Verkehrsrecht Info - 09.2017

29.08.2017
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Unfallschadensabrechnung:

Fiktive Umrüstungskosten bei Beschädigung eines Taxis

| Worauf zu achten ist, wenn der Verkehrsunfallschaden an einem Taxi fiktiv abgerechnet werden soll, hat nun der BGH entschieden. |

Er fasst seine Entscheidung so zusammen: Wählt der Eigentümer eines durch einen Verkehrsunfall beschädigten Taxis den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, sind, wenn ein Markt für die Ersatzbeschaffung eines Gebrauchtwagens mit Taxiausrüstung nicht existiert, die Umrüstung eines im Übrigen gleichwertigen Gebrauchtwagens zu einem Taxi jedoch mit verhältnismäßigem Aufwand möglich ist, die (fiktiven) Umrüstungskosten als zusätzlicher Rechnungsposten in die Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts einzustellen und damit im Rahmen des Anspruchs des Geschädigten auf Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 , Abs. 2 Satz 1 BGB) ersatzfähig.

Mit anderen Worten: Gibt es keinen Gebrauchtwagenmarkt für Taxis, kann der geschädigte Taxiunternehmer in seiner fiktiven Abrechnung die Kosten verlangen, die eine Umrüstung eines Normalfahrzeugs in ein Taxi kosten würde.

Quelle | BGH, Urteil vom 23.5.2017, VI ZR 9/17, Abruf-Nr. 194757 unter www.iww.de.


Schadenabwicklung/Haftung:

Haftung für angeblich beim Abschleppen verursachten Schaden

| Wendet sich der Fahrer eines pannenbedingt fahrunfähigen Fahrzeugs an seinen Automobilclub und schickt der dann einen Abschleppwagen, ist der Automobilclub der Auftraggeber des Abschleppunternehmers. Der Abgeschleppte kann dann vom Abschleppunternehmer keinen Schadenersatz wegen Verletzung der Pflichten aus dem Abschleppvertrag für eine angeblich beim Abschleppen entstandene Beschädigung einfordern. |

So entschied es das Amtsgericht Oranienburg. In dem konkreten Fall war durch das Abschleppen tatsächlich ein Schaden entstanden. Hinsichtlich des eindeutig zurechenbaren Schadens hatte der Automobilclub auch schon Schadenersatz geleistet. Jedoch gab es weitere Schadenanteile, die danach rochen, dass bei dieser Gelegenheit auch Altschäden „untergebracht“ werden sollten. Und da ist der Abschleppunternehmer nicht gleich aus dem Schneider, nur weil er nicht der Vertragspartner ist. Da haftet er von Gesetzes wegen, wenn er den Schaden verursacht hat. Das konnte der Betroffene, dessen Fahrzeug abgeschleppt worden war, aber nicht beweisen.

Quelle | Amtsgericht Oranienburg, Urteil vom 23.3.2017, 23 C 67/17, Abruf-Nr. 195071 unter www.iww.de.


Unfallschaden:

Versicherer muss auch die anfallenden Reinigungskosten erstatten

| Der Versicherer des Unfallverursachers muss auch die Kosten erstatten, die anfallen, wenn das Unfallfahrzeug nach der Reparatur gereinigt wird. |

Das Amtsgericht Coburg hat die Reinigungskosten mit zwei Begründungsansätzen zugesprochen. Erstens habe der Sachverständige im Gutachten vorgesehen, dass die Reinigung reparaturbedingter Verschmutzungen notwendig sei. Zweitens liege es auf der Hand, dass solche Verschmutzungen entstehen und wieder beseitigt werden müssen.

Quelle | Amtsgericht Coburg, Urteil vom 25.4.2017, 15 C 4/17, Abruf-Nr. 193939  unter www.iww.de.


Bewährung:

Strafaussetzung zur Bewährung bei „Rasern“

| Der sog. „Kölner-Raser-Fall“ hat jetzt auch den Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigt. Es ging um ein „Autorennen“ in der Kölner Innenstadt. Einer der Fahrer hatte die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Sein Wagen erfasste eine auf dem angrenzenden Radweg fahrende 19-jährige Studentin, die später ihren durch die Kollision erlittenen schweren Verletzungen erlag. |

Das Landgericht Köln hatte zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren bzw. von einem Jahr und neun Monaten, jeweils mit Strafaussetzung zur Bewährung, verurteilt. Der BGH hat das Urteil hinsichtlich der Bewährungsentscheidung aufgehoben. Er hat zwei Punkte beanstandet:

  • Im Rahmen der Prüfung „besonderer Umstände“ habe das Urteil keine über die günstige Sozialprognose hinausgehenden Umstände berücksichtigt.
  • Bei der Frage, ob die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafen gebiete, seien Tat und Täter nicht ausreichend gewürdigt worden. Auch generalpräventiven Erwägungen komme Bedeutung zu. Von maßgeblicher Bedeutung sei insbesondere der Umstand, dass die Angeklagten die zum Tod der Studentin führenden Gefahren bewusst geschaffen haben.

Das Landgericht muss über die Bewährung nun erneut entscheiden. Unter den Vorgaben des BGH sieht es für die Angeklagten nicht gut aus.

Quelle | BGH, Urteil vom 6.7.2017, 4 StR 415/16, Abruf-Nr. 195226 unter www.iww.de.


Strafrecht:

Aggression im Straßenverkehr zahlt sich nicht aus

| Das Amtsgericht München verurteilte einen neunzehnjährigen Münchener Vertragsfußballer wegen vorsätzlicher Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Körperverletzung zu zwei Wochen Dauerarrest, drei Beratungsgesprächen bei der Stadt München und der Teilnahme an einem Vortrag des Instituts für Rechtsmedizin zu den Folgen von Gewalt. Außerdem erhielt er acht Monate Führerscheinentzug. |

Der junge Mann befuhr am 28.11.2015 mit dem Pkw seines Vaters die Autobahn. Im Bereich einer Autobahnausfahrt überholte er die stockende Fahrzeugkolonne neben der eigentlichen Fahrspur. Als er wieder auf die reguläre Fahrspur einscheren wollte, ließ dies der spätere Geschädigte nicht zu. Daraufhin scherte er vor dem Fahrzeug, das vor dem Geschädigten fuhr, in die Fahrzeugkolonne ein und brachte danach sein Fahrzeug in einer Schräglage abrupt zum Stehen. Er blockierte so die Autobahnabfahrt. Nun stieg der junge Münchner zusammen mit seinen beiden unbekannten Mitinsassen aus und rannte auf den Pkw des Geschädigten zu. Dieser stieg mit seiner Begleiterin ebenfalls aus und es kam zu wechselseitigen Schubsereien und im Anschluss daran zu gegenseitigen Faustschlägen. Auch die Begleiterin des Geschädigten bekam einen schmerzhaften Schlag ins Gesicht. Als der Geschädigte zu flüchten versuchte und auf dem Seitenstreifen ausrutschte, nützten der Verurteilte und seine Begleiter dies aus und traten auf den am Boden liegenden Geschädigten ein, sodass dieser Schürfwunden und Schmerzen erlitt. Anschließend fuhr der Verurteilte mit seinen Begleitern davon.

Der Mann musste sich auch für eine Tat am 3.1.2016 verantworten. Damals fuhr er aufgrund deutlich überhöhter Geschwindigkeit und ungenügenden Sicherheitsabstands auf einen Pkw Audi auf. Durch den Auffahrunfall erlitt eine Insassin im Audi Schmerzen und ein Schleudertrauma. Auch damals reagierte er äußerst aggressiv. Er beschimpfte den Fahrer des Pkw wütend, dass dieser zunächst nicht aus dem Pkw ausgestiegen sei.

Ein Zeuge sagte Folgendes aus: Ich habe ein Auto kommen sehen, das sehr hochtourig fuhr. (…) Der BMW schoss an mir vorbei. Nach meiner Einschätzung hatte der BMW etwa 100 km/h drauf. Er fuhr vor und hatte erst im letzten Augenblick gebremst und hat dann den Audi gerammt. Alle Beteiligten fuhren dann auf die rechte Spur. Der BMW Fahrer war schon ausgestiegen und hat auf den Geschädigten eingeschrien. Ich habe nur gehört: Warum kannst Du Arsch denn net auf die Seite fahren?

Zur Strafzumessung führt das Urteil unter anderem aus: Nur weil (der Geschädigte) dem Angeklagten keine Lücke gelassen hat, kam es überhaupt zu dem Aggressionsausbruch. Ein nichtiger Anlass, der täglich im Straßenverkehr vorkommt. Eine besondere Rolle spielt dabei, dass der am Boden liegende Geschädigte massiv getreten wurde. Der Angeklagte tritt auf dem Video (das von einer unbeteiligten Zeugin mit dem Handy gemacht wurde) deutlich erkennbar in Fußballmanier auf den Wehrlosen ein. Diese massive Reaktion des Angeklagten auf eine alltagstypische Verweigerungssituation zeigt, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Offenkundig hatte der Angeklagte seine Emotionen nicht unter Kontrolle. Damit weist er bestimmte charakterliche Mängel auf, die darauf hindeuten, dass der Angeklagte ohne eine Auszeit vom Straßenverkehr eine Gefährdung für die Verkehrssicherheit bedeutet. In der Tat vom 3.1.2016 scheint noch einmal das hohe Aggressionspotential des Angeklagten auf, der offenkundig nicht mit Stresssituationen im Straßenverkehr umgehen kann.

Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 25.1.2017, 1022 Ds 461 Js 163565/16 jug, Abruf-Nr. 195604 unter www.iww.de.

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