Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht Info - 08.2024

1.08.2024
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Umsatzsteuersätze:

Aufteilungsgebot für Beherbergungsleistungen: Europäischer Gerichtshof ist gefragt

| Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Er möchte wissen, ob das gesetzliche Aufteilungsgebot für Beherbergungsleistungen rechtmäßig ist. Danach unterliegt die Übernachtungsleistung dem ermäßigten Umsatzsteuersatz i. H. von 7 %. Für Nebenleistungen, die nicht unmittelbar der Beherbergung dienen, gilt dagegen der Regelsteuersatz (19 %). In den drei Streitfällen ging es um Parkplatzgestellungen, Frühstücksleistungen, die Gestellung von Fitness- und Wellnesseinrichtungen sowie von W-LAN. |

Für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, greift die Umsatzsteuerermäßigung auf 7 %.

Beachten Sie | Dies gilt nach dem Umsatzsteuergesetz (hier: § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 UStG) aber nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.

Bisher war der BFH der Ansicht, dass das Aufteilungsgebot in Einklang mit dem Unionsrecht steht und dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung vorgeht, wonach eine (unselbstständige) Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt.

Ganz so sicher ist sich der BFH aber infolge der jüngeren Rechtsprechung des EuGH nicht mehr. Deshalb hat er nun beim EuGH angefragt. Es ist zu hoffen, dass sich der EuGH zeitnah und eindeutig äußern wird, damit zu dieser Frage (endlich) Rechtssicherheit besteht.


Bundesfinanzhof:

Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber Finanzbehörden

| Der Bundesfinanzhof (BFH) hat erstmals zu den Voraussetzungen und der Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs entschieden. |

Hintergrund: Die Datenschutz-Grundverordnung gewährt (in Art. 15 Abs. 1 DS-GVO) einen Anspruch auf Auskunft, welche personenbezogenen Daten über einen Steuerpflichtigen verarbeitet werden.

Finanzamt und Finanzgericht lehnten Auskunftsersuchen ab

Im Streitfall verlangte ein Steuerpflichtiger gegenüber dem Finanzamt die Zurverfügungstellung (elektronischer) Kopien von Verwaltungsakten mit den ihn betreffenden personenbezogenen Daten, was sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht (FG) ablehnten.

Bundesfinanzhof widersprach

Der BFH hat nun entschieden, dass ein Steuerpflichtiger vom Finanzamt grundsätzlich Auskunft über die ihn betreffenden personenbezogenen Daten verlangen kann und zwar ungeachtet der Art der Aktenführung, der Art der Dokumente oder der Form der Datenverarbeitung durch die Finanzverwaltung.

Auskunftsanspruch unabhängig von Art der Steuer

Der Auskunftsanspruch ist auch nicht davon abhängig, für welche Steuerart die Datenverarbeitung erfolgt. Grundsätzlich ist der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch darauf beschränkt, dass der Steuerpflichtige darüber informiert wird, welche ihn betreffenden personenbezogenen Daten verarbeitet werden.

Der Auskunftsanspruch gewährt grundsätzlich aber kein Recht auf die (elektronische) Zurverfügungstellung von Kopien von ganzen Akten bzw. einzelnen Dokumenten mit personenbezogenen Daten. Nur ausnahmsweise, wenn der Steuerpflichtige diese zwingend benötigt, um seine Rechte nach der DS-GVO durchsetzen zu können, sind ihm auch Kopien von Dokumenten mit seinen personenbezogenen Daten (elektronisch) zur Verfügung zu stellen.

Grenzen: unbegründete oder exzessive Auskunftsersuchen

Zu den Grenzen des Auskunftsanspruchs hat der BFH im Übrigen klargestellt, dass die Finanzverwaltung zwar einen gegen sie gerichteten Auskunftsanspruch nach der DS-GVO zurückweisen kann, falls dieser offenkundig unbegründet oder exzessiv ist. Hierfür muss sie jedoch die Umstände darlegen, die zu einer offenkundigen Unbegründetheit bzw. zu einem Exzess des Auskunftsersuchens führen. Dass der Steuerpflichtige mit seinem Auskunftsersuchen Ziele außerhalb der DS-GVO verfolgt, erlaubt der Finanzverwaltung nicht, die Auskunft über die verarbeiteten personenbezogenen Daten zu verweigern.

Quelle | BFH, Urteil vom 12.3.2024, IX R 35/21, Abruf-Nr. 242121 unter www.iww.de; PM Nr. 27/24 vom 20.6.2024


Umsatzsteuer-Sonderprüfung 2023:

Mehrergebnis in Höhe von 1,52 Milliarden Euro

| Nach den statistischen Aufzeichnungen der obersten Finanzbehörden der Länder haben die im Jahr 2023 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfungen bei der Umsatzsteuer zu einem Mehrergebnis von rund 1,52 Mrd. Euro geführt. Die Ergebnisse aus der Teilnahme von Umsatzsteuer-Sonderprüfern an allgemeinen Betriebsprüfungen oder an den Prüfungen der Steuerfahndung sind in diesem Mehrergebnis nicht enthalten. |

Umsatzsteuer-Sonderprüfungen werden unabhängig vom Turnus der allgemeinen Betriebsprüfung und ohne Unterscheidung der Größe der Betriebe vorgenommen. Im Jahr 2023 wurden 63.282 Umsatzsteuer-Sonderprüfungen durchgeführt. Im Jahresdurchschnitt waren 1.604 Umsatzsteuer-Sonderprüfer eingesetzt. Jeder Prüfer führte im Durchschnitt 39 Sonderprüfungen durch. Dies bedeutet für jeden eingesetzten Prüfer ein durchschnittliches Mehrergebnis von rund 0,94 Mio. Euro.

Quelle | BMF, Mitteilung vom 25.4.2024


Bundesgerichtshof:

So weit reicht das Bankgeheimnis

| Eine Bank kann nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis die Vorlage von Original-Urkunden verweigern, wenn im Einzelfall das Interesse des Beweisführers an ihrer Vorlage höher zu gewichten ist. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |

Bank wollte Originalurkunden nicht herausgeben

Ein Mann hatte geltend gemacht, seine inzwischen getrennt lebende und in Scheidung befindliche Ehefrau habe auf einer Bürgschaftsurkunde und einer Eigentümererklärung unberechtigt seine Unterschriften angebracht. Er hat beantragt, ein Schriftsachverständigengutachten einzuholen. Das Kreditinstitut eine Bausparkasse hat die Herausgabe der zur Begutachtung erforderlichen Originalurkunden unter Bezugnahme auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht verweigert. Das machte der BGH nicht mit.

Hier gilt ein Zeugnisverweigerungsrecht

Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, sind zur Verweigerung des Zeugnisses der Tatsachen berechtigt, auf die sich die Verpflichtung zur Verschwiegenheit bezieht. Dies gilt dann auch für hierauf bezogene Urkunden. Im Fall des BGH hatten die Interessen des Mannes jedoch Vorrang.


Freiberufler und Gewerbetreibende:

E-Bilanz: Aktualisiertes Datenschema veröffentlicht

| Unternehmen müssen den Inhalt der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermitteln. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun das aktualisierte Datenschema der Taxonomien (Version 6.8) als amtlich vorgeschriebenen Datensatz veröffentlicht. Die aktualisierten Taxonomien stehen unter www.esteuer.de zur Ansicht und zum Abruf bereit. |

Beachten Sie | Die neuen Taxonomien sind grundsätzlich für die Bilanzen der Wirtschaftsjahre zu verwenden, die nach dem 31.12.2024 beginnen (Wirtschaftsjahr 2025 oder 2025/2026). Es wird aber nicht beanstandet, wenn diese auch für das Wirtschaftsjahr 2024 oder 2024/2025 verwendet werden.

Die Übermittlungsmöglichkeit mit diesen neuen Taxonomien wird für Testfälle voraussichtlich ab November 2024 gegeben sein, für Echtfälle ab Mai 2025.

Quelle | BMF-Schreiben vom 27.5.2024, IV C 6 – S 2133-b/24/10001 :002, Abruf-Nr. 242215 unter www.iww.de

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