Umsatzsteuer:
Briefkastensitz ist eine vorsteuerfähige Adresse
| Der Vorsteuerabzug setzt u. a. voraus, dass die Rechnung die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthält. Zwei Revisionsverfahren hatten den Bundesfinanzhof veranlasst, beim Europäischen Gerichtshof nachzufragen, ob die Angabe einer Briefkastenadresse mit nur postalischer Erreichbarkeit des leistenden Unternehmers ausreicht. Die Antwort lautet ja. |
Es ist nicht erforderlich, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Leistungserbringers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der Rechnung angegeben ist. Der Europäische Gerichtshof befand, dass Name, Adresse und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID) ausreichende Hinweise sind, um die Verbindung zwischen der wirtschaftlichen Transaktion und dem konkreten Wirtschaftsteilnehmer herzustellen. Dabei ist die USt-ID die wesentliche Informationsquelle.
Quelle | EuGH, Urteil vom 15.11.2017, C-374/16 und C-375/16, Abruf-Nr. 197763 unter www.iww.de.
Gesellschaft bürgerlichen Rechts:
Stirbt ein Gesellschafter, darf nur sein Nachfolger die Berichtigung des Grundbuchs bewilligen
| Nach dem Tod eines Gesellschafters einer im Grundbuch als Eigentümerin eingetragenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist nicht dessen Erbe, sondern der Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil berechtigt, die Berichtigung des Grundbuchs – neben den übrigen Bewilligungsbefugten – zu bewilligen. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) München hin. Bestehe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus zwei Personen, so ende sie automatisch, wenn einer der beiden Gesellschafter verstirbt. Das folge daraus, dass es eine Einpersonengesellschaft im Recht der BGB-Gesellschaft nicht gibt. Zwar bestehe eine Besonderheit. Bestimme der Gesellschaftsvertrag, dass die Gesellschaft mit dem Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst wird, sondern unter Ausscheiden des Verstorbenen fortbestehen soll (Fortsetzungsklausel), wachse der Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern an, bei einer Zwei-Personen-Gesellschaft also dem verbliebenen Gesellschafter. Allerdings sei eine reine Fortsetzungsklausel für eine von Anfang an nur aus zwei Personen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts wenig sinnvoll. Folge sei nämlich auch hier die sofortige Vollbeendigung der Gesellschaft. Allerdings trete der überlebende Gesellschafter die Gesamtrechtsnachfolge des Beteiligten hinsichtlich des Gesellschaftsanteils an. Er müsse dann auch eine Berichtigung des Grundbuchs bewilligen.
Quelle | OLG München, Beschluss vom 4.7.2017, 34 Wx 123/17, Abruf-Nr. 198239 unter www.iww.de.
Aktuelle Gesetzgebung:
Wichtige Aspekte zum neuen Transparenzregister
| Mit dem Inkrafttreten des neuen Geldwäschegesetzes am 26.6.2017 wurde auch das Transparenzregister (www.transparenzregister.de) eingeführt. An dieses Register müssen die wirtschaftlich Berechtigten gemeldet werden, die vor allem hinter Kapitalgesellschaften und eingetragenen Personengesellschaften stehen. Für viele unbemerkt mussten die Meldungen erstmals bis zum 1.10.2017 erfolgen. Wer was melden muss und welche Befreiungen bestehen, zeigt die folgende Übersicht. |
Wer muss was melden?
Nach dem Geldwäschegesetz sind zur Meldung insbesondere verpflichtet:
- Gesetzliche Vertreter von juristischen Personen des Privatrechts (u. a. GmbH, AG),
- rechtsfähige Personengesellschaften (u. a. OHG, KG, Partnerschaftsgesellschaft; mangels Registereintragung nicht die GbR) sowie
- Trustees und Treuhänder.
Die Meldepflichtigen haben ihre wirtschaftlich Berechtigten an das Register zu melden. Dabei gelten unter Umständen unterschiedliche Definitionen für Personen- und Kapitalgesellschaften, Stiftungen etc. Bei juristischen Personen zählt zu den wirtschaftlich Berechtigten grundsätzlich jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar
- mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile an der Gesellschaft hält oder
- mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert oder
- auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.
Mitteilungspflichtig sind folgende Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten:
- Vor- und Nachname,
- Geburtsdatum,
- Wohnort,
- Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses (d. h. Angaben, woraus die Stellung als wirtschaftlich Berechtigter folgt, z. B. Höhe der Kapitalanteile).
Ausnahmen von der Meldepflicht
Von der Meldepflicht gibt es eine Ausnahme, wenn sich die wirtschaftlich Berechtigten mit den vorgenannten Daten aus anderen öffentlich zugänglichen Registern elektronisch abrufen lassen. Hierzu zählen das Handels-, Partnerschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und das Unternehmensregister.
Ist dies der Fall, bedarf es keiner gesonderten Meldung an das Transparenzregister. Eine Negativmeldung ist also nicht erforderlich.
Einsichtnahme
Die Einsichtnahme in das Register wird ab dem 27.12.2017 möglich sein – und zwar für
- die im Gesetz genannten Behörden (u. a. Strafverfolgungsbehörden),
- die nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten sowie
- jeden, der ein berechtigtes Interesse darlegen kann.
Sanktionen und weitere Informationen
Bei einem Verstoß gegen die Meldepflicht drohen Bußgelder von bis zu 100.000 EUR. In besonders schweren Fällen können sogar Bußgelder in Millionenhöhe verhängt werden.
Praxishinweis | Nicht zuletzt wegen der kurzen Umsetzungszeit ist davon auszugehen, dass bisher viele Meldungen (noch) nicht erfolgt sind. Daher ist es zu begrüßen, dass das Bundesverwaltungsamt in seinem Fragen-Antworten-Katalog (FAQ) dargelegt hat, dass im Ernstfall im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung geprüft wird, ob die Verhängung eines Bußgelds angezeigt ist.
Um ein Bußgeld zu verhindern, sollten alle meldepflichtigen Unternehmenseinheiten unverzüglich prüfen, ob eine Meldung an das Transparenzregister erfolgen muss. Weitere Informationen gibt es insbesondere unter:
www.transparenzregister.de und
Quelle | Geldwäschegesetz vom 23.6.2017, BGBl I 2017, S. 1822
Digitaler Binnenmarkt:
EU-Verhandlungsführer einigen sich darauf, das ungerechtfertigte Geoblocking zu beenden
| Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission haben sich darauf geeinigt, dass das ungerechtfertigte Geoblocking für Verbraucher beendet wird, die EU-weit Produkte oder Dienstleistungen kaufen wollen. Die neuen Vorschriften werden den elektronischen Handel zum Nutzen der Verbraucher und Unternehmen vorantreiben, da diese sich die Vorteile der wachsenden europäischen Online-Märkte nun besser zunutze machen können. |
Nach den neuen Regeln werden die Europäerinnen und Europäer selbst wählen können, auf welcher Website sie einkaufen wollen, ohne gesperrt oder umgeleitet zu werden. Die Regelungen sollten bereits zu Weihnachten 2018 gelten.
Die Bürger sollen dann in der Lage sein, ihre neuen Elektrogeräte online zu kaufen, einen Mietwagen zu reservieren oder Konzertkarten zu bestellen, und zwar grenzüberschreitend wie im eigenen Land. Dabei werden sie auf keine Hindernisse mehr stoßen, die etwa darin bestehen, dass die Zahlung mit einer bestimmten ausländischen Bank- oder Kreditkarte verlangt wird. Für die Unternehmen bedeutet dies mehr Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Geschäft.
Die neuen Vorschriften definieren drei spezifische Situationen, in denen von vornherein keine Rechtfertigung und keine objektiven Kriterien bestehen, um Kunden aus verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten unterschiedlich zu behandeln:
- Der Verkauf von Waren ohne physische Lieferung
- Beispiel: Ein belgischer Kunde möchte einen Kühlschrank kaufen und findet das beste Angebot auf einer deutschen Website. Der Kunde ist berechtigt, die Ware zu bestellen und beim Händler abzuholen oder die Lieferung selbst zu organisieren.
- Verkauf von elektronisch erbrachten Dienstleistungen
- Beispiel: Eine bulgarische Kundin möchte Hosting-Services für ihre Website von einem spanischen Unternehmen kaufen. Sie wird nun Zugang zu diesem Service haben, sich registrieren und diesen Service kaufen können, ohne zusätzliche Gebühren im Vergleich zu einem spanischen Verbraucher bezahlen zu müssen.
- Der Verkauf von Dienstleistungen, die an einem bestimmten physischen Ort erbracht werden
- Beispiel: Eine italienische Familie kann eine Reise direkt zu einem Vergnügungspark in Frankreich kaufen, ohne auf eine italienische Website weitergeleitet zu werden.
Die Verordnung erlegt keine Verkaufsverpflichtung auf und harmonisiert die Preise nicht. Sie befasst sich jedoch mit der Diskriminierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen in Fällen, in denen sie nicht objektiv gerechtfertigt werden kann (z.B. durch MwSt.-Verpflichtungen oder andere rechtliche Anforderungen).
Die neuen Vorschriften treten unmittelbar nach Ablauf von neun Monaten nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft, um insbesondere Kleinhändlern die Anpassung zu ermöglichen.
Quelle | Europäische Kommission