HOAI:
Honorarkürzung, wenn nicht alle Teilleistungen erbracht wurden?
| Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat entschieden: Allein mit der Rüge, es seien nicht alle in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (hier: § 34 HOAI) aufgeführten Teilleistungen einer Leistungsphase erbracht worden, kann der Auftraggeber das Honorar des Architekten nicht wirksam mindern. Er könne vielmehr nur kürzen, wenn ein selbstständiger Arbeitserfolg nicht erbracht worden sei. |
Letztlich, so das OLG, sei zu berücksichtigen, dass die Leistungsphase nach dem gesetzlichen Leitbild die kleinste Abrechnungseinheit ist. Da nicht alle Leistungen einer Leistungsphase für ein funktionstaugliches Werk immer erbracht werden müssten, könne die volle Vergütung für eine Leistungsphase auch dann geschuldet sein, wenn nicht alle Teilleistungen, die einer Leistungsphase zuzuordnen sind, erbracht werden, weil der Werkerfolg sich nicht an den Teilleistungen der Leistungsphase, sondern dem Werkerfolg der Erbringung der Leistungsphase orientiere.
Eine Minderung des Honorars könne insofern nur vorgenommen werden, wenn ein selbstständiger Arbeitserfolg nicht erbracht werde.
Quelle | OLG Schleswig, Urteil vom 17.7.2024, 12 U 149/20, Abruf-Nr. 243796 unter www.iww.de
Bundesverwaltungsgericht:
Abwehrrechte einer Nachbargemeinde gegen die Genehmigung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs
| Eine Nachbargemeinde kann sich gegen die Genehmigung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs im beplanten Innenbereich nur mit Erfolg wenden, wenn das Vorhaben zu schädlichen Auswirkungen auf deren zentrale Versorgungsbereiche führt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden. |
Es ging um einen Sportfachmarkt
Die Klägerin, eine kreisfreie Stadt mit etwa 78.000 Einwohnern, wendet sich gegen eine der Nachbargemeinde von der Beklagten erteilte Genehmigung für den Neubau eines Sportfachmarkts mit einer Verkaufsfläche von mehr als 3.500 m². Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, den das Oberverwaltungsgericht (OVG) auf den Normenkontrollantrag der Klägerin für unwirksam erklärt hat. Der Markt ist inzwischen errichtet und seit März 2021 in Betrieb.
Baugenehmigung rechtswidrig
Widerspruch und Klage gegen die Baugenehmigung blieben erfolglos. Auf die Berufung der Klägerin hat das OVG die Baugenehmigung aufgehoben. Diese sei rechtswidrig, weil das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Der aktuelle Bebauungsplan sei unwirksam, die Vorgängerbebauungspläne ließen das Vorhaben nicht zu. Hierdurch werde die Klägerin in ihren Rechten aus der Baunutzungsverordnung (hier: § 11 Abs. 3 BauNVO) verletzt. Die Vorschrift begründe für die darin genannten Vorhaben auch im Interesse der Nachbargemeinden ein Planungserfordernis, sofern nicht ausnahmsweise eine Genehmigung nach dem Baugesetzbuch (hier: § 34 BauGB) erteilt werden könne. Eine Nachbargemeinde könne sich daher, wenn von dem Vorhaben unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf ihre zentralen Versorgungsbereiche ausgingen, gegen dessen Genehmigung wenden, solange es an einer wirksamen Planung fehle.
So sah es das Bundesverwaltungsgericht
Das BVerwG hat das Urteil aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) zurückgewiesen. § 11 Abs. 3 BauNVO dient nicht dem Schutz von Nachbargemeinden. Auch ein Rückgriff auf das für die Bauleitplanung geltende Gebot der interkommunalen Abstimmung (§ 2 Abs. 2 BauGB) scheidet aus.
Der Rechtsschutz bestimmt sich nach der maßgeblichen bauplanungsrechtlichen Zulassungsnorm. Beurteilt sich wie hier wegen des „Zurückfallens“ auf einen früheren Bebauungsplan die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO nach § 30 BauGB, richtet sich der in diesen Fällen durch das Grundgesetz (hier: Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) gebotene Rechtsschutz der Nachbargemeinde nach dem auch hier heranzuziehenden Maßstab des § 34 Abs. 3 BauGB. Schädliche Auswirkungen im Sinne dieser Vorschrift gehen von dem Sportfachmarkt auf zentrale Versorgungsbereiche der Klägerin nach den Feststellungen des OVG im Normenkontrollurteil nicht aus.
Quelle | BVerwG, Urteil vom 24.4.2024, 4 C 1.23, PM 21/24
HOAI:
Langlaufende Projekte: Kostenberechnung bleibt maßgeblich
| Bei langlaufenden Projekten fragt es sich immer wieder, ob bei Anwendung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) die anrechenbaren Kosten, die sich aus der Kostenberechnung zum Entwurf ergeben, nach oben angepasst werden dürfen, wenn sich das Projekt verlängert. Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig verneint dies. |
Oberlandesgericht sieht keine Möglichkeit für Kostenerhöhung
Das OLG: Eine Fortschreibung der anrechenbaren Kosten aufgrund von allgemeinen Baupreissteigerungen oder Ausschreibungsergebnissen ist grundsätzlich nicht möglich. Bei der Berechnung der anrechenbaren Kosten ist auf den Planungsstand abzustellen, der der jeweils maßgebenden Kostenermittlung zugrunde zu legen ist.
Lösung: Bürgerliches Gesetzbuch anwenden
Was über die HOAI nicht geregelt werden kann, funktioniert aber möglicherweise über das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Denn § 313 BGB kann ggf. als Anspruchsgrundlage bei Bauverzögerungen geeignet sein. Bei relevanten Terminverschiebungen kann u. U. davon ausgegangen werden, dass sich die Geschäftsgrundlage geändert hat. Diese geänderte Geschäftsgrundlage ist dann für die Honoraranpassung maßgeblich. Das Gleiche gilt für die Regelung nach § 642 BGB (Honoraranpassung wegen verzögerter Mitwirkung des Auftraggebers).
Quelle | OLG Schleswig, Urteil vom 17.7.2024, 12 U 149/20, Abruf-Nr. 243796 unter www.iww.de