Glücksspielrecht:
Mindestabstandsgebot für Wettvermittlungsstellen
| Die Regelung im Landesglücksspielgesetz, wonach Wettvermittlungsstellen einen Mindestabstand von 250 Metern Luftlinie zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, einhalten müssen, ist mit Unionsrecht vereinbar. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in einem Eilverfahren. |
Aufsichtsbehörde verlangte Mindestabstand zu Nachhilfeeinrichtung
Die Antragstellerin möchte in Zweibrücken eine Wettvermittlungsstelle weiterbetreiben. Ihren Antrag auf Verlängerung der ihr befristet erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnis lehnte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) mit der Begründung ab, dass der gesetzliche Mindestabstand zu einer Nachhilfeeinrichtung, die auch von Minderjährigen besucht werde, nicht eingehalten sei. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und stellte beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße einen Eilantrag, den Betrieb der Wettvermittlungsstelle vorübergehend weiter zu dulden, insbesondere keine Maßnahmen einzuleiten, die auf eine Schließung des Betriebs abzielen. Das Verwaltungsgericht (VG) lehnte den Eilantrag ab. Ihre hiergegen eingelegte Beschwerde wies das OVG zurück.
Die für den Betrieb einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis dürfe nach dem Landesglücksspielgesetz Rheinland-Pfalz (LGlüG) nur erteilt werden, wenn die Wettvermittlungsstelle unter anderem einen Mindestabstand von 250 Metern zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht werde, nicht unterschreite. Die Voraussetzungen dieser Mindestabstandsregelung lägen nicht vor. Die Regelung sei auch nicht wie von der Antragstellerin geltend gemacht aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar. Insbesondere ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot sei nicht feststellbar.
EuGH: Verbraucherschutz geht vor
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) könnten nämlich solche Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses, wie den Schutz der Verbraucher, die Betrugsvorbeugung oder die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein. Die restriktive Maßnahme müsse allerdings geeignet sein, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
Das OVG teile die Auffassung des Verwaltungsgerichts (VG), dass das Abstandsgebot dem Spieler- und Jugendschutz diene, da Sportwettangebote besonders auch für Kinder und Jugendliche ein hohes Gefährdungspotenzial hätten und damit eine örtliche Begrenzung des Angebots erreicht werden könne, um Glücksspielsucht bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern und zu bekämpfen. Das mit dem Abstandsgebot verfolgte Ziel der Spielsuchtbekämpfung und des Jugendschutzes werde durch Ausnahmen in anderen Bereichen des Glücksspielrechts, insbesondere für Lotto-Annahmestellen und Bestandsspielhallen, nicht derart konterkariert, dass eine kohärente und systematische Verfolgung dieser Ziele nicht mehr vorliege.
Im Unterschied zu Wettvermittlungsstellen, in denen sich ausschließlich Kunden fänden, die Sportwetten abschließen möchten oder Wettergebnisse live über Bildschirme mitverfolgten, gingen in Lotto-Annahmestellen vor allem Kunden ein und aus, die mit gewöhnlichen, ihren Alltagsbedarf deckenden Bedürfnissen befasst seien. Aus diesem Grund komme dem Glücksspielangebot in Lotto-Annahmestellen wegen der dort bestehenden sozialen Kontrolle eine andere Qualität zu. Für Spielhallen sehe das Landesglücksspielgesetz mit 500 Metern einen doppelt so hohen Mindestabstand unter anderem zu Kinder- und Jugendeinrichtungen vor. Zwar habe der Gesetzgeber für bei Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes im Jahr 2012 bestehende Spielhallen eine großzügige Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2028 gewährt. Die Übergangsfrist konterkariere die Mindestabstandsregelung aber nicht, weil sie ausweislich der Gesetzesmaterialien letztmalig verlängert worden sei und nur für Bestandsspielhallen gelte.
Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.9.2023, 6 B 10622/23.OVG, PM 121/23
Aktuelle Gesetzgebung:
Ersatzbaustoffverordnung: neue Vorgaben seit 1.8.2023
| Seit dem 1.8.2023 wurden erstmals die Vorgaben der Ersatzbaustoffverordnung (ErsatzbaustoffV) für die Verwertung mineralischer Abfälle wie Bodenaushub, Bauschutt oder Schlacken deutschlandweit vereinheitlicht. Die Regelungen gewährleisten einen einheitlich hohen Umweltschutzstandard, geben Herstellern sowie Verwendern Rechtssicherheit und machen damit Ersatzbaustoffe für Bauvorhaben künftig noch attraktiver. So werden der Verbrauch an Primärbaustoffen reduziert und natürliche Ressourcen und das Klima geschont. |
Mit der neuen ErsatzbaustoffV will das Bundesumweltministerium (BMU) weiter in Richtung Kreislaufwirtschaft im Bausektor vorangehen. So sollen die „Kleinstaaterei“ bei der Frage der recycelten Baustoffe beendet und bundesweit einheitliche Regeln erschaffen werden.
Hohes Abfallaufkommen mit großem Recycling-Potenzial
Mineralische Abfälle sind massebezogen der größte Abfallstrom in Deutschland. Jedes Jahr fallen in Deutschland rund 250 Millionen Tonnen mineralische Abfälle an, wie zum Beispiel Bau- und Abbruchabfälle (Bauschutt), Bodenmaterial (z. B. ausgehobene Erde), Schlacken aus der Metallerzeugung und Aschen aus thermischen Prozessen. Das sind etwa 60 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland. In mineralischen Abfällen steckt ein enormes Recycling-Potenzial, weil diese zu hochwertigen mineralischen Ersatzbaustoffen aufbereitet werden können. Diese Recycling-Baustoffe kommen schon heute an vielen Stellen zum Einsatz, vor allem bei sogenannten technischen Bauwerken, also beim Bau von Straßen, Bahnstrecken, befestigten Flächen, Leitungsgräben, Lärm- und Sichtschutzwällen oder im Hochbau als Recycling-Beton. Die stetig zunehmende Bauaktivität in Deutschland verbraucht Ressourcen und macht es erforderlich, das hochwertige Recycling von Baustoffen zu fördern. Je mehr vorhandene Recycling-Potenziale genutzt werden, desto mehr werden wertvolle Ressourcen gesichert und die Wirtschaft in Deutschland unabhängiger von Importen gemacht.
Rechtsgrundlagen angepasst
Um die Nachfrage nach Ersatzbaustoffen durch rechtsverbindliche Qualitätsstandards bundesweit zu vereinheitlichen und zu stärken, wurde im Jahr 2021 die Ersatzbaustoffverordnung beschlossen. Unmittelbar mit dem Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung tritt auch eine erste Änderung in Kraft. Mit der ersten Änderung werden für den Vollzug wichtige Details angepasst, wie die Aufnahme von Kriterien zur Anerkennung sogenannter Güteüberwachungsgemeinschaften. Damit wird die Gütesicherung der hergestellten Ersatzbaustoffe gestärkt.
Bauherren, die sich bisher mit den spezifischen Regelungen der Bundesländer auseinandersetzen und ggf. eine wasserrechtliche Erlaubnis beantragen mussten, können nun qualitätsgeprüfte Ersatzbaustoffe rechtssicher ohne wasserrechtliche Erlaubnis bundesweit verwenden.
Quelle | Verordnung zur Änderung der Ersatzbaustoffverordnung und der Brennstoffwechsel-Gasmangellage-Verordnung, BGBl. 2023 I Nr. 186 vom 18.7.2023