Verbraucherrecht Info - 09.2020

10.09.2020
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Verkehrssicherungspflicht:

Kein Schmerzensgeld bei Sturz über Schlauch im Gartencenter

| Die Kundin eines Baumarkts, die im Gartenbereich des Markts über einen am Boden liegenden Gartenschlauch stürzt, kann kein Schmerzensgeld vom Baumarktbetreiber verlangen. |

So hat es jetzt das Amtsgericht (AG) München gesehen. Und so argumentiert das AG: Verfängt sich ein Kunde im Gartenschlauch, weil eine Angestellte daran zieht, während der Kunde diesen übersteigen will, fällt dies unter das allgemeine Lebensrisiko. Es kann vom Gartencenter im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht nicht erwartet werden, dass es den Schlauch während der Bewässerung von Blumen sichert. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | AG München, Urteil vom 9.10.2019, 122 C 9106/19, Abruf-Nr. 214797 unter www.iww.de.


Kreditinstitut:

Unwirksame Entgeltklausel für Basiskonto

| Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts enthaltene Entgeltklausel für ein Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto) unterliegt der richterlichen Inhaltskontrolle. Es darf also von Gerichten daraufhin überprüft werden, ob sie mit geltendem Recht übereinstimmt. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Im konkreten Fall entschied er, dass die Entgeltklausel eines solchen Basiskontos unwirksam war. |

Der BGH: Die Entgeltklausel für ein Basiskonto ist im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam, wenn bei der Bemessung des Entgelts das kontoführende Institut den mit der Führung von Basiskonten verbundenen Mehraufwand allein auf die Inhaber von Basiskonten umgelegt hat. Das ergab sich hier aus der von der Bank vorgelegten Kostenkalkulation.

Quelle | BGH, 30.6.2020, XI ZR 119/19, Abruf-Nr. 216518 unter www.iww.de.


Corona-Pandemie:

Auch ohne Reisewarnung: Erstattung des vollen Reisepreises

| Das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main hat entschieden: Storniert ein Kunde vor Reiseantritt eine Reise zu einem Zeitpunkt, zu dem zwar noch keine Reisewarnung des Auswärtigen Amts, aber bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Corona-Virus vorliegt, ist der Reiseveranstalter zur Rückzahlung des vollen Reisepreises verpflichtet. |

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine im Mai 2019 gebuchte Reise auf die italienische Insel Ischia im Golf von Neapel, die im April 2020 stattfinden sollte, wurde vom Kläger Anfang März 2020 storniert zu einem Zeitpunkt, zu dem (noch) keine offizielle Reisewarnung durch das Auswärtige Amt ausgesprochen war.

Der Reiseveranstalter verlangte anteilige Stornierungskosten nach seinen Geschäftsbedingungen. Der Kläger argumentierte hiergegen, dass die Corona-Pandemie einen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand darstelle, der zu einer vollständigen Reisepreiserstattung führt. Für das Gericht kam es auf das Vorliegen der offiziellen Reisewarnung zum Zeitpunkt der Stornierung jedoch nicht an. An den Nachweis der außergewöhnlichen Umstände zum Rücktrittszeitpunkt sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, um den Reisenden nicht zu überfordern. Es genügt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das gesundheitsgefährdende Ereignis, hier der Ausbreitung des Corona-Virus. Diese Wahrscheinlichkeit habe zum Stornierungszeitpunkt der Reise für das Reiseziel vorgelegen. Das Gericht macht jedoch ausdrücklich darauf aufmerksam, dass es entgegen einer schematischen Betrachtung auf jeden konkreten Einzelfall ankommt.

Quelle | AG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.7.2020, 32 C 2136/20 (18), Abruf-Nr. 217473 unter www.iww.de.


Immobilienkaufvertrag:

Wertstoffsammelstelle in der Nähe einer Eigentumswohnung kein Sachmangel

| Die Kläger hatten eine Eigentumswohnung von den Beklagten erworben. Die Stadt errichtete auf einer gegenübergelegenen Freifläche, von den Verkäufern in Verkaufsprospekt und -verhandlungen „Piazza“ genannt, in etwa 20 Metern Abstand eine Containeranlage zur Wertstoffentsorgung (Altglas, Altpapier). Die Verkäufer hatten die Anlage zwar weder im Verkaufsprospekt, den Verkaufsverhandlungen noch auf der Website der Beklagten jemals erwähnt. Die Käufer meinten, die Anlage stelle einen Mangel des Kaufvertrags dar. Wohnwert und Brauchbarkeit seien erheblich beeinträchtigt. Sie verfolgten ihre Ansprüche bis zum Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf erfolglos. |

Die Wertstoffsammelstelle begründe, so das OLG, keinen Sachmangel der Kaufsache. Die damit einhergehenden Beeinträchtigungen (Geräusche durch das Herabfallen der Flaschen und Metallklappen) seien als sozialadäquat hinzunehmen, selbst in Wohngebieten mit gehobenen Preisen. Denn auch hier müsse die Abfallentsorgung sichergestellt sein. Zudem hatte die Stadt die Containeranlage im Einklang mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet. Deren Abstand zu Wohngebäuden war sogar größer als verwaltungsrechtlich empfohlen.

Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.1.2020, I-21 U 46/19, Abruf-Nr. 215153 unter www.iww.de.


Fluggastrechte:

Randalieren kann „außergewöhnlicher Umstand“ sein

| Randaliert ein Fluggast während des Flugs und es kommt zu einer Verspätung, die dem Grunde nach entschädigungspflichtig wäre, ist dies nicht Teil des regulären Flugbetriebs. Die Fluggesellschaft kann sich in diesem Fall auf anspruchsausschließende „außergewöhnliche Umstände“, vorliegend: Sicherheitsrisiken, berufen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden.|

Allerdings knüpft der EuGH dies an enge Voraussetzungen für die Fluggesellschaft: Das Verhalten des Randalierers darf nicht durch die Fluggesellschaft provoziert worden sein. Die Fluggesellschaft konnte den Vorfall nicht vorhersehen. Eine „zumutbare, zufriedenstellende und frühestmögliche anderweitige Beförderung“ war der Fluggesellschaft nicht möglich.

Beachten Sie | Auch wenn die Fluggesellschaft nicht haftet, besteht gegebenenfalls ein Anspruch gegen den randalierenden Passagier selbst in Form einer Schadenersatzpflicht.

Quelle | EuGH, Urteil vom 11.6.20, C 74/19, Abruf-Nr. 217429 unter www.iww.de.


Corona-Pandemie:

Gesetzliche Erleichterungen für pflegende Angehörige

| Der Alltag von pflegenden Angehörigen ist durch die Corona-Pandemie stark beeinträchtigt und schwer organisierbar geworden. Das Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sieht zu deren Unterstützung unter anderem folgende Erleichterungen vor: |

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Bis zum 30.9.2020 wird der Anspruch auf Freistellung von bislang 10 auf bis zu 20 Arbeitstage verlängert (bereits genutzte Tage sind abzuziehen).Die Pflegekassen zahlen für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung ein Pflegeunterstützungsgeld, sofern durch den Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung erfolgt.

Familienpflegezeit

Familienpflegezeit kann bis zum 30. September flexibler in Anspruch genommen werden: Angehörige können bisher nicht genommene Restzeiten dieser Freistellungen in Abstimmung mit dem Arbeitgeber kurzfristig in Anspruch nehmen. Sie dürfen die Mindestarbeitszeit von 15 Stunden in der Woche der Familienpflegezeit für einen Monat unterschreiten. Die Ansprüche an die erforderliche Textform der Ankündigung beim Arbeitgeber sind, sofern die Familienpflegezeit bis spätestens 1.9.2020 beginnt, reduziert: Statt einem unterschriebenen Brief werden z. B. Nachrichten in elektronischer Form oder WhatsApp-Nachrichten anerkannt. Insgesamt muss jedoch die Familienpflegezeit im Gesamtrahmen von 24 Monaten maximaler Dauer bleiben.

Kurzzeitpflege

Für Kurzzeitpflegeplätze, die aufgrund nicht verfügbarer Plätze in Pflegeeinrichtungen derzeit in Einrichtungen der Rehabilitation und in Krankenhäusern beansprucht werden, zahlt die Pflegekasse höhere Zuschüsse als bisher.

Entlastungsbeträge

Für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 können erweiterte Entlastungsbeträge, z. B. für Hilfen durch professionelle Angebote oder nachbarschaftliche Hilfe, beansprucht werden, deren Nachweis im Sinne einer zügigen Regulierung gegenüber der Krankenkasse vereinfacht gehandhabt wird. Erleichterungen gibt es auch hinsichtlich der Möglichkeit, nicht verbrauchte Beträge „aufzusparen“ und später zu beanspruchen.

Pflegehilfsmittel

Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel wurde der monatliche Erstattungsbetrag (mit Kauf- oder Lieferdatum bis 30. September 2020) von monatlich 40 auf 60 Euro angehoben.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Verbraucherzentrale NRW unter www.iww.de/s3977 (Stand 21.7.2020).

Quelle | Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19.5.2020

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