Aktuelle Gesetzgebung:
Neues „Architektengesetz“ und „Neue HOAI“
| Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat einen Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen“ erarbeitet. Er enthält u. a. wichtige Aussagen dazu, wie die HOAI künftig aussehen soll. |
1. Hintergrund
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte vor etwa einem Jahr festgestellt: Die Mindest- und Höchstsätze der HOAI verstoßen gegen EU-Recht. Daher besteht für die Bundesrepublik die Pflicht, die Rechtsordnung an die Vorgaben des Urteils anzupassen. Das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG) enthält die gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen der HOAI. Daher muss es zunächst angepasst und es müssen darin inhaltliche Festlegungen für die künftige HOAI getroffen werden. Anschließend wird dann die HOAI geändert.
2. Was ist zu erwarten?
Im Gesetzentwurf (Abruf-Nr. 216333) wird der Anwendungsbereich des ArchLG präzisiert. Neu: Die Vertragsparteien können künftig das Honorar für die von der HOAI erfassten Leistungen stets frei vereinbaren. Für Leistungen, für die bisher die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze galten, soll die HOAI künftig Honorartafeln vorsehen, die zur unverbindlichen Orientierung Honorarspannen für diese Leistungen zeigen. Haben die Parteien keine wirksame Honorarvereinbarung getroffen, soll die HOAI eine Regelung zur vermuteten Honorarhöhe enthalten.
Quelle | Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Referentenentwurf Neues Architektengesetz vom 5.6.2020, Abruf-Nr. 216333 unter www.iww.de.
Planungsverträge:
Prüffähigkeit der Honorarrechnung muss innerhalb von 30 Tagen gerügt werden
| Bei Planungsverträgen, die nach dem 1.1.18 geschlossen worden sind, müssen Auftraggeber innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Honorarrechnung rügen, dass ihre Rechnung nicht prüfbar ist. Spätere Rügen sind unwirksam. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden. |
1. Warum ist die Prüffähigkeit wichtig?
Die Prüffähigkeit ist für Auftraggeber von Bedeutung, weil die prüffähige Honorarrechnung für den erbrachten Leistungsstand auch fällig ist und öffentliche und gewerbliche Auftraggeber 30 Tage nach Zugang der prüffähigen Rechnung automatisch in Verzug geraten, was eine zusätzliche Zinsbelastung zur Folge haben kann.
2. Was sind die Folgen der Entscheidung?
Ist eine Rechnung nicht prüffähig, bekommt sie dennoch automatisch den Status „prüffähig“, wenn der Auftraggeber nicht binnen 30 Tagen nach Zugang die fehlende Prüffähigkeit moniert. Das hat das OLG Celle für Verträge klargestellt, die ab dem 1.1.18 geschlossen worden sind. Bei älteren Verträgen beträgt die Frist für Prüffähigkeitsrügen zwei Monate. Planer sollten von Anfang an ihre Rechnungen so aufstellen, dass sie prüffähig sind. Sie müssen insbesondere für den Auftraggeber nachvollziehbar sein.
Quelle | OLG Celle, Urteil vom 1.4.2020, 14 U 185/19, Abruf-Nr. 215264 unter www.iww.de.
Unerlaubte Rechtsberatung:
Architekten dürfen Auftraggeber nicht im behördlichen Widerspruchsverfahren vertreten
| Außergerichtliche Rechtsdienstleistungen dürfen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erbracht werden, wenn sie als Nebenleistung zum jeweiligen Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Das regelt das Rechtsdienstleistungsgesetz. Eine Nebenleistung in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn ein Architekt den Widerspruchsführer im Widerspruchsverfahren vertritt. Entscheidend ist insoweit, dass die Vertretung im Widerspruchsverfahren eine rechtliche Prüfung des konkreten Sachverhalts erforderlich macht, die über eine rein schematische Anwendung von Rechtsnormen hinausgeht. Das hat das Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz entschieden. |
Die Beklagte als Architektin war und ist weder als Rechtsanwältin zugelassen noch wurde ihr auf sonstige Art und Weise das Recht eingeräumt, außergerichtlich Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Im Jahr 2015 hatte sie für die Eigentümer eines Grundstücks eine Bauvoranfrage gestellt, die negativ beschieden wurde. Gegen diesen Bescheid hatte sie dann namens der Grundstückseigentümer Widerspruch eingelegt und diese im Widerspruchsverfahren vertreten. Unter anderem diese Tätigkeit hatte die Klägerin, eine berufsständische Organisation der Rechtsanwälte, zum Anlass genommen, die Beklagte wegen unerlaubter Rechtsdienstleistung auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Sie war zwar damit in zwei Instanzen erfolgreich, aber gegen die Entscheidung des Senats wurde Revision eingelegt.
Quelle | OLG Koblenz, Beschluss vom 4.12.2019, 9 U 1067/19, Abruf-Nr. 214756 unter www.iww.de.
Anscheinsvollmacht:
Wenn der Bauherr den Architekten zur Abnahme schickt
| Wird der Auftraggeber unter Vorschlag von Abnahmeterminen zur Abnahme aufgefordert und schickt er einen mit der Sache befassten Architekten zum Termin, muss er sich dessen rechtsgeschäftliche Erklärungen zurechnen lassen (Anscheinsvollmacht). Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken entschieden. |
Das o. g. Vorgehen ist also erlaubt. Besser für alle Beteiligten ist es aber, wenn schon keine Zweifel darüber aufkommen, wozu der Architekt bevollmächtigt ist. So lassen sich Auseinandersetzungen vermeiden. Eine klare Vollmachtslage vermeidet also Streit.
Quelle | OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14.11.2017, 5 U 42/17, Abruf-Nr. 215767 unter www.iww.de; rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde, BGH, Beschluss vom 11.3.2020, VII ZR 291/17.