Allgemeine Geschäftsbedingungen:
Gültigkeitsdauer einer mobilen Briefmarke
| Die Klausel „Die Mobile Briefmarke ist lediglich als ad-hoc Frankierung zum sofortigen Gebrauch gedacht. Erworbene Mobile Briefmarken verlieren daher mit Ablauf einer 14-tägigen Frist nach Kaufdatum ihre Gültigkeit. Das maßgebliche Kaufdatum ist in der Auftragsbestätigung genannt. Eine Erstattung des Portos nach Ablauf der Gültigkeit ist ausgeschlossen.“ ist nach § 307 BGB unwirksam. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden. |
Es gab damit der Unterlassungsklage der Verbraucherzentrale statt. Es handele sich bei dem Erwerb einer Briefmarke um einen Kaufvertrag und nicht um einen Frachtvertrag.
Das bürgerliche Recht kenne für Verpflichtungen aus schuldrechtlichen Verträgen im Allgemeinen nur die im Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: §§ 194 ff. BGB) geregelten Verjährungsvorschriften, nicht dagegen besondere, von der Frage der Verjährung unabhängige Ausschlussfristen. Es handele sich um eine unangemessene und erhebliche zeitliche Beschränkung des Erfüllungsanspruchs.
Das OLG hob hervor: Durch die Beschränkung der Gültigkeit auf 14 Tage wird der Erfüllungsanspruch auf etwa ein Prozent der gesetzlich vorgesehenen Verjährungsfrist verkürzt.
Quelle | OLG Köln, Urteil vom 13.6.2023, I-3 U 148/22, Abruf-Nr. 239178 unter www.iww.de
BFH-Entscheidung:
Keine verdeckte Gewinnausschüttung ohne Zuwendungswillen
| Eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter setzt einen Zuwendungswillen voraus und ein solcher kann aufgrund eines Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers fehlen. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) ist es insoweit maßgebend, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem Irrtum unterlegen ist, nicht hingegen, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre. |
Hintergrund: Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) handelt es sich vereinfacht um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern.
Das war geschehen
Geklagt hatte eine GmbH, deren Stammkapital durch die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin u. a. durch die Einbringung einer Beteiligung von 100 % an einer weiteren GmbH erbracht werden sollte. Bei der einzubringenden GmbH wurde eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die die Gesellschafter-Geschäftsführerin begünstigte. Das Finanzamt sah hierin eine vGA der GmbH an ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin. Dagegen argumentierte die GmbH, dass die Zuwendung an die Gesellschafter-Geschäftsführerin irrtümlich wegen eines Versehens bei der notariellen Beurkundung der Kapitalerhöhung erfolgt sei.
So entschieden die gerichtlichen Instanzen
Das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein wies die Klage ab, weil einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführer der von der GmbH dargelegte Irrtum nicht unterlaufen wäre. Der BFH hat nun aber klargestellt, dass es für die Frage, ob der für die Annahme einer vGA erforderliche Zuwendungswille vorliegt, allein auf die Person der konkreten Gesellschafter-Geschäftsführerin ankommt. Er verwies den Streitfall deshalb zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurück.
Beachten Sie | In seiner Urteilsbegründung zum Vorliegen einer vGA führt der BFH aber auch Folgendes aus: Der handelnde Gesellschafter muss nicht mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis handeln, er muss den Tatbestand der vGA nicht kennen und er muss das Geschehene auch nicht richtig würdigen. Vielmehr genügt in aller Regel ein persönlich zurechenbares Handeln.
Diese Grundsätze gelten aber nicht uneingeschränkt, da es zur Annahme einer vGA so wie bei einer offenen Gewinnausschüttung eines Zuwendungswillens bedarf.
Quelle | BFH, Urteil vom 22.11.2023, I R 9/20, Abruf-Nr. 240822 unter www.iww.de, PM 20/24 vom 11.4.2024
Ausländische Bankkonten:
Datenübermittlung zu Informationsaustausch ist verfassungsgemäß
| Schweizer Banken können Informationen zu Konten und Depots deutscher Staatsangehöriger an die deutsche Finanzverwaltung übermitteln. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. Er sieht in der Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten an die deutschen Steuerbehörden keine Verletzung der Grundrechte der inländischen Steuerpflichtigen. |
Geklagt hatten Steuerpflichtige, die sich durch Übermittlung der Kontostände ihrer Schweizer Bankkonten in ihren Grundrechten verletzt sahen, vor allem in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Nachdem bereits das Finanzgericht (FG) Köln diese Ansicht nicht teilte, bestätigte nun auch der BFH die Verfassungsmäßigkeit der Übermittlung von Informationen zu ausländischen Bankkonten an die deutschen Steuerbehörden. Jedenfalls ist die Übermittlung der Informationen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung gerechtfertigt.
Beachten Sie | Deutschland sowie mehrere andere Staaten haben sich zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung dazu verpflichtet, Informationen zu Bankkonten auszutauschen, u. a. werden hierfür die Kontostände ausländischer Bankkonten an die deutsche Steuerverwaltung übermittelt. Der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten dient der Sicherung der Steuerehrlichkeit und der Verhinderung von Steuerflucht.
Quelle | BFH, Urteil vom 23.1.2024, IX R 36/21, Abruf-Nr. 240598 unter www.iww.de; PM 17/24 vom 28.3.2024
Widerruf der Erlaubnis:
Kein Mietwagenverkehr ohne Betriebssitz
| Ohne Betriebssitz kann kein Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen betrieben werden. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem Eilverfahren entschieden. |
Behörde widerrief Erlaubnis
Der Antragsteller ist Inhaber einer vom Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) erteilten Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit insgesamt zehn Mietwagen nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Nach den Feststellungen der Behörde fanden sich an der vom Antragsteller angegeben Adresse anders als von ihm ursprünglich behauptet weder Büroräume noch reservierte Stellplätze für die Fahrzeuge. Daraufhin widerrief die Behörde die Erlaubnis unter Anordnung der sofortigen Vollziehung.
Verwaltungsgericht bestätigt Behörde
Das VG hat den hiergegen gerichteten Eilantrag zurückgewiesen. Zu Recht sei die Behörde von einer fehlenden Zuverlässigkeit des Antragstellers ausgegangen. Denn dieser habe gegen eine Kernpflicht des Mietwagenverkehrs verstoßen.
Das wesentliche Merkmal des Mietwagenverkehrs bestehe darin, dass Aufträge nicht an beliebigen Orten, sondern grundsätzlich nur am Betriebssitz entgegengenommen werden dürften; dorthin müssten die Fahrzeuge daher regelmäßig nach Beendigung eines jeden Auftrags zurückkehren. Die Begründung und Unterhaltung eines in der Genehmigung festgeschriebenen Betriebssitzes sei daher Voraussetzung für die Erfüllung der Rückkehrpflicht. Das Rückkehrgebot sei nicht Selbstzweck, sondern solle auf wirksame Weise unterbinden, dass Mietwagen nach Beendigung eines Beförderungsauftrags taxiähnlich auf öffentlichen Straßen und Plätzen bereitgestellt würden und dort Beförderungsaufträge annähmen.
Das VG ließ offen, ob ungeachtet dessen der Widerruf auch auf die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit des Antragstellers hätte gestützt werden können. Es spreche allerdings einiges dafür, dass dies schon bei der Genehmigungserteilung der Fall gewesen sei. Ein Mietwagenunternehmer müsse über ein angemessenes Eigenkapital verfügen, was hier nicht ersichtlich sei. Der Zeitwert der Fahrzeuge selbst dürfe anders als von der Behörde bei Genehmigungserteilung fälschlich angenommen gerade nicht berücksichtigt werden.
Quelle | VG Berlin, Beschluss vom 25.3.2024, VG 11 L 53/24, PM vom 2.4.2024
Mindestlohn:
Keine einseitige Umstellung von jährlicher Sonderzahlung auf monatliche Zahlungen durch Arbeitgeber
| Die Zweifelsregelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 271 Abs. 2 BGB) gestattet es einem Arbeitgeber nicht, eine dem Arbeitnehmer bisher zustehende jährliche Einmalzahlung wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld kraft einseitiger Entscheidung stattdessen in anteilig umgelegten monatlichen Teilbeträgen zu gewähren, um sie „pro rata temporis“ also zeitanteilig auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen zu können. Diese Auffassung vertritt das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg im Streit über die Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs durch Sonderzahlungen. |
Das LAG hat die Revision zugelassen.
Quelle | LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.1.2024, 3 Sa 4/23