Parkmanöver:
Wenn der Blumenkübel im Weg steht…
| Muss eine Stadt Schadenersatz leisten, wenn ein Autofahrer bei Dunkelheit mit einem zur Verkehrsberuhigung in einer Spielstraße aufgestellten Blumenkübel kollidiert? Diese Frage hat nun das Landgericht (LG) Koblenz entschieden. |
Ein Autofahrer hatte seine Tochter besucht. Diese wohnte in einer Spielstraße. Zur Verkehrsberuhigung hatte die Stadt dort zwei anthrazitfarbene Blumenkübel aufgestellt. Eine besondere Markierung oder Kennzeichnung fehlte. Als der Mann abends gegen 18:00 Uhr in die Straße einbog, übersah er einen der beiden Kübel und kollidierte mit ihm. An seinem Auto entstand ein Schaden von rund 1.300 Euro.
Der Kläger verlangte nun von der Stadt den Ersatz des Schadens. Seine Begründung: An jenem Abend sei es dunkel, regnerisch und neblig gewesen. Die Blumenkübel seien von der Stadt nicht ausreichend gekennzeichnet worden, sodass er sie trotz äußerst langsamer Fahrweise nicht habe erkennen können. Die Stadt habe auch nichts unternommen, nachdem es in der Vergangenheit schon mehrfach zu Unfällen gekommen sei. Der Kläger meinte daher, nicht er, sondern die Beklagte sei für den Schaden verantwortlich. Die Stadt verweigerte die Zahlung. Sie meinte, der Kläger müsse für die Folgen seiner eigenen Unachtsamkeit selbst aufkommen.
So sah es auch das LG: Zwar habe der Stadt die Sicherung des Verkehrs in der Straße oblegen. Die Begrenzung einer verkehrsberuhigten Straße durch Blumenkübel sei aber zulässig. Der Autofahrer sei in jedem Fall ganz überwiegend selbst an dem Unfall schuld. Ihm sei nämlich von früheren Besuchen bei seiner Tochter bekannt gewesen, dass in der Straße Blumenkübel aufgestellt waren. Bei Dunkelheit habe er nur so schnell fahren dürfen, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke hätte anhalten können. Außerdem habe er in dem verkehrsberuhigten Bereich ohnehin nur Schritttempo fahren dürfen. Einen Fahrer, der bei Dunkelheit auf ein unbeleuchtetes unbewegtes Hindernis auffahre, treffe regelmäßig ein Verschulden. Unter diesen Umständen sei dem Kläger ein derart schwerwiegender Verkehrsverstoß unterlaufen, dass es auf die Frage nicht mehr ankomme, ob die Blumenkübel ausreichend gekennzeichnet waren.
Quelle | LG Koblenz, Urteil vom 5.8.2022, 5 O 187/21
Showbeleuchtung eines Sattelzugs:
Erlöschen der Betriebserlaubnis nicht automatisch
| Das Anbringen von 110 zusätzlichen LED-Leuchten an einem Lastkraftwagen führt nicht zwingend dazu, dass die Betriebserlaubnis erlischt. Hierfür muss das Gericht feststellen, dass die Beleuchtung eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer erwarten lässt. Dies hat das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) in einem Rechtsbeschwerdeverfahren entschieden. |
Das war geschehen
Der Betroffene hatte an seiner Sattelzugmaschine mehr als 110 zusätzliche LED-Leuchteinheiten angebracht gesondert schaltbar durch einen eigenen Stromkreis. Die Zusatzbeleuchtung diente dazu, das Fahrzeug bei einer Showveranstaltung zu verwenden. Sie war während einer Fahrt in den Abendstunden im September 2020 auf der Bundesautobahn 6 eingeschaltet, weshalb die Polizei den Mann anhielt und kontrollierte. Da die Polizei meinte, dass die Betriebserlaubnis durch die Zusatzbeleuchtung erloschen war, leitete sie ein Bußgeldverfahren ein.
Das Amtsgericht (AG) verurteilte den Fahrzeugführer wegen vorsätzlicher Inbetriebnahme eines LKW trotz erloschener Betriebserlaubnis zu einer Geldbuße von 360 Euro. Doch seine Rechtsbeschwerde hatte vorläufig Erfolg. Der Bußgeldsenat hat das Urteil aufgehoben und das Verfahren zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Nach der Entscheidung des OLG hat das AG eine von der Zusatzbeleuchtung ausgehende Gefährdung von Verkehrsteilnehmern nicht hinreichend festgestellt. Die einschlägige Vorschrift der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) setze zwar keine konkrete Gefährdung voraus. Es sei aber erforderlich, dass der Bußgeldrichter im Einzelfall ermittele, ob die Änderungen eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern erwarten lasse. Der reine Verweis auf die hohe Zahl der LED-Leuchten genüge nicht. Denn allein die hieraus folgende besondere Auffälligkeit des LKW bei eingeschalteter Beleuchtung begründe nicht die Erwartung, dass andere Verkehrsteilnehmer in gefährdender Weise vom Verkehrsgeschehen abgelenkt werden.
Das AG hätte sich zumindest mit der Leuchtkraft und Farbgebung der LED-Leuchten und einer daraus möglicherweise folgenden Blendwirkung auseinandersetzen müssen. Dass der Einbau lichttechnischer Anlagen per se zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führe wovon das Amtsgericht ausgegangen war hält der Senat nicht für zutreffend. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Einbau der Leuchten eine Veränderung der notwendigen lichttechnischen Anlagen des Fahrzeugs (wie beispielsweise bei getönten Rückleuchten) zur Folge hätte. Da die zusätzlichen LED-Leuchten in einem gesonderten Stromkreis getrennt von der notwendigen Beleuchtung schaltbar gewesen seien, sei diese Voraussetzung nicht gegeben.
Zurück zum Amtsgericht
In dem erneuten Verfahren wird das AG nun klären müssen, ob die Showbeleuchtung zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führen kann. Dabei wird ggf. auch zu beachten sein, dass das Anbringen von nicht vorgeschriebenen oder unzulässigen lichttechnischen Einrichtungen am Fahrzeug gemäß der Straßenverkehrszulassungsordnung (§§ 69a Abs. 3 Nr. 18 i.V.m. 49a StVZO) auch ungeachtet einer möglichen Gefährdung bußgeldbewehrt ist (Regelsatz nach Bußgeldkatalog-Verordnung (Nr. 221.2 BKatV) 20 Euro).
Quelle | OLG Zweibrücken, Beschluss vom 24.5.22, 1 OWi SsBs 101/21
Unfallflucht:
Auch Fußgänger können sich strafbar machen
| Eine Strafbarkeit wegen Unfallflucht unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ist nicht nur Autofahrern vorbehalten. Auch Fußgänger können sich strafbar machen. Das musste eine 57-jährige Frau vor dem Amtsgericht (AG) München erfahren. Das AG verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu jeweils 60 Euro. |
Die Angeklagte war im Sommer 2021 abends mit ihrem Hund am Isarhochufer spazieren gegangen. Direkt neben dem Fußweg verläuft ein Radweg. Auf diesem fuhr die Geschädigte mit ihrem Rad. Die Angeklagte ließ ihren Hund von der Leine, der zusammen mit dem Hund ihrer Begleiterin umhertollte. Dabei geriet er vor das Rad der Geschädigten, deren Vorderrad blockierte. Die Geschädigte überschlug sich und blieb zunächst bewegungslos liegen. Am Rad entstand ein Schaden von etwa 120 Euro. Die Geschädigte wurde dabei erheblich verletzt. Sie erlitt u.a. ein Schleudertrauma, Schürfwunden und Prellungen. Sie war eine Woche arbeitsunfähig krankgeschrieben. Eine Begleiterin der Geschädigten kümmerte sich um die Erstversorgung. Die Angeklagte hingegen entfernte sich, ohne sich um die gestürzte Person zu kümmern, und ohne ihre Personalien zu hinterlassen. Die Angeklagte räumte ihr Fehlverhalten in der Hauptverhandlung ein. Sie erklärte, es tue ihr leid, dass der Unfall passiert sei. Ihre Reaktion begründete sie damit, dass sie ihren Hund habe suchen müssen. Er sei so panisch gewesen, dass sie Angst gehabt habe, er laufe auf die Straße. Der Hund habe seit dem Vorfall Angst vor Fahrrädern, es habe monatelanger Arbeit mit Hundetrainern bedurft, bis der Hund wieder Gassi gehen wollte. Zudem verpflichtete sie sich, 800 Euro Schmerzensgeld an die Geschädigte zu zahlen.
Das AG sah zwar zugunsten der Angeklagten, dass sie die Tatumstände eingeräumt hat, bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und ihr Bedauern über die Tatfolgen nicht nur für ihren eigenen Hund, sondern auch für die Geschädigte in Wort und vor allem im zu Protokoll gegebenen Schuldanerkenntnis über ein Schmerzensgeld von 800 Euro zum Ausdruck gebracht hat. Zugunsten der Angeklagten sprach, dass sie sich spontan wegen der Suche nach ihrem abgängigen Hund vom Unfallort entfernt hat. Es wäre der Angeklagten jedoch durch kurze Angabe ihrer Personalien möglich gewesen wie später geschehen ihren Hund wiederzufinden.
Quelle | AG München, Urteil vom 11.4.22, 941 Cs 442 Js 190826/21, PM 19/22 vom 20.5.2022
Entzug der Fahrerlaubnis:
Kein Beweisverwertungsverbot bei anonymer Anzeige wegen Drogenkonsum
| Eine Fahrerlaubnis kann auch aufgrund einer anonymen Anzeige entzogen werden. Das machte das Verwaltungsgericht (VG) Cottbus deutlich und lehnte den Eilantrag eines Autofahrers gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis ab. |
Das war geschehen
Ursache des Verfahrens war, dass die zuständige Straßenverkehrsbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen hatte, nachdem sie von einem der Polizei anonym zugespielten Drogengutachten Kenntnis erlangt hatte. Das Drogengutachten war beim Antragsteller in einem familienrechtlichen Verfahren durchgeführt worden. Es wies den Konsum von Kokain und Amphetamin nach. Der Antragsteller wandte sich gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis. In seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz machte er hinsichtlich des Gutachtens ein Beweisverwertungsverbot geltend. Außerdem habe er vor drei Monaten ein Entzugsprogramm durchgeführt und befinde sich in Behandlung. Daher sei ein weiterer Drogenkonsum nicht zu erwarten.
Schutzinteresse der Allgemeinheit überwiegt
Das Gericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des Gutachtens nicht bestehe. Es sei zu unterscheiden zwischen strafrechtlichen und gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis diene dem Schutz von Leben und Gesundheit unbeteiligter Verkehrsteilnehmer vor Gefahren, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgingen. Dieses Schutzinteresse überwiege das Interesse des Antragstellers, anzunehmen, dass das ihn betreffende Gutachten außerhalb des familienrechtlichen Verfahrens keine Folgen habe. Im Hinblick auf staatliche Schutzpflichten sei es nicht hinnehmbar, wenn die Fahrerlaubnisbehörde trotz Kenntnis von der Ungeeignetheit eines Fahrerlaubnisinhabers nicht einschreiten dürfte und die Gefahr in Kauf nehmen müsste.
Harte Drogen: kein Führen von Kraftfahrzeugen
Durch den Konsum harter Drogen (Kokain, Amphetamin) habe sich der Antragsteller auch zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erwiesen, weshalb ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen gewesen sei. Dabei sei es zum jetzigen Zeitpunkt unerheblich, dass der Antragsteller an einer Drogenentzugstherapie teilgenommen habe und sich auch weiterhin in Behandlung befinde. Eine Entwöhnung und Entgiftung sei erst nach einer einjährigen Abstinenzphase anzunehmen. Da eine einjährige Abstinenz noch nicht nachgewiesen sei, habe der Antragsteller seine Fahreignung noch nicht wiedererlangt.
Quelle | VG Cottbus, Beschluss vom 28.4.2022, VG 7 L 82/22