Leiharbeitnehmer:
Entfernungspauschale versus Reisekosten: Revisionsverfahren zur ersten Tätigkeitsstätte
| Wann haben Leiharbeitnehmer beim Entleiher eine erste Tätigkeitsstätte? Zu dieser Frage gibt es neue Entwicklungen bzw. ist ein Verfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig: Liegt bei Leiharbeitnehmern eine dauerhafte Zuordnung nach dem Einkommensteuergesetz (hier: § 9 Abs. 4 S. 3 Altern. 2 EstG, Zuordnung für die Dauer des Dienstverhältnisses) zu einer ersten Tätigkeitsstätte vor, wenn ein befristetes Beschäftigungsverhältnis zum Personaldienstleister (Verleiher) wiederholt vor Ablauf der Befristung bei unverändertem Vertragsinhalt verlängert wird und jeweils eine Verlängerung der befristeten Zuordnung zu demselben Entleiher bei unverändertem Einsatzort erfolgt? |
Hintergrund: Bei einer ersten Tätigkeitsstätte ist der Arbeitnehmer beim Kostenabzug auf die Entfernungspauschale beschränkt. Handelt es sich allerdings um eine Auswärtstätigkeit, kann er seine Fahrtkosten (ggf. auch Verpflegungsmehraufwand) nach Reisekostengrundsätzen geltend machen, was steuerlich günstiger ist.
Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 18.6.2024, 12 K 38/24, Rev. BFH: VI R 2/25
Bundesfinanzhof:
Anteilige Immobilienschenkung ohne Darlehensübertragung: nur anteilige Schuldzinsenabzug
| Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen hatte 2023 entschieden: Überträgt der Steuerpflichtige schenkweise einen Miteigentumsanteil an einem Vermietungsobjekt, ohne auch die Finanzierungsdarlehen anteilig zu übertragen, kann er die Schuldzinsen nur noch anteilig entsprechend seinem verbliebenen Miteigentumsanteil abziehen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese Sichtweise nun bestätigt, sodass die auf den übertragenen Miteigentumsanteil entfallenden Schuldzinsen nicht als (Sonder-)Werbungskosten zu berücksichtigen sind. |
Das war geschehen
Der Alleineigentümer (Vater) einer vermieteten Immobilie hatte einen ideellen 2/5-Miteigentumsanteil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf seinen Sohn übertragen. Die Grundschuld wurde von dem Sohn entsprechend seinem Miteigentumsanteil zur dinglichen Haftung übernommen. Zu einer schuldrechtlichen Schuldübernahme bzw. einem Schuldbeitritt zur Darlehensschuld gegenüber der Bank kam es jedoch nicht.
In der Feststellungserklärung für die Grundstücksgemeinschaft bzw. die Vermietungs-GbR wurden Darlehenszinsen in voller Höhe geltend gemacht. Diese berücksichtigte das Finanzamt allerdings nur zu 3/5 (= Anteil des Vaters).
Die hiergegen gerichtete Klage blieb ebenso erfolglos wie die Revision.
Von Finanzierung der Einkünfteerzielungstätigkeit zur Finanzierung der Schenkung
Durch die unentgeltliche Übertragung des Miteigentumsanteils wurde insoweit der (objektive) wirtschaftliche Zusammenhang der zur Finanzierung der Anschaffung der Immobilie aufgenommenen Darlehen zur bisherigen Einkünfteerzielungstätigkeit gelöst. Fortan dienten die Darlehen der Finanzierung der Schenkung.
Beachten Sie | Das FG Niedersachsen hatte die Revision im Hinblick auf folgende Frage zugelassen: Ist es gerechtfertigt, den Sachverhalt bei einer vermögensverwaltenden GbR (wie im Streitfall) anders zu behandeln als bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb? Und das hat der BFH eindeutig mit „ja“ beantwortet.
Die Begründung: Das Einkommensteuerrecht wird vom Dualismus der Einkunftsarten (Gewinn- und Überschusseinkünfte) bestimmt. Die unterschiedliche Erfassung von Wertsteigerungen bzw. -minderungen im Betriebs- und Privatvermögen ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar.
Quelle | BFH, Urteile vom 3.12.2024, IX R 2/24 und IX R 3/24
Sonderausgaben:
Baudenkmal: Erbe kann Begünstigung nicht fortführen
| Für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmäler und in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen belegene Gebäude können unter bestimmten Voraussetzungen Abzugsbeträge nach dem Einkommensteuergesetz (hier: § 10f EStG) über zehn Jahre wie Sonderausgaben geltend gemacht werden. Verstirbt nun der Steuerpflichtige vor Ablauf des zehnjährigen Abzugszeitraums, kann der Erbe die Abzugsbeträge des Erblassers nicht fortsetzen. Dies entschied das Finanzgericht (FG) Sachsen-Anhalt |
Das gilt selbst dann, wenn der Erbe das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Gegen dieses Urteil des FG Sachsen-Anhalt ist die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig. Bis zu einer Entscheidung des BFH können geeignete Fälle mit einem Einspruch somit offengehalten werden.
Quelle | FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.7.2024, 1 K 903/21; Rev. BFH, X R 23/24
Rentenanpassung:
Gesetzliche Altersrenten steigen zum 1.7.2025 um 3,74 %
| Die gesetzlichen Altersrenten werden im Rahmen der jährlichen Rentenanpassung zum 1.7.2025 um 3,74 % steigen. Der Bundesrat hat einer entsprechenden Verordnung zugestimmt. |
Beachten Sie | Die Rentenanpassung kann dazu führen, dass Rentner erstmals in die Steuerpflicht rutschen und eine Steuererklärung abgeben müssen. Eine Steuerpflicht tritt aber nur ein, wenn der steuerpflichtige Teil der Jahresbruttorente zuzüglich weiterer Einkünfte (z. B. aus einer Vermietung) und unter Berücksichtigung etwaiger Freibeträge und sonstiger Abzugsbeträge den steuerlichen Grundfreibetrag übersteigt. Für das Jahr 2024 beträgt der Grundfreibetrag 11.784 Euro pro Jahr, für 2025 sind es 12.096 Euro. Bei einer steuerlichen Zusammenveranlagung von Eheleuten gelten die doppelten Werte.
Quelle | Rentenwertbestimmungsverordnung 2025, BR-Drs. 190/25
Bundesfinanzhof:
Steuerfreistellung durch ausländische Betriebsstätten
| Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten stellt sich oft die Frage, wem das Besteuerungsrecht zusteht. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei Entscheidungen die Voraussetzungen konkretisiert, die im grenzüberschreitenden Sachverhalt im Anwendungsbereich eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) zu einer ausländischen Betriebsstätte führen. Aus einer solchen Betriebsstätte erzielt der Steuerpflichtige in der Regel Einkünfte, die im Inland steuerfrei sind und nur der ausländischen Besteuerung unterliegen. |
Taxiunternehmen mit Büro in der Schweiz
Ein in Deutschland lebender Taxiunternehmer hatte wegen seiner Mitgliedschaft in einer Schweizerischen Taxifunkzentrale Zugang zu deren Büroraum in der Schweiz. Dieser Raum war mit drei Arbeitsplätzen eingerichtet und stand insgesamt drei Taxiunternehmern zur Verfügung.
Der Taxiunternehmer nutzte den Büroraum (einschließlich eines abschließbaren Standcontainers) für geschäftsleitende Tätigkeiten sowie für die Personalverwaltung seiner angestellten Taxifahrer, die Vorbereitung der laufenden Buchführung, das Rechnungswesen, die Finanzkontrolle sowie die Kontrolle der Einhaltung behördlicher Auflagen.
Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg, die Einkünfte des Taxiunternehmers in Deutschland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei zu stellen, da in der Schweiz die Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte erfüllt sind.
„Verwurzelung“ mit dem im Ausland belegenen Ort bei Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit
Hierfür ist die „Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem im Ausland belegenen Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit maßgebend. Diese Verwurzelung folgt aus einer Gesamtwürdigung der in Wechselwirkung zueinander stehenden Merkmale der zeitlichen und örtlichen Festigkeit der Geschäftseinrichtung sowie der dauerhaften Verfügungsmacht des Unternehmens über diese Geschäftseinrichtung.
Der persönliche Standcontainer ist insoweit ein Indiz für die dauerhafte Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung (hier: den Büroraum). Darüber hinaus wurden in dem Büroraum nicht nur Hilfstätigkeiten ausgeübt.
Die Haupttätigkeit eines Taxiunternehmers mit mehreren angestellten Taxifahrern erschöpft sich nicht allein im Fahren von Taxis zum Zwecke der Personenbeförderung. Vielmehr gehören hierzu auch die geschäftsleitenden und zentralen unternehmerisch-administrativen Tätigkeiten, die der Taxiunternehmer in dem Büroraum in der Schweiz ausgeübt hat.
Zeitliche Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte
In einem weiteren Verfahren ging es um die zeitlichen Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte. Sowohl für das Innehaben der Geschäftseinrichtung als auch für die unternehmerische Tätigkeit, die in der Geschäftseinrichtung ausgeübt wird, hat der BFH eine Mindestdauer von sechs Monaten festgelegt.
Sechs Monate Mindestdauer ohne Ausnahme
Ein Unternehmen, das nur weniger als sechs Monate existiert, rechtfertigt selbst dann keine Ausnahme, wenn die Tätigkeit dieses Unternehmens vollständig in der ausländischen Geschäftseinrichtung ausgeübt wurde.
Quelle | BFH, Urteil vom 18.12.2024, I R 47/21; BFH, Urteil vom 18.12.2024, I R 39/21; PM 26/25 vom 2.5.2025