Widerrufsausübung:
Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags löst keine Einkommensteuer aus
| Der Bezug eines Nutzungsersatzes im Rahmen der reinen Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach Widerruf löst keine Einkommensteuer aus. Diese für Verbraucher frohe Kunde kommt vom Bundesfinanzhof (BFH). |
Das war geschehen
Ehegatten schlossen 2008 einen Darlehensvertrag zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie ab. 2016 widerriefen sie den Darlehensvertrag unter Berufung auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Auf der Grundlage eines zivilgerichtlichen Vergleichs zahlte die Bank an die Eheleute Nutzungsersatz für bis zum Widerruf erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen i. H. von 14.500 Euro. Das Finanzamt erfasste den Nutzungsersatz als Einkünfte aus Kapitalvermögen allerdings zu Unrecht, wie nun der BFH entschieden hat.
Nutzungsersatz: weder Kapitalertrag noch sonstige Einkünfte
Der Nutzungsersatz ist kein Kapitalertrag i. S. des Einkommensteuergesetzes (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Die Rückabwicklung eines vom Darlehensnehmer widerrufenen Vertrags vollzieht sich außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre. Das Rückgewährschuldverhältnis ist ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln. Daher können die einzelnen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis auch nicht für sich betrachtet i. S. einer unfreiwilligen Kapitalüberlassung Teil einer steuerbaren erwerbsgerichteten Tätigkeit sein.
Beachten Sie | Es liegen auch keine sonstigen Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) vor.
Verbraucherschutzrecht inzwischen reformiert
Die Entscheidung betrifft „alte“ Verbraucherdarlehensverträge. Der mit der Reform des Verbraucherschutzrechts in das BGB eingefügte § 357a Abs. 3 S. 1 BGB a. F. (jetzt § 357b BGB) hat u. a. den Anspruch des Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz für die Zukunft beseitigt. Die neue Rechtslage ist auf nach dem 12.6.2014 abgeschlossene Verbraucherdarlehensverträge anwendbar.
Quelle | BFH, Urteil vom 7.11.2023, VIII R 7/21, Abruf-Nr. 24044 unter www.iww.de, PM 16/24 vom 21.3.2024
Energetische Gebäudesanierung:
Zeitpunkt der Steuerermäßigung bei Ratenzahlung
| Zum 1.1.2020 wurde mit § 35c Einkommensteuergesetz (EStG) eine Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden eingeführt. Diese komplexe Regelung weist jedoch einige Fragen auf, die das Bundesfinanzministerium (BMF) in einem Schreiben teilweise beantwortet hat. Nun ist nach einem vorinstanzlichen Urteil des Finanzgerichts (FG) München ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zum Heizungstausch anhängig, in dem es darum geht, ob die Steuerermäßigung erst ab der vollständigen Begleichung der Rechnung in Betracht kommt. |
Hintergrund: Begünstigte Aufwendungen/Maßnahmen sind u. a. die Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen und Geschossdecken sowie die Erneuerung der Fenster, Außentüren oder der Heizungsanlage.
Je begünstigtem Objekt beträgt der Höchstbetrag der Steuerermäßigung 40.000 Euro, wobei die Ermäßigung nach der Maßgabe des § 35c Abs. 1 EStG über drei Jahre verteilt wird.
Das war geschehen
Die Steuerpflichtigen ließen 2021 eine neue Heizungsanlage in ihrem selbstgenutzten Gebäude einbauen. Zur Begleichung der Rechnung wurde eine monatliche Ratenzahlung für die Jahre 2021 bis 2024 vereinbart. Fraglich ist nun, ob ein Abschluss der energetischen Maßnahmen bereits mit der ausgeführten Erneuerung der Heizungsanlage (hier im Jahr 2021) oder erst mit der vollständigen Begleichung des Rechnungsbetrags (voraussichtlich im Jahr 2024) vorliegt.
Voraussetzungen für die Steuerermäßigung
Das BMF hat in seinem Schreiben vom 14.1.2021 in der Rn. 43 ausgeführt, dass die Steuerermäßigung erstmalig in dem Veranlagungszeitraum zu gewähren ist, in dem die energetische Maßnahme abgeschlossen wurde. Voraussetzung ist, dass mit der Durchführung der energetischen Maßnahme nach dem 31.12.2019 begonnen wurde und diese vor dem 1.1.2030 abgeschlossen ist.
Die energetische (Einzel-)Maßnahme ist dann abgeschlossen, wenn
- die Leistung tatsächlich erbracht (vollständig durchgeführt) ist,
- der Steuerpflichtige eine Rechnung (Schlussrechnung) erhalten und
- den Rechnungsbetrag auf das Konto des Leistungserbringers eingezahlt hat.
Die Erledigung unwesentlicher Restarbeiten, die für die tatsächliche Reduzierung von Emissionen nicht hinderlich sind, ist unschädlich. Auch, soweit bei einer mehrteiligen Maßnahme für einzelne Teilleistungen Teilrechnungen erstellt und diese beglichen wurden, wird die Steuerermäßigung abweichend vom Abflussprinzip erst ab dem Veranlagungszeitraum des Abschlusses der energetischen Maßnahme gewährt, so das BMF.
Beachten Sie | Da die Revision gegen die Entscheidung anhängig ist, wird nun der BFH entscheiden. Bis dahin können geeignete Fälle mit einem Einspruch offengehalten werden.
Quelle | FG München, Urteil vom 8.12.2023, 8 K 1534/23, Rev. BFH: IX R 31/23; BMF, Schreiben vom 14.1.2021, IV C 1 – S 2296-c/20/10004 :006
Elterngeld:
Neuregelungen für Geburten ab 1.4.2024
| Für Geburten ab dem 1.4.2024 gilt eine neue Einkommensgrenze, ab der der Anspruch auf Elterngeld entfällt. Zudem werden die Möglichkeiten für einen parallelen Bezug von Elterngeld neu gestaltet. Antworten auf wichtige Fragen gibt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). |
Quelle | BMFSFJ, „Neuregelungen beim Elterngeld für Geburten ab 1. April 2024“ vom 28.3.2024, abrufbar unter www.iww.de/s10727
Doppelte Haushaltsführung:
Zweitwohnungssteuer fällt unter die 1.000 Euro-Grenze
| Im Rahmen einer inländischen doppelten Haushaltsführung ist der Werbungskostenabzug von Unterkunftskosten auf 1.000 Euro monatlich beschränkt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass unter diesen Höchstbetrag auch eine für die Wohnung am Beschäftigungsort zu entrichtende Zweitwohnungssteuer fällt. |
Hintergrund: Eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Haushalt unterhält (Hauptwohnung) und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (Zweitwohnung). In diesen Fällen können Arbeitnehmer Unterkunftskosten bis maximal 1.000 Euro im Monat als Werbungskosten abziehen.
Das war geschehen
Eine Arbeitnehmerin hatte an ihrem Tätigkeitsort in München eine Zweitwohnung gemietet. Die hierfür in den Streitjahren entrichtete Zweitwohnungssteuer i. H. von 896 Euro bzw. 1.157 Euro machte sie neben weiteren Kosten für die Wohnung i. H. von jeweils mehr als 12.000 Euro als Aufwendungen für ihre doppelte Haushaltsführung geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in München jeweils mit dem Höchstbetrag von 12.000 Euro an. Die Zweitwohnungssteuer bei den sonstigen Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigte es nicht.
Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Der BFH hat die Vorentscheidung nun aber aufgehoben.
Was der Höchstbetrag umfasst und was nicht
Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen, wie beispielsweise Miete, Betriebskosten sowie Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft; nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist. Aufwendungen für die erforderliche Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung, soweit sie nicht überhöht sind, können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden.
Die Zweitwohnungssteuer ist Aufwand für die Nutzung der Unterkunft und unterfällt daher bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung der Abzugsbeschränkung.
Das Entstehen der Zweitwohnungssteuer knüpft maßgeblich an das Innehaben einer weiteren Wohnung in München neben der Hauptwohnung und so an die damit regelmäßig einhergehende Nutzung dieser Wohnung an. Die Steuer findet als örtliche Aufwandsteuer i. S. von Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG) ihre Rechtfertigung darin, dass das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ein Zustand ist, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln (Einkommen) erfordert und damit regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers zum Ausdruck bringt.
Beachten Sie | Der BFH hat damit die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung bestätigt. Noch nicht höchstrichterlich entschieden und derzeit beim BFH anhängig ist die Frage, wie Kosten für einen separat angemieteten Stellplatz zu behandeln sind.
Quelle | BFH, Urteil vom 13.12.2023, VI R 30/21, Abruf-Nr. 240677 unter www.iww.de, PM 18/24 vom 4.4.2024; Stellplatz: Rev. BFH, VI R 4/23