Baurecht Info - 02.2023

1.02.2023
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Grenzständige Bebauung:

Umbau und Umnutzung eines Carports zum Wintergarten: Nachbarfenster zugemauert

| Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt hat den Antrag zweier Kläger auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Halle abgelehnt, mit dem die Klage der Kläger abgewiesen wurde. Das Urteil des VG ist damit rechtskräftig. Eine Verletzung bauordnungsrechtlich geschützter Nachbarrechte sei nicht zu erkennen. |

Das war geschehen

Die Kläger wenden sich gegen die ihren Grundstücksnachbarn vom Landkreis erteilte Baugenehmigung zum Umbau und zur Umnutzung eines Carports zum Wintergarten. Durch die an der Grundstücksgrenze zwischen den Klägern und den Nachbarn von diesen als Brandwand errichtete Mauer des Carports/Wintergartens wird ein Fenster in der Außenwand des ebenfalls grenzständigen Wohngebäudes der Kläger zugemauert. Mit der Begründung, sie seien vor der Erteilung der Genehmigung nicht angehört worden, durch das Dachgefälle des Wintergartens vernässe ihre Außenwand und durch das bestandsgeschützte, zugemauerte Fenster sei der dahinterliegende Raum nicht mehr nutzbar, erhoben die Kläger Widerspruch gegen die Baugenehmigung. Diesen wies das Landesverwaltungsamt zurück.

Mit ihrer Klage vertieften die Kläger ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren und legten Unterlagen vor, die den Bestandsschutz für das zugemauerte Fenster belegen sollten. Dieses sei notwendig, da der dahinterliegende Raum als Schlafraum und Arbeitszimmer genutzt worden sei und künftig genutzt werden solle. Ihnen stehe ein Abwehranspruch gegen das Zumauern des Fensters zu.

Verwaltungsgericht: Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt

Das sah schon das VG anders: Eine Verletzung bauordnungsrechtlich geschützter Nachbarrechte liege nicht vor. Die Einhaltung von Abstandsflächen sei nicht erforderlich, da nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden dürfe. Seien die landesrechtlichen Vorschriften zu Abstandsflächen eingehalten, komme eine Verletzung des bauordnungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme in der Regel nicht mehr in Betracht. Nur in Extremfällen seien weitergehende nachbarliche Abwehrrechte in Betracht zu ziehen. Eine Verschattung von Grundstücken durch die Bebauung auf dem Nachbargrundstück sei in den Ortslagen Mitteleuropas regelmäßig unvermeidlich. Das Fenster diene nicht der Belichtung von Wohnräumen, sondern einer Toilette. Auf die konkrete Nutzung des Raums komme es nicht an. Auch das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Im Grundsatz sei davon auszugehen: Wer selbst an die Grenze baue, müsse einen Anbau des Nachbarn an der Grundstücksgrenze hinnehmen, auch wenn dieser dazu führe, dass ein seit Langem bestehendes seitliches Fenster zugemauert werde. Hier hätten die Kläger selbst an die Grenze gebaut. Auch auf den Nachbargrundstücken herrsche grenzständige Bebauung vor. Gründe für eine Abweichung von der danach zulässigen grenzständigen Bebauung lägen nicht vor.

Nächste Instanz folgte dem Verwaltungsgericht

Der gegen das Urteil gerichtete Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Dazu führte das OVG aus: Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Kläger hätten eine falsche erhebliche Tatsachenfeststellung durch das VG nicht dargelegt. Ob die Kläger den Raum in anderer als zur Genehmigung gestellter Art und Weise gebaut haben, sodass er, wie behauptet, knapp sechs m² groß wäre, oder genutzt haben bzw. nutzen wollen, sei für die Frage unerheblich, ob es sich bei dem Fenster um ein notwendiges im Sinne der Bauordnung Sachsen-Anhalt handelt. Denn ausschlaggebend sei die behauptete Genehmigungslage. Die Kläger stellten auch keinen einzelnen tragenden Rechtssatz mit schlüssigen Gegenargumenten infrage. Das VG sei zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorhaben der Beigeladenen ohne Abstandsflächen durchgeführt werden kann, weil in der in den Blick zu nehmenden Umgebung eine grenzständige Bebauung ohne Einhaltung der Abstandsflächen vorherrscht. Durch die zulässige Bebauung ohne Einhaltung einer Abstandsfläche wurde auch das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt. Der Verweis der Kläger auf Rechtsprechung anderer OVG greife aufgrund des abweichenden Landesrechts nicht durch.

Kein Aufenthaltsraum: Toilettenraum benötigt nicht zwingend ein Fenster

Wichtig war dem VG folgender Hinweis: Da ein Toilettenraum nicht als Aufenthaltsraum dient, sei er grundsätzlich auch ohne Fenster zulässig. Dementsprechend sei auch eine nur durch ein Fenster zu sichernde Belichtung und Belüftung des Raumes nicht geboten, die in Toiletten auch üblicherweise anderweitig erfolgen kann. Auch der Einwand der Kläger, die angefochtene Baugenehmigung sei wegen eines groben Verfahrensmangels nichtig, denn sie hätten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens beteiligt werden müssen, greife nicht durch. Unabhängig davon, dass die Kläger schon nicht dargelegt haben, aus welcher Norm sie ihr Beteiligungsrecht ableiten, könne eine etwaig fehlende Beteiligung des Nachbarn allein keinen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung begründen.

Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar.

Quelle | OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.8.2022, 2 L 73/20, PM 10/22


Schadenersatz:

Sanierung darf nicht zulasten des Nachbarn gehen

| Bei Sanierungsarbeiten am eigenen Haus muss man auch das Nachbargrundstück im Blick behalten. So hat es nun das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden. |

Der Beklagte und seine Geschwister hatten das von ihnen geerbte Elternhaus sanieren lassen. Dabei wurde auch Wasser aus dem Keller nach draußen gepumpt. Der Beklagte ging davon aus, dass keine Ableitung in die Kanalisation erforderlich sei, weil das Wasser auf seinem Grundstück versickern würde. Stattdessen gelangte es zum Nachbarhaus dort über einen Lichtschacht in den Keller des Nachbarn und durchnässte die Wände und den Fußboden.

Der Nachbar erhob Klage und verlangte rund 6.700 Euro ersetzt. Das Landgericht (LG) Osnabrück sprach ihm gut die Hälfte zu. Ein voller Ersatz sei nicht geschuldet, weil der Kläger keine Vorsorge dafür getroffen habe, dass das Wasser aus dem Lichtschacht auch bei Frost hinreichend ablaufen könne. Außerdem habe er den Schaden selbst behoben, sodass er nicht den Betrag verlangen könne, den eine Fachfirma in Rechnung gestellt hätte.

Das OLG hat dem Kläger auf seine Berufung hin den vollen Betrag zugesprochen. Dem Kläger sei kein Vorwurf zu machen. Der Lichtschacht sei zwar teilweise nicht in Ordnung gewesen, dies habe aber nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht zu dem Schaden beigetragen, denn das Wasser wäre sonst über das Kellerfenster eingedrungen. Der Kläger könne auch die fiktiven Kosten einer Fachfirma ersetzt verlangen, weil ein Schädiger nicht davon profitieren solle, wenn ein Geschädigter einen Schaden selbst beseitige.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle | OLG Oldenburg, Urteil vom 8.7.2022, 6 U 328/21, PM 29/22

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