Mietwohnung:
Zum Vorkaufsrecht des Mieters bei dem Verkauf eines ungeteilten Mietshauses
Das gesetzlich vorgesehene Vorkaufsrecht des Mieters entsteht grundsätzlich nicht, wenn ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück verkauft wird und erst die Erwerber durch Teilungsvereinbarung Wohnungseigentum begründen. Das gilt in der Regel auch, wenn die Erwerber beabsichtigen, die neu geschaffenen Einheiten jeweils selbst zu nutzen (sogenanntes „Erwerbermodell“).
In dem zugrunde liegenden Verfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH) war die Beklagte Eigentümerin eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks. Eine der vier in dem Gebäude vorhandenen Wohnungen vermietete sie an die Klägerin. Nachdem das zuständige Landratsamt die Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt hatte, verkaufte die Beklagte den ungeteilten Grundbesitz am 11. März 2009 an drei Erwerber zum Preis von 120.000 EUR. Diese ließen noch am gleichen Tag und bei demselben Notar eine Teilungsvereinbarung beurkunden. Mit Erklärung vom 14. März 2011 übte die Klägerin gegenüber der Beklagten das auf das Bürgerliche Gesetzbuch gestützte Vorkaufsrecht aus. Mit ihrer Klage will sie feststellen lassen, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Kaufvertrag über die von ihr gemietete Wohnung zum Preis von 30.000 EUR zustande gekommen ist. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen.
Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Er hat entschieden, dass das Vorkaufsrecht bei dem Verkauf eines ungeteilten Grundstücks vor Begründung des Wohnungseigentums im Grundsatz nur entsteht, wenn sich der Veräußerer gegenüber den Erwerbern vertraglich verpflichtet, seinerseits die Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz durchzuführen. Darüber hinaus muss die von dem Vorkaufsrecht erfasste zukünftige Wohnungseigentumseinheit in dem Vertrag bereits hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Dagegen ist es regelmäßig nicht ausreichend, wenn – wie hier – die Erwerber die Teilung durchführen.
Das gesetzliche Vorkaufsrecht solle nämlich nicht zum Erwerb des gesamten Grundstücks berechtigen. Der Mieter solle auch keinen bloßen Miteigentumsanteil, sondern das in seiner Entstehung bereits angelegte Eigentum an der von ihm gemieteten Wohnung erwerben können. Weil das Vorkaufsrecht einen Vertrag zwischen dem Mieter und dem Verkäufer nach den Bedingungen des mit den Erwerbern geschlossenen Kaufvertrags entstehen lässt, müsse sich der Verkäufer gegenüber den Erwerbern verpflichtetet haben, die Aufteilung vorzunehmen. Nur dann sei sichergestellt, dass der Mieter tatsächlich Wohnungseigentum erwerben könne. Bei einer Aufteilung durch die Erwerber sei dies nicht gewährleistet. Wollte man auch hier ein Vorkaufsrecht annehmen, könne der Mieter zunächst allenfalls einen Miteigentumsanteil an dem ungeteilten Grundbesitz erwerben. In eine Teilungsvereinbarung der Erwerber träte er aus Rechtsgründen nicht ein. Folglich könnten die Erwerber ihre Aufteilungsabsicht aufgeben, ohne dass der Mieter dies verhindern könne. Dies wäre für ihn mit ganz erheblichen finanziellen und rechtlichen Risiken verbunden (BGH, V ZR 96/12).
Hinweis: Die Gefahr einer Verdrängung des Mieters ist bei dem Erwerbermodell im Übrigen inzwischen vermindert worden. Der Gesetzgeber hat die Sperre für die Kündigung wegen Eigenbedarfs durch die am 1. Mai 2013 in Kraft getretene Vorschrift des § 577a Abs. 1a BGB auf die Veräußerung an eine Erwerbermehrheit erstreckt.
Verkehrssicherheit:
Keine Räum- und Streupflicht für private Wege mit reiner Abkürzungsfunktion
Der geduldete Nutzer muss die private Verkehrsfläche grundsätzlich so hinnehmen, wie er sie vorfindet. Eine Verkehrssicherungspflicht besteht nur ausnahmsweise bei nicht erkennbaren Gefahren, auf die sich der geduldete Nutzer nicht rechtzeitig einstellen kann.
Mit dieser Begründung wies das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Schadenersatzklage gegen einen Grundstückseigentümer zurück. Die Richter wiesen zwar darauf hin, dass eine tatsächliche Duldung der Nutzung eines Privatgrundstücks durch Unbefugte genügen könne, um Sicherungspflichten auch auf solche Benutzer eines Grundstücks zu erstrecken, die dieses zwar im Grundsatz unbefugt nutzen, aber geduldet werden. An den Inhalt der Sicherungspflichten dürften in diesem Fall allerdings keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Die Anforderungen, die an die konkreten Sicherungsmaßnahmen auf einem öffentlichen Gehweg gestellt würden, könnten hierauf nicht übertragen werden (OLG Hamm, 6 U 178/12).
Unberechtigte Kellerräumung:
Vermieter ist zum Schadenersatz verpflichtet
Entrümpelt der Vermieter unberechtigt den Keller eines Mieters, muss er ihm Schadenersatz für den Verlust der dort gelagerten Gegenstände leisten.
Das zeigt eine Entscheidung des Amtsgerichts Hannover im Fall einer Mieterin. Diese hatte in dem zu ihrer Wohnung gehörenden Kellerraum verschiedene Gegenstände und ihre Winterschlaf haltende Schildkröte eingelagert. Zuletzt hatte sie im Januar 2013 nach ihrer Schildkröte Max geschaut. Als ihr Lebensgefährte etwa vier Wochen später nach Max schauen wollte, war der Keller leer geräumt. Der Vermieter ließ in diesem Zeitraum den Keller räumen. Alle Gegenstände, auch die 25-jährige Schildkröte, die sich in der Tiertransportbox befand, wurden auf dem örtlichen Bauhof entsorgt. Der Vermieter machte geltend, dass für ihn nicht erkennbar gewesen sei, dass der Keller genutzt wurde. Die Tür sei unverschlossen gewesen. Der Hausmeister habe eine Nachricht an der Kellertür angebracht. Hierauf habe drei Wochen lang niemand reagiert. In offen stehende Keller würden andere Mieter Müll einlagern, sodass die Beseitigung zur Selbsthilfe erfolgt sei.
Das Gericht hat festgestellt, dass der Vermieter nicht davon ausgehen durfte, dass der Besitz am Keller aufgegeben worden sei, nur weil kein Schloss angebracht gewesen sei. Der Richter hat durch Zeugenbefragung festgestellt, dass sich in dem Keller diverse Gegenstände befanden, die nicht ohne Weiteres als wertlos erkennbar waren. Auch durch den an der Kellertür angebrachten Zettel ergab sich keine Pflicht der Mieterin zur Reaktion. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Mieter ihnen zugewiesene Kellerräume nur in größeren Abständen anlassbezogen aufsuchen. Eine Räumung zur Selbsthilfe sei zudem nur zulässig, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt werden könne und ohne sofortiges Eingreifen eine Gefahr bestünde. Beides konnte durch das Gericht nicht festgestellt werden. Das Gericht hat nach ausführlicher Zeugenbefragung festgestellt, dass die Mieterin einen Schaden von 560 EUR erlitten habe. Den müsse der Vermieter nun ersetzen. Es wurde durch ein Entrümplungsunternehmen eine Singleküche mit 200 EUR, eine Reisetasche mit 45 EUR und eine Tiertransportbox mit 15 EUR Zeitwert entsorgt. Die Schildkröte habe einen Wert von 300 EUR gehabt (Amtsgericht Hannover, 502 C 7971/13).
WEG:
Erwerber von Wohnungseigentum haften nicht für Hausgeldrückstände des Voreigentümers
Das Vorrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft für Hausgeldrückstände in der Zwangsversteigerung führt nicht dazu, dass ein Erwerber von Wohnungseigentum für die Hausgeldschulden des Voreigentümers haftet.
Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines ehemaligen Wohnungseigentümers hin. Als über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hatte er die Hausgelder für die Jahre 2009 und 2010 sowie die Nachzahlung aus der Jahresabrechnung für 2009 in Höhe von insgesamt rund 1.100 EUR noch nicht beglichen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft meldete die Forderungen in dem Insolvenzverfahren zur Tabelle an. Später erwarb der Vater des ursprünglichen Eigentümers die Wohnung von dem Insolvenzverwalter und wurde kurz darauf in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist der Auffassung, nunmehr hafte der Vater mit dem Wohnungseigentum für die Hausgeldrückstände des Voreigentümers. Die Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum wegen der offenen Forderungen ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Auch vor dem BGH hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Erfolg. Ihre Revision wurde zurückgewiesen. Die Richter entschieden, dass das Zwangsvollstreckungsgesetz auch in der 2007 neu gefassten Fassung kein dingliches Recht der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft begründe. Der Gesetzgeber habe zwar eine begrenzte bevorrechtigte Beteiligung der Wohnungseigentümergemeinschaft an dem Veräußerungserlös in der Zwangsversteigerung erreichen wollen. Er habe aber keine sachenrechtlich bislang unbekannte private Last einführen wollen. Ein neues dingliches Recht könne auch nicht im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung geschaffen werden. Eine solche Entscheidung sei vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten. Die Wohnungseigentümergemeinschaft könne daher vorliegend nicht in das Wohnungseigentum des Vaters vollstrecken (BGH, V ZR 209/12).