Verbraucherrecht Info -12.2024

1.12.2024
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Kaufvertragsrücktritt:

Fahrzeughändler kann sich nicht beliebig lange Lieferzeit vorbehalten

| Liefert der Fahrzeughändler ein bestelltes Fahrzeug nicht innerhalb einer angemessenen Frist, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Danach kann sich der Verkäufer nicht über eine Klausel im Fahrzeugkaufvertrag von der Pflicht befreien, den PKW zumindest innerhalb einer angemessenen Frist zu liefern. So entschied es das Amtsgericht (AG) Hanau. |

Fahrzeughändler forderte Storno-Gebühren

In einem Kaufvertrag über ein noch herzustellendes Fahrzeug befand sich eine Klausel, nach der es wegen Lieferschwierigkeiten für Bestellungen keinen Liefertermin gebe. Nach mehrfachen Anfragen und einer Fristsetzung erklärte der Käufer knapp ein Jahr nach Kaufabschluss den Rücktritt von dem Vertrag. Hierfür forderte der Händler Schadenersatz in Form von „Storno-Gebühren“ von über 3.000 Euro, da er ausdrücklich keinen Liefertermin zugesagt habe.

AGB enthielten unzulässige Klausel

Das AG hat entschieden: Dem Händler stehen diese Stornierungskosten nicht zu. Denn die Regelung in dem Kaufvertrag sei eine vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB), über die sich der Händler letztlich in unzulässiger Weise die Gültigkeit des Vertrags habe vorbehalten wollen. Maßgeblich sei daher, ob der Käufer tatsächlich eine angemessene Zeit abgewartet habe, innerhalb derer der Händler das Fahrzeug liefern musste. Das sei unter Abwägung der Interessen beider Seiten jedenfalls nach 18 Monaten der Fall (der Kläger hatte im Prozess erneut den Rücktritt erklärt). Somit stünden dem Händler auch keine Ersatzansprüche zu.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle | AG Hanau, Urteil vom 31.1.2024, 39 C 111/23, PM vom 9.7.2024


Mitverschulden:

Grillpfanne zerkratzt Kochfeld: Anspruch auf Schadenersatz?

| Steht dem Erwerber einer Grillpfanne Schadenersatz zu, wenn sein Kochfeld durch die Pfanne zerkratzt wird? Das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main hat dies wegen des Mitverschuldens des Erwerbers an der Entstehung der Kratzer abgelehnt. |

Gebrauchsanleitung enthielt Hinweis

Der Kläger bestellte bei der Beklagten im Rahmen eines Bonusprogramms eine gusseiserne Grillpfanne. Die Gebrauchsanweisung der Pfanne wies darauf hin, dass die Pfanne niemals über die Glasoberfläche des Kochfelds geschoben werden dürfe, da dieses sonst beschädigt werden könne. Stattdessen solle man die Pfanne immer „sanft“ anheben und abstellen.

Käufer begehrte Schadenersatz

Der Kläger behauptete vor Gericht, durch die „kleinen Pickel“ an der Unterseite der Pfanne sei sein Kochfeld stark zerkratzt worden. Er verlangte von der Beklagten deswegen Schadenersatz in Höhe von 1.800 Euro.

Amtsgericht wies Klage ab

Das AG hat die Klage abgewiesen. Ein Schadenersatzanspruch des Klägers entfalle, weil er das Entstehen der Kratzer mitverschuldet habe. Die tiefen Kratzer in der Glasoberfläche könnten nur dadurch entstanden sein, dass der Kläger die Pfanne auf dem Kochfeld geschoben oder gezogen habe.

Der Kläger habe also die ausdrückliche Warnung in der Gebrauchsanweisung missachtet. Er habe dadurch gegen die ihm obliegende „Sorgfaltspflicht in eigenen Angelegenheiten“ derart gravierend verstoßen, dass sein Mitverschulden sich „anspruchsvernichtend“ auswirke, ein etwaiger Anspruch auf Schadensersatz also entfalle.

Zudem treffe die Beklagte auch kein Verschulden. Sie sei als Verkäuferin nicht verpflichtet, die Grillpfanne vor dem Verkauf auf ihren Zustand zu überprüfen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | AG Frankfurt am Main, Urteil vom 23.5.2023, 31 C 3103/22 (78), PM 8/24


Verkehrssicherungspflicht:

Stolperfalle Treppenstufe: Schadenersatzklage gegen Restaurantbetreiber ohne Erfolg

| Ein Gastwirt hat zwar die Pflicht, seinen Gästen einen gefahrlosen Aufenthalt in seinem Restaurant zu ermöglichen. Ein Gast darf jedoch nicht erwarten, auch vor Gefahren geschützt zu werden, die für den aufmerksamen Benutzer ohne Weiteres erkennbar sind und auf die er sich einstellen kann. So entschied es das Landgericht (LG) Frankenthal in einem aktuellen Urteil. |

Frau stürzte auf dem Weg zur Restauranttoilette

Auf dem Weg zur Toilette hatte die Restaurantbesucherin eine Stufe nach unten übersehen, stürzte gegen eine Mauerkante und verletze sich am Brustkorb und an einem Bein. Die Frau wirft dem Restaurantbetreiber vor, auf die Stufe nicht ausreichend aufmerksam gemacht zu haben. Aufgrund der ähnlichen Farbgebung von Boden und Stufe und unzureichender Beleuchtung sei die Stufe auch trotz dort aufgebrachten roten Klebestreifens nicht rechtzeitig sichtbar gewesen. Außerdem würden der aus Ton gefertigte Wegweiser zu den Toiletten und das an beiden Seiten des Ganges angebrachte Geländer von der Stufe ablenken. Daher verlangte sie von dem Restaurant ein Schmerzensgeld von mindestens 7.500 Euro.

Verkehrssicherungspflicht eingehalten

Nach Ansicht des LG ist das Restaurant jedoch seiner Pflicht, Gefahren von seinen Besuchern fernzuhalten der sogenannten Verkehrssicherungspflicht ausreichend nachgekommen. Bei Gastwirten gelte zwar ein strenger Maßstab. Während der Geschäftszeiten sind die Räume des Restaurants frei von Gefahren zu halten. Sofern auch Alkohol ausgeschenkt wird, müsse auch mit unverständigem Verhalten der Gäste gerechnet werden. Überraschende und nicht ohne Weiteres erkennbare Stolperstellen in Gängen, an Treppen, Zu- oder Abgängen müssen vermieden oder klar gekennzeichnet sein.

Kein Schutz vor allen Gefahren möglich

Der Gast könne aber nicht vor jeglichen Gefahren geschützt werden. Ein Restaurantbesucher müsse immer auch die eigene Vorsicht walten lassen und sich auf erkennbare Gefahren einstellen. Nach Ansicht des LG wiesen sowohl der rote Streifen auf der Stufe als auch das beidseitig angebrachte Geländer eindeutig auf die Stufe hin. Ein aufmerksamer Restaurantbesucher hätte mit der Stufe rechnen und sich darauf einstellen können. Soweit die Frau auf ihre eingeschränkte Sicht aufgrund einer Atemschutzmaske verweist, führe dies nur zu einer von ihr zu erwartenden noch gesteigerten Vorsicht.

Quelle | LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 7.5.2024, 7 O 264/23


Krankenversicherung:

Trotz Sonnenallergie bleibt UV-Schutz Eigenverantwortung

| Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden: Die gesetzliche Krankenversicherung muss keine UV-Schutzkleidung finanzieren, selbst wenn diese wegen einer Sonnenallergie nötig ist. |

Frau klagte erfolglos spezielle UV-Schutzkleidung ein

Geklagt hatte eine 1983 geborene Frau, die im Sommer 2018 eine schwere Sonnenallergie mit erheblichen Entzündungen der Haut (med.: kutaner Lupus erythematodes) entwickelte. Aufgrund der hohen Lichtempfindlichkeit musste sie stationär im Krankenhaus behandelt werden. Dort wurde ihr empfohlen, spezielle Schutzkleidung, einen Hut und Sonnencreme mit mindestens Lichtschutzfaktor 50+ zu verwenden.

Infolgedessen beantragte sie finanzielle Unterstützung bei ihrer Krankenkasse für UV-Schutzkleidung. Die Kasse lehnte den Antrag ab und erklärte, dass UV-Schutzkleidung und Sonnenschutzmittel keine Hilfsmittel seien, sondern als Alltagsgegenstände gelten. Diese Produkte seien allgemein im Einzelhandel erhältlich und nicht speziell für die Bedürfnisse von kranken oder behinderten Menschen entwickelt worden. Sie dürften daher nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung bezuschusst werden.

Hiergegen wandte sie die Frau und argumentierte, dass ihre Erkrankung eine medizinische Notwendigkeit für das Tragen von UV-Schutzkleidung darstelle. Dies sei nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Landessozialgericht gab Krankenkasse recht

Das LSG bestätigte die Entscheidung der Krankenkasse und urteilte, dass kein Anspruch auf Kostenübernahme bestehe. UV-Schutzkleidung sei ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und daher nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzieren. Es hat sich auf höchstrichterliche Rechtsprechung bezogen, wonach Gegenstände, die für alle Menschen nützlich und nicht speziell für Kranke oder Behinderte entwickelt wurden, von der Kostenübernahme durch die Krankenversicherung ausgenommen sind. Auch wenn UV-Schutzkleidung für Menschen mit Sonnenallergie notwendig sei, werde sie ebenso von Gesunden verwendet und sei im Handel frei erhältlich. Auch die Tatsache, dass solche Kleidung für bestimmte Berufsgruppen, wie Straßenarbeiter und Gärtner, erforderlich sei, unterstreiche, dass es sich um allgemeine Gebrauchsgegenstände handele.

Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18.6.2024, L 16 KR 14/22, PM vom 1.7.2024


Nachbarrecht:

Kein Anspruch auf „Laubrente“

| Ein Grundstückseigentümer hat keinen Anspruch auf eine sogenannte Laubrente wegen erhöhtem Reinigungsaufwand für einen Pool unterhalb von zwei den Grenzabstand unterschreitenden Nachbareichen. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main. |

Vorinstanz gab Nachbar Recht

Errichtet ein Grundstückseigentümer im Traufbereich zweier auf dem Nachbargrundstück vor 90 Jahren ohne Einhaltung des Grenzabstands gepflanzter Eichen einen offenen Pool, kann er keine Kostenbeteiligung des Nachbarn hinsichtlich des erhöhten Reinigungsaufwands verlangen. Das OLG hat auf die Berufung des in Anspruch genommenen Nachbarn hin die Klage auf monatliche Ausgleichsleistungen abgewiesen.

Die Parteien sind Nachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten befinden sich rund 1,7 bzw. 2,7 Meter von der Grundstücksgrenze entfernt zwei ca. 90 Jahre alte Eichen. Die Klägerin hatte ihr Anwesen 2016 gekauft und begehrt nunmehr von der Beklagten eine monatlich im Voraus zu leistende Laubrente in Höhe von 277,62 Euro unter Hinweis auf die herunterfallenden Eicheln und Eichenblätter.

Das Landgericht (LG) hatte den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Höhe einer Beweisaufnahme vorbehalten. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte nach Einholen eines Sachverständigengutachtens vor dem OLG Erfolg.

So argumentierte das Oberlandesgericht

Die Voraussetzungen für den geltend gemachten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch lägen nicht vor, entschied das OLG. Erforderlich sei, dass von einem Grundstück rechtswidrige aber zu duldende Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgingen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überstiegen.

Hier stelle sich gemäß den überzeugenden sachverständigen Ausführungen der Laub- und Fruchtabwurf bezogen auf den Garten, das Haus, die Wege, die Garage und den Reinigungsteich bereits nicht als wesentliche Beeinträchtigung dar. Die gärtnerische Nutzung des Grundstücks sei weiterhin möglich. Der etwas erhöhte Reinigungsaufwand der Rasen- und Terrassenfläche falle nicht wesentlich ins Gewicht; Verstopfungen der Dachrinnen ließen sich durch preiswerte Laubschutzgitter sicher vermeiden. Auch wenn die Eichen den Grenzabstand eingehalten hätten, wäre mit Einträgen auf dem klägerischen Grundstück zu rechnen.

Hinsichtlich des auf dem Grundstück vorhandenen Pools liege allerdings eine wesentliche Beeinträchtigung durch gesteigerten Reinigungsaufwand vor. Auch insoweit erleide die Klägerin jedoch keine Nachteile, „die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen“, entschied das OLG.

Laub im üblichen Rahmen

Im Rahmen der Zumutbarkeit seien alle Umstände zu berücksichtigen, die den Interessenkonflikt durch Maßnahmen des einen oder des anderen veranlasst oder verschärft haben. Die Grundstücke lägen hier in einem Bereich, der durch älteren und höheren Baumbestand geprägt sei. Dies habe die Klägerin gewusst, als sie auf ihrem Grundstück einen nicht überdachten und im Freien gelegenen Pool errichtet habe. „Dass mithin der Pool (…) durch Laub- und Fruchtabwurf der Bäume der Beklagten betroffen sein würde, war sicher zu erwarten“, untermauerte das OLG weiter. Gemäß den sachverständigen Angaben halte sich der Eintrag an Eicheln (17 kg p.a.), Laub (0,4 m³ p.a.) und Totholz (12 Hände p.a.) im üblichen Rahmen unabhängig vom Abstand der Eichen zur Grundstücksgrenze. Die Belastungen entsprächen der Lage des Grundstücks in einer stark durchgrünten Wohngegend mit vielen Laubbäumen. Wenn sich die Klägerin in Kenntnis dieser Gegebenheiten entschließe, einen offenen Pool im Traufbereich der Eichen zu errichten, müsse sie auch den damit verbundenen erhöhten Reinigungsaufwand entschädigungslos hinnehmen.

Das Urteil ist nicht anfechtbar.

Quelle | OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.8.2024, 19 U 67/23, PM 52/24

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