Gewerbesteuer:
Gewächshausbau und Pflanzenzucht keine eigenständigen Betriebe
| Wer neben dem Bau von Gewächshäusern Pflanzen züchtet und mit ihnen handelt, unter-hält nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Münster unterschiedliche Betriebe. Dies hat zur Folge, dass für Zwecke der Gewerbesteuer Verluste aus der Pflanzenzucht nicht mit Gewinnen aus dem Gewächshausbau verrechnet werden können. |
Unterschied: Betätigung gewerblich oder land- und forstwirtschaftlich
Beim Gewächshausbau handelt es sich nach der Wertung des FG um eine gewerbliche und bei der Pflanzenzucht um eine land- und forstwirtschaftliche Betätigung. Beide Tätigkeiten sind laut FG auch nicht derart miteinander planvoll wirtschaftlich verbunden, dass sie als ein einheitlicher Gewerbebetrieb betrachtet werden können.
Beachten Sie | Die Pflanzenzucht ist auch keine bloße Hilfsbetätigung zum Gewächshausbau und sie ist auch nicht notwendig für die gewerbliche Tätigkeit, da auch Konkurrenzbetriebe nicht stets zusätzlich eine Pflanzenzucht betreiben.
Sachlicher Zusammenhang erforderlich
Die Zusammenfassung mehrerer Betätigungen zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb erfordert allgemein einen sachlichen Zusammenhang finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Art zwischen den Betätigungen.
Bei gleichartigen gewerblichen Betätigungen gilt die Vermutung eines einheitlichen Gewerbebetriebs, es sei denn, es sprechen ausnahmsweise besondere Umstände des konkreten Einzelfalls dagegen. Bei ungleichartigen gewerblichen Betätigungen liegt dagegen nur ausnahmsweise ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahr 2020 entschieden.
Dies gilt erst recht beim Zusammentreffen einer gewerblichen mit einer nicht gewerblichen Tätigkeit. Nur ganz ausnahmsweise bei einem untrennbaren Sachzusammenhang können auch solche Betätigungen zusammengefasst werden.
Quelle | FG Münster, Urteil vom 29.11.2023, 13 K 986/21 G; BFH, Urteil vom 17.6.2020, X R 15/18
Freiberufler und Gewerbetreibende:
Bestandskräftige Steuerbescheide: Korrektur wegen Art und Weise der Aufzeichnungen
| Ermittelt ein Steuerpflichtiger seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung, ist die Art und Weise, in der er seine Aufzeichnungen geführt hat, eine Tatsache, die zur Korrektur eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids führen kann, wenn sie dem Finanzamt nachträglich bekannt wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. |
Hintergrund: Ist die Rechtsbehelfsfrist von einem Monat abgelaufen, wird ein Steuerbescheid grundsätzlich bestandskräftig. Allerdings bestehen auch danach Berichtigungs- und Änderungsmöglichkeiten. Eine davon ist § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO). Hier heißt es: Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
Das war geschehen
Ein Einzelhändler ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Das Finanzamt veranlagte ihn erklärungsgemäß (ohne Vorbehalt der Nachprüfung). Bei einer späteren Außenprüfung beurteilte das Finanzamt die Aufzeichnungen als formell mangelhaft und nahm eine Hinzuschätzung vor. Die bestandskräftigen Bescheide wurden nach Maßgabe des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert.
Bareinnahmen: Aufzeichnungen mangelhaft
Die Tatsache, ob und wie der Steuerpflichtige seine Bareinnahmen aufgezeichnet hat, ist rechtserheblich, wenn das Finanzamt bei deren vollständiger Kenntnis bereits im Zeitpunkt der Veranlagung zur Schätzung befugt gewesen wäre und deshalb eine höhere Steuer festgesetzt hätte.
Da eine Schätzungsbefugnis in bestimmten Fällen auch bei (nur) formellen Mängeln der Aufzeichnungen über Bareinnahmen besteht, muss das FG nun im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Unterlagen Mängel aufweisen, die zur Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen führen.
Quelle | BFH, Urteil vom 6.5.2024, III R 14/22, Abruf-Nr. 242363 unter www.iww.de, PM 30/24 vom 4.7.2024
Bundessozialgericht:
Verlustvortrag bei Witweneinkommen nicht zu berücksichtigen
| Ein steuerlicher Verlustvortrag bleibt bei der Bestimmung des auf eine Witwenrente anzurechnenden Arbeitseinkommens unberücksichtigt. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden. |
Bei der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten ist ein steuerlicher Verlustvortrag nach dem Einkommensteuergesetz (§ 10d Abs. 2 EstG) nicht einzubeziehen.
Das BSG hält damit an seiner bisherigen Auffassung auch unter Geltung des zum 1.1.2002 eingeführten § 18a Abs. 2a Sozialgesetzbuch IV fest. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass für die Einkommensanrechnung grundsätzlich alle Arten von Arbeitseinkommen berücksichtigt werden. Die Nichtberücksichtigung eines steuerlichen Verlustvortrags entspricht dem Sinn und Zweck der Hinterbliebenenversorgung. Diese dient als Ersatz des Unterhalts, der aufgrund des Todes des Versicherten nicht mehr geleistet wird. Eigenes Einkommen des Hinterbliebenen wird in einem bestimmten Umfang angerechnet, weil der Hinterbliebene sich dadurch ganz oder zumindest teilweise selbst unterhalten kann. Abzustellen ist dabei auf das verfügbare Einkommen.
Beachten Sie | Dass ein Hinterbliebener berechtigt ist, seine Einkommensteuerpflicht im Veranlagungszeitraum zu mindern, indem er negative Einkünfte aus im Einzelfall weit zurückliegenden früheren Veranlagungszeiträumen in Abzug bringt, sagt nichts über seine aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aus.
Quelle | BSG, Urteil vom 22.2.2024, B 5 R 3/23 R, PM Nr. 7/24
Betriebsausgabenabzug:
Häusliches Arbeitszimmer von Selbstständigen: Aufzeichnungspflichten beachten
| Die Aufzeichnungspflichten nach dem Einkommensteuergesetz (hier: § 4 Abs. 7 des EStG) für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind bei einem Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, nur erfüllt, wenn sämtliche Aufwendungen einzeln fortlaufend in einem gesonderten Dokument oder Datensatz aufgezeichnet werden. Eine reine Belegsammlung mit Aufaddieren der Positionen nach Abschluss des Veranlagungszeitraums ist nicht ausreichend. Da der Bundesfinanzhof (BFH) gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Hessen kürzlich die Revision zugelassen hat, ist mit einer weiteren Präzisierung der Rechtsprechungsgrundsätze zu rechnen. |
Hintergrund: § 4 Abs. 5 EStG schränkt den Abzug für gewisse Betriebsausgaben ein. So wirken sich z. B. Aufwendungen für Geschenke an Geschäftspartner und Kunden nur steuermindernd aus, wenn eine Grenze von 50 Euro eingehalten wird. Und auch für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer besteht eine Abzugsbeschränkung.
Aufzeichnungspflichten
Darüber hinaus sind die Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 bis 4, 6b und 7 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Abs. 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie besonders aufgezeichnet sind.
Beachten Sie | Bei den Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG handelt es sich um eine zusätzliche materiell-rechtliche Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug. Bei Verstößen droht das Abzugsverbot. Dieses Abzugsverbot wird auch bei einer Gewinnermittlung per Einnahmen-Überschussrechnung so umgesetzt, dass die betroffenen Aufwendungen dem Gewinn als Betriebseinnahmen hinzugerechnet werden.
Finanzierungs- und Energiekosten dürfen geschätzt werden
Nach Ansicht der Finanzverwaltung bestehen keine Bedenken, wenn die auf das Arbeitszimmer anteilig entfallenden Finanzierungskosten im Wege der Schätzung ermittelt werden und nach Ablauf des Wirtschafts- oder Kalenderjahrs eine Aufzeichnung aufgrund der Jahresabrechnung des Kreditinstituts erfolgt. Entsprechendes gilt für die verbrauchsabhängigen Kosten (z. B. Wasser- und Energiekosten). Es reicht aus, Abschreibungsbeträge einmal jährlich zeitnah nach Ablauf des Kalender- oder Wirtschaftsjahrs aufzuzeichnen.
Jahrespauschale ausgenommen
Beachten Sie | Beim Abzug der Jahrespauschale (1.260 Euro) bestehen die besonderen Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG nicht.
Quelle | FG Hessen, Urteil vom 13.10.2022, 10 K 1672/19, Rev. BFH: VIII R 6/24, Abruf-Nr. 242594 unter www.iww.de; BMF-Schreiben vom 15.8.2023, IV C 6 S 2145/19/1006 :027, RZ. 25 f.