Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 07.2024

1.07.2024
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Erweitertes Führungszeugnis:

Kostenerstattungen durch kirchlichen Arbeitgeber kein Arbeitslohn

| Der Bundesfinanzhof hat entschieden: Kostenerstattungen eines kirchlichen Arbeitgebers an seine Beschäftigten für die Erteilung erweiterter Führungszeugnisse, zu deren Einholung der Arbeitgeber zum Zwecke der Prävention gegen sexualisierte Gewalt kirchenrechtlich verpflichtet ist, führen nicht zu Arbeitslohn. |

Die Einholung der erweiterten Führungszeugnisse durch die Arbeitnehmer erfolgte aufgrund einer nur die kirchlichen Rechtsträger, nicht aber die Arbeitnehmer treffenden (kirchenrechtlichen) Verpflichtung.

Durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasste, zu Lohn führende Zuwendungen erbringt der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern aber regelmäßig nicht, wenn er ausschließlich eine eigene, insbesondere nicht gegenüber den Arbeitnehmern bestehende Verpflichtung erfüllt.

Die zur Erfüllung einer entsprechenden Verpflichtung entstehenden Kosten wendet der Arbeitgeber in einer solchen Konstellation im eigenen Interesse auf. Sie sind Ausfluss seiner eigenbetrieblichen Tätigkeit.

Beachten Sie | Haben die Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber für dessen eigenbetriebliche Tätigkeit zu tragenden Kosten (wie im Streitfall) zunächst aus eigenen Mitteln verauslagt, wendet der Arbeitgeber ihnen mit der Erstattung ihrer Aufwendungen keinen Vorteil zu, der sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweisen könnte.

Quelle | BFH, Urteil vom 8.2.2024, IV R 19/22, Abruf-Nr. 24142 unter www.iww.de


Genehmigungspflicht:

Keine schwimmende Bar auf der Havel

| Die Nutzung eines Bootes als schwimmende Bar auf der Havel muss nach einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin umgehend beendet werden. |

Boot = bauliche Anlage?

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Bootes, das er überwiegend an Dritte vermietet, im Sommer aber an drei Tagen am Wochenende zum Ausschank von Getränken an Gäste nutzt. Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt forderte ihn im August 2023 sofort vollziehbar auf, die schwimmende Bar innerhalb einer Woche ab Zugang der Anordnung „zu beseitigen“. Zur Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, die auf einer Plattform betriebene Bar sei nach dem Berliner Wassergesetz genehmigungsbedürftig; eine Genehmigung werde aber nicht erteilt.

Der Antragsteller hat um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er meint, bei seinem Boot handele es sich weder um eine bauliche Anlage im Wasser noch um eine schwimmende Plattform, sondern um ein zugelassenes Sportboot. Es werde wegen der Vermietung an Dritte auch nicht vorwiegend stationär genutzt.

Während der Woche Sportboot, an Wochenenden Anlage im Gewässer

Das VG hat die Rechtmäßigkeit der Anordnung überwiegend bestätigt. Bei der schwimmenden Bar handele es sich um eine nicht genehmigte Anlage, deren Beseitigung die Wasserbehörde nach dem Berliner Wassergesetz habe anordnen dürfen. Auch wenn das Boot während der Woche als Sportboot einzustufen sei, führe seine wiederkehrende stationäre Nutzung als schwimmende Bar in der Sommersaison von Freitagabend bis Sonntag dazu, dass es in diesem Zeitraum als Anlage im Gewässer einzustufen sei. Diese Nutzung überschreite qualitativ die Grenze der gemeinverträglichen Nutzung des Gewässers und stelle sich damit wie eine Sondernutzung dar.

Strenger Maßstab war anzulegen

Wegen der besonderen Bedeutung, die dem Wasser für die Allgemeinheit wie für den Einzelnen zukomme und mit Rücksicht darauf, dass das Wasser und der Wasserhaushalt gegenüber Verunreinigungen und sonstigen nachteiligen Einwirkungen in besonderer Weise anfällig sei, sei ein strenger Maßstab gerechtfertigt. Daher könne der Antragsteller auch keine Sondernutzungserlaubnis beanspruchen.

Das VG beanstandete den Bescheid allerdings hinsichtlich der zur Durchsetzung der Verfügung angedrohten Ersatzvornahme, da nur der Antragsteller selbst die stationäre Nutzung unterlassen könne und es sich somit um eine unvertretbare Handlung handele.

Quelle | VG Berlin, Beschluss vom 19.1.2024, VG 10 L 419.23, PM 4/24


Einstweilige Verfügung:

Bericht über nicht rechtskräftige Verurteilung anlässlich Kommunalwahl darf weiter online stehen

| Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken bestätigte, dass in einer Tageszeitung anlässlich einer damals anstehenden Neuwahl des Ortsvorstehers zulässig über die erstinstanzliche strafrechtliche Verurteilung eines lokalen Bauunternehmers berichtet worden sei, der mit zwei der Kandidaten verwandt ist. |

Das war geschehen

Eine große pfälzische Tageszeitung berichtete in ihrer Online-Ausgabe vom 30.6.2023 und in ihrer Print-Ausgabe vom 1.7.2023 über die damals anstehende Neuwahl eines Ortsvorstehers. Diese war notwendig geworden, weil der bisherige Ortsvorsteher nach diversen Anfeindungen zurückgetreten war.

Im Artikel wurden die drei Kandidaten vorgestellt und dabei erwähnt, dass zwei der Kandidaten mit einem lokalen Bauunternehmer und Landwirt verwandt seien, dem Anwohner vorwerfen, für den stark angestiegenen Lkw-Verkehr im Ort verantwortlich zu sein. Dabei wurde auch berichtet, dass der Bauunternehmer erstinstanzlich zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung u.a. wegen Beleidigung, Nötigung, Bedrohung und versuchter gefährlicher Körperverletzung von Anwohnern verurteilt worden sei.

Auf eine Abmahnung des Bauunternehmers hin schwärzte die Zeitung das E-Paper und ergänzte den Online-Beitrag um den Hinweis, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig sei. Der Bauunternehmer verlangte hierauf im gerichtlichen Eilverfahren den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Zeitung, wonach sie den ihn betreffenden Bericht unterlassen sollte. Das Landgericht (LG) wies den Antrag zurück. Hiergegen hat der Bauunternehmer sofortige Beschwerde eingelegt. Diese wies das OLG zurück.

So sah es das Oberlandesgericht

Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass es schon an der erforderlichen Eilbedürftigkeit für das beschrittene gerichtliche Eilverfahren fehle. Der Bauunternehmer habe mehr als fünf Wochen mit seinem Antrag gewartet und die Zeitung habe den Online-Artikel um den Zusatz, wonach das strafrechtliche Urteil noch nicht rechtskräftig sei, bereits ergänzt.

Zulässige Verdachtsberichterstattung

Unabhängig davon handele es sich um eine zulässige Verdachtsberichterstattung. Zwar könnten anhand der im Artikel genannten Einzelinformationen zumindest die Einwohner des betroffenen Ortsteils den Bauunternehmer identifizieren. Der Bericht beruhe aber auf wahren Tatsachen, nämlich die tatsächliche Verurteilung des Bauunternehmers. Außerdem werde zumindest durch den Zusatz klar, dass die Verurteilung auch noch nicht rechtskräftig sei.

Persönlichkeitsrecht vs. Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit

Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Bauunternehmers stehe nicht außer Verhältnis zum Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit. Es gehöre gerade zu den Aufgaben der Presse, in Zusammenhang mit demokratischen Prozessen zu berichten. Hierzu gehöre auch die Berichterstattung über den Hintergrund der Kandidaten, insbesondere deren verwandtschaftliche Beziehungen, da diese möglicherweise Einfluss auf zukünftige Entscheidungen der Kandidaten haben könnten. Sowohl der erhöhte Lkw-Verkehr im Ort, als auch die erstinstanzlich abgeurteilten Straftaten des Antragstellers zulasten der Anwohner seien von lokalem Interesse.

Quelle | OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.10.2023, 4 W 23/23, PM vom 11.3.2024


Partnerschaftsgesetz:

Partnerschaftsgesellschaft muss im Titel keinen Namen eines Partners führen

| Nach dem neuen Partnerschaftsgesetz (hier: § 2 Abs. 1 PartGG), das am 1.1.2024 in Kraft getreten ist, muss der Name der Partnerschaft nur noch den Zusatz „und Partner“ oder „Partnerschaft“ enthalten. Die Aufnahme des Namens mindestens eines Partners ist nicht mehr erforderlich. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |

Der Zwang zur Benennung mindestens eines Partners ist zum Jahreswechsel entfallen. Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass die grundsätzlich zu schützende Vertrauensbeziehung zwischen Freiberufler und Auftraggeber es jedenfalls aus gesellschaftsrechtlicher Sicht nicht erfordert, dass der Name der Partnerschaftsgesellschaft den Namen mindestens eines Partners enthalten muss. Hinzu kommt, dass die Identifizierung der Partnerschaftsgesellschaft mit dem Namen der Partner weitgehend an Bedeutung verloren hat.

Quelle | BGH, Beschluss vom 6.2.2024, II ZB 23/22, Abruf-Nr. 240369 unter www.iww.de

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