Hochwassergeschädigte:
Steuerliche Entlastungen für die Betroffenen in mehreren Bundesländern
| Durch die Unwetter mit Hochwasser in der Zeit von Ende Mai bis Anfang Juni 2024 sind in weiten Teilen Baden-Württembergs beträchtliche Schäden entstanden. Die Beseitigung dieser Schäden wird bei vielen Steuerpflichtigen zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Daher möchte das Finanzministerium (FinMin) Baden-Württemberg den Geschädigten durch steuerliche Maßnahmen entgegenkommen. |
Möglich sind u. a.:
- Anpassung steuerlicher Vorauszahlungen,
- Stundung fälliger Einkommen-, Körperschaft- oder Umsatzsteuerbeträge und
- Aufschub von Vollstreckungen.
Beachten Sie | Auch in anderen Bundesländern sind im Mai und Juni 2024 durch die Unwetter mit Hochwasser Schäden entstanden. Daher wurden auch für Bayern, Rheinland-Pfalz und das Saarland Katastrophenerlasse mit steuerlichen Erleichterungen veröffentlicht. Dabei ist zu beachten, dass einige Erlasse bereits aktualisiert wurden.
Quelle | FinMin Baden-Württemberg, Erlass vom 20.6.2024; Ministerium der Finanzen und für Wissenschaft Saarland, Erlass vom 21.5.2024; Landesamt für Steuern Rheinland-Pfalz, Erlass vom 25.6.2024; Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, Erlass vom 24.6.2024
Steuerbescheide:
Weiterhin keine Bekanntgabe an Samstagen, aber neue Viertagesfiktion
| Der Bundesrat hat dem Postrechtsmodernisierungsgesetz (PostModG) Anfang Juli 2024 zugestimmt. Dadurch werden insbesondere die Laufzeitvorgaben für die Zustellung von Briefen verlängert. Folgerichtig erfolgte auch eine Anpassung der Vermutungsregelungen für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten (z. B. Steuerbescheiden). |
Einspruchsfrist von einem Monat
Zum Hintergrund: Das Problem, „Recht zu haben, aber es nicht zu bekommen“, ergibt sich immer dann, wenn ein Steuerbescheid zu einer zu hohen Steuerfestsetzung führt, es jedoch versäumt wurde, innerhalb der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat Einspruch einzulegen. Für den fristgerechten Eingang beim Finanzamt kommt es darauf an, wann der Bescheid bekannt gegeben wurde und wann die Einspruchsfrist endet.
Gesetzliche Neuregelung: Vier- statt Dreitagesfiktion
Um die Vermutungsregelungen für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten nach der Abgabenordnung an die verlängerten Laufzeitvorgaben anzupassen, wird aus der bisherigen Dreitages- eine Viertagesfiktion. Damit gelten Steuerbescheide und andere Verwaltungsakte künftig als am vierten Tag nach deren Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, statt wie bisher nach drei Tagen.
Was unverändert bleibt: Fällt der vierte Tag auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, erfolgt die Bekanntgabe am nächstfolgenden Werktag. Die noch im Regierungsentwurf vorgesehene Bekanntgabe von Steuerbescheiden an Samstagen wurde nicht umgesetzt.
Die Neuregelung gilt für Verwaltungsakte, die nach dem 31.12.2024 übermittelt werden.
Neuregelung ab dem Jahr 2025
Beispiel: Das Finanzamt versendet an den Steuerpflichtigen einen Steuerbescheid. Er gibt den Brief am Dienstag, den 14.1.2025, zur Post. Bekanntgabezeitpunkt ist der 20.1.2025 (Montag), da der 18.1.2025 („vier Tage“) ein Samstag ist.
Ein Einspruch gegen den Steuerbescheid ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Die Einspruchsfrist endet somit am 20.2.2025 um 24:00 Uhr.
Beachten Sie | Auch ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten (ab 2025: vierten) Tag nach der Absendung als bekannt gegeben.
Steuerbescheid später zugegangen oder nicht erhalten
Die Bekanntgabefiktion gilt allerdings nicht, wenn der Verwaltungsakt tatsächlich später oder gar nicht zugegangen ist.
Hier ist wie folgt zu unterscheiden:
- Bestreitet der Steuerpflichtige den Zugang, ist das Finanzamt regelmäßig nicht in der Lage, den Zugang nachzuweisen. Daher ist eine erneute (ordnungsgemäße) Bekanntgabe erforderlich.
- Behauptet der Steuerpflichtige einen späteren Zugang, muss er dies substanziiert darlegen bzw. nachweisen. Dabei stellt eine Abwesenheit wegen Urlaubs regelmäßig keine spätere Bekanntgabe dar.
Quelle | PostModG, BR-Drs. 298/24 (B) vom 5.7.2024; DStV, Mitteilung vom 13.6.2024
Hinterbliebenenrente:
Verlustvortag bei Witweneinkommen nicht zu berücksichtigen
| Ein steuerlicher Verlustvortrag bleibt bei der Bestimmung des auf eine Witwenrente anzurechnenden Arbeitseinkommens unberücksichtigt. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden. |
Bei der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten ist ein steuerlicher Verlustvortrag nach dem Einkommensteuergesetz (hier: § 10d Abs. 2 EStG) nicht einzubeziehen. Das BSG hält damit an seiner bisherigen Auffassung auch unter Geltung des zum 1.1.2002 eingeführten § 18a Abs. 2a Sozialgesetzbuch IV fest.
Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass für die Einkommensanrechnung grundsätzlich alle Arten von Arbeitseinkommen berücksichtigt werden. Die Nichtberücksichtigung eines steuerlichen Verlustvortrags entspricht dem Sinn und Zweck der Hinterbliebenenversorgung. Diese dient als Ersatz des Unterhalts, der aufgrund des Todes des Versicherten nicht mehr geleistet wird. Eigenes Einkommen des Hinterbliebenen wird in einem bestimmten Umfang angerechnet, weil der Hinterbliebene sich dadurch ganz oder zumindest teilweise selbst unterhalten kann. Abzustellen ist dabei auf das verfügbare Einkommen.
Beachten Sie | Dass ein Hinterbliebener berechtigt ist, seine Einkommensteuerpflicht im Veranlagungszeitraum zu mindern, indem er negative Einkünfte aus im Einzelfall weit zurückliegenden früheren Veranlagungszeiträumen in Abzug bringt, sagt nichts über seine aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aus.
Quelle | BSG, Urteil vom 22.2.2024, B 5 R 3/23 R; BSG, PM Nr. 7/24 vom 22.2.2024
Erbschaftsteuer:
Parkhaus nicht begünstigt
| Bei der Erbschaftsteuer zählt ein Parkhaus zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell entschieden. |
Das war geschehen
Der Steuerpflichtige war testamentarisch eingesetzter Alleinerbe seines im Jahr 2018 verstorbenen Vaters (= Erblasser). Zum Erbe gehörte ein mit einem Parkhaus bebautes Grundstück. Der Erblasser hatte das Parkhaus als Einzelunternehmen ursprünglich selbst betrieben und ab dem Jahr 2000 dann unbefristet an seinen Sohn verpachtet.
Finanzamt: Parkhaus ist Verwaltungsvermögen
Das Finanzamt stellte den Wert des Betriebsvermögens fest und behandelte das Parkhaus dabei als sogenanntes Verwaltungsvermögen, das bei der Erbschaftsteuer nicht begünstigt ist. Das Finanzgericht (FG) und der BFH schlossen sich dieser Auffassung an.
Grundsätzlich wird Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer privilegiert. Das gilt allerdings nicht für bestimmte Gegenstände des Verwaltungsvermögens. Darunter fallen dem Grunde nach auch Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke. Diese können im Rahmen der Erbschaftsteuer zwar auch begünstigt sein, etwa wenn (wie im Streitfall) der Erblasser seinen ursprünglich selbst betriebenen Gewerbebetrieb unbefristet verpachtet und den Pächter testamentarisch als Erben einsetzt.
Keine erbschaftsteuerliche Privilegierung
Eine Ausnahme besteht dabei jedoch für solche Betriebe, die schon vor der Verpachtung nicht die Voraussetzungen der erbschaftsteuerrechtlichen Privilegierung erfüllt haben. Dies ist bei einem Parkhaus der Fall. Denn die dort verfügbaren Parkplätze als Teile des Parkhausgrundstücks wurden schon durch den Erblasser als damaligem Betreiber an die Autofahrer und somit an Dritte zur Nutzung überlassen.
Beachten Sie | Zudem handelt es sich dabei auch nicht um die Überlassung von Wohnungen, die der Gesetzgeber wiederum aus Gründen des Gemeinwohls für die Erbschaftsteuer privilegiert hat.
Keine Rolle spielt auch, ob zu der Überlassung der Parkplätze weitere gewerbliche Leistungen (z. B. eine Ein- und Ausfahrtkontrolle und eine Entgeltzahlungsdienstleistung) hinzukommen. Darauf stellt das Erbschaftsteuergesetz nämlich nicht ab.
Der BFH sah auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen Grundstücksüberlassungen, wie z. B. im Rahmen des Absatzes eigener Erzeugnisse durch einen Brauereibetrieb oder im Zusammenhang mit einer land- und forstwirtschaftlichen Betriebstätigkeit. Dass der Gesetzgeber solche Betriebe (wie auch die erwähnten Wohnungsunternehmen) als förderungswürdig ansah, ist von seinem weiten Entscheidungsspielraum gedeckt.
Quelle | BFH, Urteil vom 28.2.2024, II R 27/21, Abruf-Nr. 242235 unter www.iww.de