Baurecht Info - 07.2023

2.07.2023
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Bauordnung:

Beseitigung von Schottergärten

| Das Niedersächsische Oberverwaltungsgerichts (OVG) hat sich erstmals mit der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit von Schottergärten befasst. Es hat dabei den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Hannover abgelehnt. Dieses hatte eine Klage auf die Beseitigung von Kies aus zwei Beeten gerichtete bauaufsichtliche Verfügung der Stadt Diepholz abgewiesen. |

Das war geschehen

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Im Vorgarten haben sie zwei insgesamt etwa 50 m² große Beete angelegt. Diese sind mit Kies bedeckt, in den einzelne Pflanzen eingesetzt sind.

Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob es sich bei den Beeten um Grünflächen im Sinne der Niedersächsischen Bauordnung handelt. Danach müssen die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Die Grundstückseigentümer machen geltend, bei den Beeten handele es sich aufgrund der Anzahl und der Höhe der eingesetzten Pflanzen um Grünflächen. Jedenfalls sei ihr Garten unter Berücksichtigung der hinter dem Wohnhaus befindlichen Rasenflächen und Anpflanzungen insgesamt ein ökologisch wertvoller Lebensraum.

Gerichtliche Instanzen folgen der Argumentation der Grundstückseigentümer nicht

Dieser Argumentation ist das OVG ebenso wenig gefolgt wie zuvor das VG: Die Bauaufsichtsbehörde könne einschreiten, wenn nicht überbaute Flächen von Baugrundstücken nicht den Anforderungen der Niedersächsischen Bauordnung genügten. Dies sei hier der Fall.

Kiesbeete sind keine Grünflächen

Bei den Beeten der Kläger handele es sich nicht um Grünflächen, die durch nicht übermäßig ins Gewicht fallenden Kies ergänzt würden, sondern um Kiesbeete, in die punktuell Koniferen und Sträucher sowie Bodendecker eingepflanzt seien. Grünflächen würden durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen geprägt. Wesentliches Merkmal einer Grünfläche sei der „grüne Charakter“. Dies schließe Steinelemente nicht aus, wenn sie nach dem Gesamtbild nur untergeordnete Bedeutung hätten, was eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich mache. Dass die insgesamt nicht überbauten Flächen eines Baugrundstücks nur „überwiegend“ Grünflächen sein müssten, sodass die Grünflächen hinter dem Haus der Kläger die Kiesbeete im Vorgarten erlauben würden, sei der Niedersächsischen Bauordnung nicht zu entnehmen. Ein solches Verständnis widerspreche auch der Intention des Gesetzgebers, die „Versteinerung der Stadt“ auf das notwendige Ausmaß zu beschränken.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle | Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.1.2023, 4 A 1791/21, PM vom 18.1.2023


Rücksichtnahmegebot:

Bauvorbescheid für Reihenhausanlage in Gebiet mit Ein- bis Zweifamilienhäusern nicht nachbarrechtswidrig

| Die Klage eines Nachbarn gegen einen dem Bauherrn erteilten Bauvorbescheid ist nur erfolgreich, wenn der Vorbescheid den Nachbarn in seinen subjektiven Rechten verletzt. Die Errichtung eines Wohngebäudes in einem Wohngebiet ist insoweit nicht zu beanstanden. Ein Bauvorbescheid für eine Reihenhausanlage verletzte in einem aktuellen Fall des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt/Wstr. die Nachbarn daher nicht in ihren Rechten. |

Das war geschehen

Die Kläger sind Eigentümer eines mit zwei Wohngebäuden bebauten Grundstücks im unbeplanten Innenbereich. Der sog. Beigeladene ist Eigentümer des westlich unmittelbar angrenzenden Grundstücks, auf dem er eine Reihenhausanlage mit vier Wohneinheiten und einer integrierten barrierefreien Einliegerwohnung errichten möchte. In der näheren Umgebung überwiegen grenzständige Wohn- und Nebengebäude. Nach mehreren Bauanträgen, die er jeweils wieder zurücknahm, nachdem die Planungen bei der Nachbarschaft Widerspruch hervorriefen, stellte der Beigeladene im August 2021 eine Bauvoranfrage für den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses. Nach den Bauplänen soll das Bauvorhaben im südlichen Bereich grenzständig an das östlich ebenfalls grenzständige Gebäude der Kläger angebaut werden. Hier sollen zwei Wohneinheiten entstehen. Ansonsten ist das Vorhaben mit einem weiteren Gebäude mittig auf dem Grundstück angeordnet.

Stadt erteilte Bauvorbescheid

Die beklagte Stadt erteilte dem Beigeladenen einen positiven Bauvorbescheid mit der Begründung, das Vorhaben füge sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und die Erschließung sei gesichert. Dagegen erhoben die Kläger Einspruch und machten u.a. geltend, das Vorhaben verstoße gegen den sog. Gebietsprägungserhaltungsanspruch und das Rücksichtnahmegebot. Die Errichtung eines massiven, bisher in der näheren Umgebung beispiellosen Mehrfamilienhauses beeinträchtige die Prägung des Wohngebiets mit kleinen Ein- bis Zweifamilienhäusern. Von dem Bauvorhaben des Beigeladenen gehe auch eine „erdrückende Wirkung“ auf ihr Grundstück aus. Durch die Verdichtung der Bebauung sei ferner eine Verschattung ihres Grundstücks gegeben. Hierdurch sei ihre Photovoltaikanlage nicht mehr nutzbar.

Das sagt das Verwaltungsgericht

Das VG hat die Klage jedoch abgewiesen: Der Vorbescheid verletze den Nachbarn nicht in seinen subjektiven Rechten. Er könne insbesondere nicht mit Erfolg einwenden, durch die Errichtung eines bisher in der näheren Umgebung beispiellosen Wohnkomplexes werde die Prägung des Wohngebiets mit Ein- bzw. Zweifamilienhäusern nahe der Straße beeinträchtigt. Das Vorhaben eines Wohngebäudes mit mehreren Stellplätzen erfülle gerade den Zweck eines Wohngebiets, indem es dem Wohnen diene. Es sei auch nicht zu erkennen, dass die Größe der baulichen Anlage und die Ausdehnung auf dem Baugrundstück die Zulässigkeit der Nutzungsart erfassen und beeinflussen sowie aufgrund der Dimensionierung des Bauvorhabens eine neue Art der baulichen Nutzung in das Wohngebiet hineintragen werde. Die Zahl der Wohnungen sei kein Merkmal, das die Art der baulichen Nutzung präge.

Keine Rücksichtslosigkeit erkennbar

Der von den Klägern angefochtene Bauvorbescheid sei den Klägern gegenüber auch nicht rücksichtslos. Von einer „erdrückenden Wirkung“ könne keine Rede sein. Das Baurecht gewährleiste auch nicht die Einhaltung einer bestimmten Besonnungsdauer. Dies gelte auch für die hier gerügte Beeinträchtigung einer Photovoltaikanlage durch Verschattung.

Quelle | VG Neustadt/Wstr., Urteil vom 17.1.2023, 5 K 616/22.NW, PM 3/23

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