Baurecht Info - 10.2024

2.10.2024
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Architektenleistung:

Objektüberwachung beinhaltet auch Wärmedämmarbeiten

| Stichprobenartige Prüfungen von Wärmedämmarbeiten reichen nicht aus, um eine mangelfreie Objektüberwachung zu gewährleisten. So sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. |

Im konkreten Fall hatte der Architekt nicht bemerkt, dass nur 8 cm PUR-Dämmung statt der vertraglich geschuldeten 9 cm eingebaut wurden. Das hätte aber sogar eine Stichprobe ergeben müssen, so das OLG. Es machte den Architekten daher für den Austausch der Dämmung haftbar.

Es sprach Klartext: Umfang und Intensität der geschuldeten Überwachung hängen von den Anforderungen der Baumaßnahme sowie den konkreten Umständen ab. Einfache Arbeiten bedürfen keiner Überwachung. Demgegenüber unterliegt die Überwachung von Wärmedämmarbeiten höheren Anforderungen.

Die Entscheidung ist jetzt rechtskräftig.

Quelle | OLG Oldenburg, Urteil vom 8.11.2022, 2 U 10/22, Abruf-Nr. 243330 unter www.iww.de


Vertragsrecht:

Wann und wie werden neue Planliefer- oder Ausführungsfristen verbindlich vereinbart?

| Vertragsfristen können nicht nur bei Abschluss des Bauvertrags, sondern auch während der Bauausführung vereinbart werden. So kann einem gestörten Bauablauf dadurch Rechnung getragen werden, dass überholte oder nicht mehr einhaltbare Fristen durch eine Terminplanfortschreibung einvernehmlich angepasst werden, wobei diese Fortschreibung wiederum Vertragsfristen und unverbindliche Kontrollfristen beinhalten kann. Das hat das Kammergericht (KG) Berlin klargestellt. |

Beachten Sie | Die Entscheidung des KG gilt auch für Planungsterminpläne. Sie ist durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH rechtskräftig geworden.

Quelle | KG Berlin, Urteil vom 24.01.2023, 27 U 154/21, Abruf-Nr. 239851 unter www.iww.de; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 25.10.2023, VII ZR 20/23


Gewährleistung:

Verhandlungen können die Verjährung hemmen

| Die Regelverjährungsfrist beim Werkvertrag für Planung und Bauüberwachung beträgt fünf Jahre. Doch Achtung: Diese Frist kann durch eine sog. Hemmung verlängert werden. Die Folge: Planer und Architekten können länger in der Gewährleistung bleiben und unter Umständen in Anspruch genommen werden. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln. |

Ernsthafter Meinungsaustausch erforderlich

Voraussetzung: Die Verjährung hemmende Verhandlungen erfordern einen ernsthaften Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen.

Nicht ausreichend: bloße Erklärungen

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen nicht die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein. Ein solcher Meinungsaustausch hemmt die Verjährung nicht.

Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 2.3.2023, 19 U 55/22, Abruf-Nr. 241439 unter www.iww.de; rechtskräftig durch BGH, Beschluss vom 8.11.2023, VII ZR 54/23


Unterlassungsklage:

Anwohner müssen Kirchenglocken dulden

| Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat entschieden: Eine Kirche muss das Zeitschlagen der Kirchenglocken nicht unterlassen. |

Jede Viertelstunde läuten die Glocken

Der Kläger wohnt in der Nähe einer katholischen Pfarrkirche in einer im Landkreis Kelheim gelegenen Marktgemeinde. Die Pfarrkirche läutet neben dem liturgischen Läuten auch mit Zeitschlagen zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr zu jeder Viertelstunde. Der Anwohner begehrte von der beklagten Kirchenstiftung das Unterlassen des aus seiner Sicht zu lauten Glockengeläuts. Das Zeitschlagen der Kirchenglocken, das bei ihm zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führe, sei eine unzumutbare Lärmbelästigung.

Zumutbarkeitsgrenze nicht überschritten

Das Landgericht (LG) hatte in erster Instanz die Unterlassungsklage des Anwohners abgewiesen, weil es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung kam, dass die durch das Zeitläuten verursachten Geräuscheinwirkungen nicht die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten. Ein gerichtlich beauftragter Sachverständiger hatte Geräuschmessungen vor Ort vorgenommen. Nach seinem Gutachten hält das beanstandete Glockengeläut die maßgeblichen Richtwerte der Verwaltungsvorschrift der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) ein.

Kläger war erst vor Kurzem zugezogen

Zudem berücksichtigte das LG sowohl die Ortsüblichkeit und Art und Weise des Glockenläutens als auch den Umstand, dass der Kläger erst vor wenigen Jahren und in Kenntnis der dort seit 125 Jahren befindlichen Pfarrkirche in das Wohnhaus eingezogen war. Gegen das klageabweisende Urteil legte der Kläger Berufung zum OLG ein.

Oberlandesgericht konnte keine Fehler des Landgerichts erkennen

Das OLG hat das Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen. Die Nachprüfung des Urteils hat weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Fehler ergeben, insbesondere hatte das Erstgericht in seiner angefochtenen Entscheidung alle für die Bewertung der Zumutbarkeit maßgeblichen Umstände berücksichtigt. Auch nach Auffassung des OLG muss der Kläger im konkreten Einzelfall das Zeitschlagen der Kirchenglocken dulden.

Das Urteil des LG ist damit rechtskräftig.

Quelle | OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 15.2.2024 und Zurückweisungsbeschluss vom 10.4.2024, 4 U 2356/23, PM 15/24

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