungen kann ich auch schreiben und sonst typische Arbeiten einer Sekretärin, die sie fordern.

Ich bewerbe mich hiermit auf ihrer Stelle. …“

Das Unternehmen antwortete schließlich mit folgenden Worten:

„…vielen Dank für Interesse in unserem Hause. Wir suchen eine Dame als Sekretärin. Wir wünschen Ihnen alles Gute Vielen Dank. …“

Das LAG hielt den für die Geltendmachung von Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (hier: § 15 Abs. 2 AGG) erforderlichen Bewerberstatus für gegeben. Wer eine Stellenanzeige in eBay-Kleinanzeigen veröffentlicht, muss damit rechnen, dass sich die Bewerber über die eBay-Kleinanzeigen-Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen. Ein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers wird gesetzlich nicht gefordert. Die Person des Bewerbers muss identifizierbar sein.

Die Bewerbung des Klägers war hier auch nicht rechtsmissbräuchlich. An eine solche Annahme werden hohe Anforderungen gestellt: Es müssen im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigen. Das von der Beklagten Vorgetragene reichte dafür nicht aus.

Quelle | LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.6.2022, 2 Sa 21/22, PM vom 20.7.2022


Öffentlicher Dienst:

Rückentattoo hindert Bewerber, Polizist zu werden

| Das Land Rheinland-Pfalz darf einen Bewerber für den Polizeidienst ablehnen, der über den gesamten oberen Rückenbereich eine Tätowierung mit den Worten „Loyalty, Honor, Respect, Family“ trägt. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Trier entschieden. |

Das war geschehen

Der Bewerber hatte sich um Einstellung in den gehobenen Polizeidienst des Landes Rheinland-Pfalz beworben. Das Land lehnte seine Einstellung jedoch wegen Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung ab. Die Tätowierung mit den Begriffen im Zusammenhang mit der gewählten Schriftart „Old English“ vermittele den Gesamteindruck eines „Ehrenkodex“, der über den Bedeutungsgehalt der einzelnen tätowierten Begriffe hinausreiche und inhaltlich mit den Werten einer „modernen Bürgerpolizei“ nicht in Einklang gebracht werden könne. Hiergegen hat der Bewerber um einstweiligen Rechtsschutz beim VG ersucht, mit dem er die Einstellung in den Polizeidienst begehrt. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, es sei willkürlich, aufgrund einer nicht sichtbaren Tätowierung auf seine Nichteignung zu schließen.

Verwaltungsgericht: Zweifel des Arbeitgebers an charakterlicher Eignung

Diesem Antrag hat das VG nicht entsprochen. Der Bewerber habe keinen Anspruch auf Einstellung in den gehobenen Polizeidienst. Nach den maßgeblichen Vorschriften seien Einstellungen in ein öffentliches Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen, wobei dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zustehe, der nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle unterliege. Die erforderliche charakterliche Eignung des Bewerbers habe das Land zutreffend verneint, denn dieser habe seine Zweifel an der charakterlichen Nichteignung des Bewerbers plausibel, willkürfrei und ohne sachwidrige Erwägungen dargelegt.

Wertesystem des Bewerbers unvereinbar mit Pflicht eines Polizeibeamten

Zu Recht habe das Land ausgeführt, dass die in der Tätowierung enthaltenen Begriffe und insbesondere die Voranstellung der Begriffe „Loyalität“ und „Ehre“ an erster und zweiter Stelle bei einem unbefangenen Betrachter den Verdacht nahelegen müssen, dass diese Werte für den Antragsteller eine besondere Bedeutung haben und hieraus der Schluss gezogen werden könne, dass dieser ein archaisches und überkommenes Wertesystem vertrete, in welchem der Loyalität zu einer bestimmten Person oder Personengruppe und der Aufrechterhaltung einer wie auch immer gearteten „Ehre“ eine übersteigerte Bedeutung zukomme. Eine solche persönliche Einstellung sei jedoch mit der Pflicht eines Polizeibeamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten unvereinbar.

Bewerber gab keine plausible Erklärung ab

Im Fall des Bewerbers könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieser aufgrund seines Wertesystems der „Loyalität“ und „Ehre“ eine höhere Bedeutung als den Freiheitsrechten der Bürger zumesse, zumal dieser nicht hinreichend dargelegt habe, auf welchen Bezugspunkt sich diese Attribute beziehen. Aufgrund der unplausiblen Erklärung zu den Hintergründen der Tätowierung komme eine andere Bewertung als die vom Land angenommene nicht in Betracht.

Quelle | VG Trier, Beschluss vom 27.9.2022, 7 L 2837/22.TR, PM 26/22

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