Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 04.2023

3.04.2023
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EU-Recht: Geldwäscherichtlinie:

Wichtige Bestimmung zur Offenlegung von Daten in Register ist ungültig

| Die Bestimmung in der Geldwäscherichtlinie, die regelt, dass die Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer von im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingetragenen Gesellschaften in allen Fällen für alle Mitglieder der Öffentlichkeit zugänglich sein müssen, ist ungültig. Der mit dieser Maßnahme verbundene Eingriff in die durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden Charta) gewährleisteten Rechte ist weder auf das absolut Erforderliche beschränkt noch steht er in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel. So hat es nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. |

Breite Öffentlichkeit hat Zugang zu Daten auch online

Gemäß der Geldwäscherichtlinie wurde durch ein im Jahr 2019 erlassenes luxemburgischen Gesetz ein „Register der wirtschaftlichen Eigentümer“ geschaffen. Dieses Gesetz sieht vor, dass eine Reihe von Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer der eingetragenen Einrichtungen in dieses Register aufgenommen und gespeichert werden. Zu einem Teil dieser Informationen hat die breite Öffentlichkeit Zugang, u. a. über das Internet. Ferner hat ein wirtschaftlicher Eigentümer nach diesem Gesetz die Möglichkeit, bei Luxembourg Business Registers (LBR), dem Verwalter des Registers, zu beantragen, den Zugang zu solchen Informationen in bestimmten Fällen zu beschränken.

Betrofffene wirtschaftliche Eigentümer sahen ihre Grundrechte eingeschränkt

In diesem Zusammenhang wurden beim Bezirksgericht Luxemburg Klagen von einer luxemburgischen Gesellschaft und dem wirtschaftlichen Eigentümer einer solchen Gesellschaft eingereicht, die erfolglos bei LBR beantragt hatten, den Zugang der breiten Öffentlichkeit zu den sie betreffenden Informationen zu beschränken. Dieses Gericht vertrat die Ansicht, dass die Verbreitung solcher Informationen ein unverhältnismäßiges Risiko einer Beeinträchtigung der Grundrechte der betroffenen wirtschaftlichen Eigentümer mit sich bringen könne, und stellte daher dem EuGH eine Reihe von Vorlagefragen nach der Auslegung gewisser Bestimmungen der Geldwäscherichtlinie und zu deren Gültigkeit im Lichte der Charta.

EuGH: schwerwiegender Eingriff in Grundrechte u.a. auf Achtung des Privatlebens

Jetzt stellte der EuGH die bestehende Ungültigkeit der Bestimmung der Geldwäscherichtlinie fest, nach der die Mitgliedstaaten in allen Fällen den Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer der in ihrem Gebiet eingetragenen Gesellschaften oder anderen juristischen Personen sicherzustellen haben. Nach Ansicht des EuGH stellt der Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens dar.

Quelle | EuGH, Urteil vom 22.11.2022, C-37/20 und C 601/20


Bundesfinanzministerium:

Unterstützung der Opfer des Erdbebens in der Türkei und in Syrien: Maßnahmen der Finanzbehörden

| Um die Betroffenen des Erdbebens in der Türkei und in Syrien zu unterstützen, hat das Bundesfinanzministerium im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Verwaltungsregelungen erlassen. Sie gelten für Unterstützungsmaßnahmen, die vom 6.2.2023 bis zum 31.12.2023 durchgeführt werden. |

Das Schreiben enthält Ausführungen zu folgenden Aspekten:

  • Nachweis steuerbegünstigter Zuwendungen,
  • Maßnahmen von steuerbegünstigten Körperschaften für durch das Erdbeben geschädigte Personen,
  • Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen,
  • Lohnsteuer,
  • Aufsichtsratsvergütungen,
  • Umsatzsteuer und
  • Schenkungsteuer.

Beachten Sie | Unter anderem genügt als Nachweis einer Spende ein Einzahlungs- oder Überweisungsbeleg, ohne dass eine Spendenbescheinigung vorgelegt werden muss.

Quelle | BMF-Schreiben vom 27.2.2023, IV C 4 – S 2223/19/10003 :019, Abruf-Nr. 233986 unter www.iww.de


Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften: Wechselseitiger Verkauf von Anteilen:

Anteilsrotation unter Wert ist nicht anzuerkennen

| Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass durch eine Anteilsrotation von zwei GmbH-Gesellschaftern untereinander kein Steuersparpotenzial generiert werden kann, wenn die Kaufpreise die realen Wertverhältnisse in krasser Weise verfehlen. |

Das war geschehen

Der Entscheidung des BFH lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem sich zwei zu jeweils 50 % an einer GmbH beteiligte Gesellschafter ihre Anteile im Wege einer Anteilsrotation gegenseitig zu einem Kaufpreis von 12.500 Euro veräußerten. Die Anschaffungskosten der GmbH-Anteile beliefen sich auf 500.000 Euro, sodass sich ein steuerlicher „Verlust“ vor Anwendung des Teileinkünfteverfahrens von 487.500 Euro ergab. Der gemeine Wert der GmbH belief sich entsprechend einer Wertermittlung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren auf ca. 1,5 Mio. Euro.

Das Finanzamt, das Finanzgericht (FG) Sachsen und auch der BFH sahen hierin einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne der Abgabenordnung (§ 42 AO).

Gesellschafter darf Anteile veräußern, …

Entsteht ein „Verlust“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 17 EStG) im Zuge einer Anteilsrotation aufgrund eines Kaufpreises, der den echten Wert des veräußerten GmbH-Anteils widerspiegelt, ist dieser Verlust auch für steuerliche Zwecke zu berücksichtigen. Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO liegt nicht vor. Denn es steht dem Gesellschafter frei, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert. Das gilt grundsätzlich auch, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt.

… aber den Verkauf nicht missbräuchlich gestalten

Entsteht der Verlust allerdings im Zuge einer Anteilsrotation, weil der Kaufpreis den Wert des veräußerten GmbH-Anteils krass verfehlt, führt dies zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil. Folglich ist die Anteilsrotation als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten anzusehen und der Veräußerungsverlust wird nicht anerkannt.

Quelle | BFH, Urteil vom 20.9.2022, IX R 18/21, Abruf-Nr. 233429 unter www.iww.de


Kryptowährungen:

Veräußerungsgewinne sind steuerpflichtig

| Erzielt ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Jahres aus dem Verkauf oder dem Tausch von Kryptowährungen Veräußerungsgewinne, sind diese als privates Veräußerungsgeschäft zu versteuern. Das hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. |

Das war geschehen

Ein Steuerpflichtiger hatte Kryptowährungen erworben, getauscht und wieder veräußert. Hierbei handelte es sich um private Geschäfte mit Bitcoins, Ethereum und Monero. 2017 erzielte er daraus einen Gewinn in Höhe von 3,4 Millionen Euro.

Mit dem Finanzamt kam es zum Streit, ob der Gewinn der Einkommensteuer unterliegt. Die vom Steuerpflichtigen beim Finanzgericht (FG) Köln erhobene Klage war überwiegend erfolglos und auch der BFH bejahte nun die Steuerpflicht.

Bundesfinanzhof: Kryptowährungen sind „anderes Wirtschaftsgut“

Bei Kryptowährungen handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die bei einer Anschaffung und Veräußerung innerhalb eines Jahres der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft unterliegen. Denn virtuelle Währungen (Currency Token, Payment Token) stellen nach Auffassung des BFH ein „anderes Wirtschaftsgut“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) dar.

Beachten Sie | Der Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen. Er umfasst neben Sachen und Rechten auch tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile, deren Erlangung sich ein Steuerpflichtiger etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer gesonderten selbstständigen Bewertung zugänglich sind.

Kryptowährungen sind Zahlungsmittel

Diese Voraussetzungen sind bei virtuellen Währungen gegeben. Bitcoin, Ethereum und Monero sind wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen. Sie werden auf Handelsplattformen und Börsen gehandelt, haben einen Kurswert und können für direkt zwischen Beteiligten abzuwickelnde Zahlungsvorgänge Verwendung finden. Technische Details virtueller Währungen sind für die Eigenschaft als Wirtschaftsgut nicht von Bedeutung.

Beachten Sie | Erfolgen Anschaffung und Veräußerung oder Tausch der Token innerhalb eines Jahres, unterliegen daraus erzielte Gewinne oder Verluste der Besteuerung. Gewinne bleiben aber steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Jahr weniger als 600 Euro beträgt (§ 23 Abs. 3 S. 5 EStG).

Ein strukturelles Vollzugsdefizit, das einer Besteuerung entgegensteht, liegt nicht vor: Denn für den BFH sind keine gegenläufigen Erhebungsregelungen vorhanden, die einer Besteuerung entgegenstehen und es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass seitens der Finanzverwaltung Gewinne und Verluste nicht ermittelt und erfasst werden können.

Beachten Sie | Dass es trotz aller Ermittlungsmaßnahmen der Finanzbehörden (z. B. Sammelauskunftsersuche) in Einzelfällen gelingen kann, sich der Besteuerung zu entziehen, begründet kein strukturelles Vollzugsdefizit.

Quelle | BFH, Urteil vom 14.2.2023, IX R 3/22, Abruf-Nr. 234091 unter www.iww.de, PM Nr. 13/23 vom 28.2.2023

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