Aktuelle Gesetzgebung:
Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz bringt zahlreiche Steueränderungen
Nach monatelangen Verhandlungen haben Bund und Länder ihren Streit über Steueränderungen beigelegt und sich auf einen umfassenden Kompromiss verständigt. In dem nun am 29.6.2013 im Bundesgesetzblatt verkündeten Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz sind weite Teile des letztlich gescheiterten Jahressteuergesetzes 2013 enthalten. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über ausgewählte praxisrelevante Änderungen.
Zinslauf beim Investitionsabzugsbetrag
Steuerpflichtige, die die Voraussetzungen für den Abzug eines Investitionsabzugsbetrags erfüllen, können für geplante Investitionen ins bewegliche Anlagevermögen 40 % der voraussichtlichen Investitionskosten als Betriebsausgaben abziehen. Unterbleibt die Investition, ist der Abzug im Jahr der Vornahme rückgängig zu machen. Das führt rückwirkend zu einer Gewinnerhöhung und zu einer Verzinsung in Höhe von 6 % im Jahr. Unterschiedliche Auffassungen bestanden bis dato zum Beginn des Zinslaufs.
Das Finanzgericht Niedersachsen hat in 2011 ein für Steuerzahler günstiges Urteil gefällt. Anders als die Finanzverwaltung hat das Gericht die Aufgabe der Investitionsabsicht nämlich als ein rückwirkendes Ereignis angesehen. Damit beginnt der Zinslauf für den Unterschiedsbetrag, der sich aus der Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags im Ausgangsjahr ergibt, erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem der Steuerzahler seine Investitionsabsicht aufgegeben hat. Nach Auffassung der Finanzverwaltung beginnt der Zinslauf indes schon 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Abzugsbetrag geltend gemacht wurde.
Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz wurde die Ansicht der Verwaltung nun gesetzlich festgeschrieben. Diese Neuregelung gilt erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2013.
Hinweis: Die bisherige Rechtslage ist umstritten. Gegen das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen ist nämlich ein Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig. Die Gesetzesänderung könnte jedoch ein Hinweis darauf sein, dass die Verwaltung mit einem positiven Ausgang des Revisionsverfahrens zugunsten der Unternehmer rechnet und daher auf eine „Klarstellung“ durch den Gesetzgeber für die Zukunft hingewirkt hat. Auf den Ausgang des Revisionsverfahrens darf man jedenfalls gespannt sein.
Vergünstigungen bei der Privatnutzung von Elektroautos
Gegenüber Fahrzeugen, die ausschließlich mit einem Verbrennungsmotor angetrieben werden, sind Elektro- und extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge bei der privaten Nutzungsbesteuerung wegen eines höheren Listenpreises benachteiligt. Dieser Nachteil wird nun ausgeglichen, indem der Listenpreis um die Kosten für das Batteriesystem gemindert wird. Dies erfolgt über eine Pauschale, die sich nach der Batteriekapazität richtet.
Hinweis: Diese Neuregelung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2013 und kann für alle begünstigten Fahrzeuge geltend gemacht werden, die vor dem 1.1.2023 angeschafft werden.
Abzugsverbot von Prozesskosten
Der Bundesfinanzhof hat in 2011 entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das Bundesfinanzministerium konterte daraufhin mit einem Nichtanwendungserlass, in dem eine mögliche gesetzliche Neuregelung in Aussicht gestellt wurde.
Diese ist nun erfolgt, indem Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen sind – es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Hinweis: Die gesetzliche Neuregelung ist ab dem Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden.
Lohnsteuer-Nachschau
Bei der neu eingeführten Lohnsteuer-Nachschau handelt es sich um eine unangemeldete Außenprüfung, die während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten stattfindet.
Hinweis: Ziel der Lohnsteuer-Nachschau ist die wirksame Bekämpfung von Schwarzarbeit und Scheinarbeitsverhältnissen. Damit soll die zeitnahe und ordnungsgemäße Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer sichergestellt werden.
Verhinderung der Cash-GmbHs
Bis dato bestand die Möglichkeit, Zahlungsmittel, die typischerweise zum nicht begünstigten Privatvermögen gehören, z.B. in eine GmbH einzulegen, um dann die Anteile steuerbegünstigt zu verschenken (sogenannte „Cash-Gesellschaften“).
Hinweis: In einem Beschluss aus 2012 stellte der Bundesfinanzhof fest, dass er hierin keine missbräuchliche Gestaltung erkennen kann. Es handelt sich seiner Ansicht nach vielmehr um die Nutzung von Gestaltungsmöglichkeiten.
Diese Gestaltungsmöglichkeit wurde nun eingeschränkt. Nach der neuen Gesetzesfassung werden Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen (nach dem Abzug von Schulden) als „schädliches Verwaltungsvermögen“ eingestuft, wenn sie 20 % des Unternehmenswerts übersteigen.
Hinweis: Die Neuregelungen sind bereits auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem 6.6.2013 entsteht.
Neue Rechnungsanforderungen bei Gutschriften
Erfolgt die Rechnungserstellung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten, definiert das Umsatzsteuergesetz diesen Vorgang als Gutschrift. Diese Rechnungen sind nunmehr zwingend durch den Zusatz „Gutschrift“ zu ergänzen.
Dieser Zusatz ist insbesondere deshalb wichtig, weil der Vorsteuerabzug eine ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung voraussetzt. Fehlt also der Zusatz „Gutschrift“, kann der Leistungsempfänger keinen Vorsteuerabzug vornehmen.
Hinweis: Die Neuregelung tritt am Tag nach der Verkündung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes im Bundesgesetzblatt in Kraft; Verkündung am 29.6.2013, Inkrafttreten also am 30.6.2013 (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz, BGBl I 2013, 1809; FG Niedersachsen, 1 K 266/10, Rev. BFH IV R 9/12; BMF-Schreiben, IV C 6 – S 2139 b/07/10002; BFH, VI R 42/10; BMF-Schreiben, IV C 4 – S 2284/07/0031: 002; BFH, II R 9/11).
Aktuelle Gesetzgebung:
Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Hochwasser-Opfer
Durch das Hochwasser Ende Mai/Anfang Juni 2013 sind in weiten Teilen Deutschlands beträchtliche Schäden entstanden. Das Bundesfinanzministerium hat nun im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder steuerliche Unterstützungsmaßnahmen erlassen, die vom 1.6.2013 bis zum 31.5.2014 gelten.
Die Maßnahmen beziehen sich u.a. auf Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen und auf lohnsteuerliche Erleichterungen (z.B. die Unterstützung von Arbeitnehmern und Arbeitslohnspenden). Auch steuerliche Nachweispflichten werden erleichtert. Dies gilt vor allem für Spendennachweise (BMF-Schreiben, IV C 4 – S 2223/07/0015: 008).
Einkommensteuer:
Eingetragenen Lebenspartnerschaften steht Ehegattensplitting zu
Die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen beim Ehegattensplitting ist verfassungswidrig. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden und den Gesetzgeber aufgefordert, die Rechtslage rückwirkend ab der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes zum 1.8.2001 zu ändern. Da der Bundesrat einem Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags bereits zugestimmt hat, kann die Neuregelung alsbald in Kraft treten.
Nach der gesetzlichen Neufassung sind die Regelungen des Einkommensteuergesetzes zu Ehegatten und Ehen auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden. Diese Generalnorm ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.
Hinweis: Die neue Rechtslage bringt aber nicht per se Steuervorteile. Ist das zu versteuernde Einkommen der Partner nämlich in etwa gleich hoch, bringt der Ehegattentarif keine Steuerentlastung (BVerfG, 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07; BR-Drs. (B) 532/13).
Blockmodell:
Keine Versorgungsbezüge während der Freistellungsphase
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Einkünfte, die in der Freistellungsphase im Rahmen der Altersteilzeit nach dem Blockmodell erzielt werden, regelmäßig keine Versorgungsbezüge sind. Demzufolge kann bei der Besteuerung weder der steuermindernde Versorgungsfreibetrag noch der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in Anspruch genommen werden.
Hinweis: Bei der Altersteilzeit im Blockmodell arbeitet der Arbeitnehmer ab Beginn der Altersteilzeit weiter Vollzeit, erhält aber ein reduziertes Gehalt. Während der Freistellungsphase bezieht er das reduzierte Gehalt weiter.
Die in der Freistellungsphase geleisteten Zahlungen dienen nach Ansicht des Bundesfinanzhofs keinem Versorgungszweck. Somit sind die in der Altersteilzeit erbrachten Bezüge laufende Dienstbezüge. Dies gilt unabhängig davon, ob die Altersteilzeit in Form des Blockmodells oder des Teilzeitmodells durchgeführt wird, in dem der Steuerpflichtige in der gesamten Altersteilzeitphase durchgängig die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit bei entsprechend geminderten Bezügen erbringt (BFH, VI R 5/12)
Pendlerpauschale:
Zur offensichtlich verkehrsgünstigeren Umwegstrecke
Für die Entscheidung, ob eine Umwegstrecke zur Arbeit offensichtlich verkehrsgünstiger und bei der Entfernungspauschale zu berücksichtigen ist, muss nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auf die konkreten Verhältnisse im Einzelfall abgestellt werden. Nach einer aktuellen Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz ist eine längere Fahrstrecke nicht offensichtlich verkehrsgünstiger, wenn sie bei ständig wechselnden Verkehrsverhältnissen nur bei bestimmten Verkehrslagen Vorteile gegenüber der kürzesten nutzbaren Straßenverbindung bieten kann und eine Entscheidung, welche Strecke genutzt wird, vor jeder Fahrt neu anhand der dann aktuellen Verkehrslage getroffen werden muss.
Zum Hintergrund: Für die Bestimmung der Entfernung ist grundsätzlich die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte maßgebend. Eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn der Arbeitnehmer diese tatsächlich nutzt und die Arbeitsstätte so trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher erreicht.
In einem Urteil aus 2011 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass für den Umweg nicht zwingend eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten erforderlich ist. Ist aber nur eine geringfügige Verkürzung der Fahrzeit von weniger als 10 % zu erwarten, spricht viel dafür, dass die minimale Zeitersparnis allein für einen verständigen Verkehrsteilnehmer keinen ausschlaggebenden Anreiz darstellen dürfte, eine von der kürzesten Verbindung abweichende Route zu wählen.
Hinweis: Eine Straßenverbindung kann aber unter Umständen auch dann offensichtlich verkehrsgünstiger als die kürzeste Verbindung sein, wenn sich dies z.B. aus der Streckenführung oder der Schaltung von Ampeln ergibt und keine Zeitersparnis zu erwarten ist.
In der umfangreichen Urteilsbegründung stellten die Richter des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz unmissverständlich klar, dass nach den allgemeinen Grundsätzen der Steuerpflichtige die Nachweispflicht für steuermindernde Sachverhalte trägt. Im Streitfall wurde die Steuerpflichtige vom Gericht aufgefordert, alle Fakten darzulegen, die dazu geführt hätten, dass die gewählte Straßenverbindung im Veranlagungszeitraum offensichtlich verkehrsgünstiger als die kürzeste Straßenverbindung war. Dieser Aufforderung kam die Steuerpflichtige nach Ansicht des Finanzgerichts jedoch nicht ausreichend nach.
Hinweis: Wer eine andere, als die kürzeste Straßenverbindung bei der Entfernungspauschale berücksichtigen möchte, sollte eine zeitnahe und ausreichende Beweisvorsorge treffen (FG Rheinland-Pfalz, 4 K 1810/11).