Eigenbedarfskündigung:
Platz für das Au Pair kann Eigenbedarf begründen
| Das Amtsgericht (AG) München hat jetzt eine beklagte Mieterin verurteilt, ihre Zwei-Zimmer-Mietwohnung von 59 qm zu räumen und an den auf Eigenbedarf klagenden Vermieter herauszugeben. |
Sachverhalt
Zum Hintergrund: Au-pair sind junge Menschen, die gegen „Kost und Logis“ bei einer Gastfamilie häufig im Ausland tätig sind. Im Gegenzug erlernen sie Sprache und Kultur des Gastlandes. Der Sachverhalt: Der Kläger ist Vermieter, die Beklagte seit 2002 Mieterin der Wohnung. Der Kläger lebt mit der von zuhause aus berufstätigen Ehefrau und drei Kindern, von denen zwei die Grundschule besuchen und eines erst ein Jahr alt ist, in einer Eigentumswohnung, die nur etwa knapp 700 Meter und damit wenige Gehminuten von seiner vermieteten Wohnung entfernt liegt. Er kündigte das Mietverhältnis und begründete dies damit, dass er und seine Frau ein Au-pair einstellen wollten. In ihrer Wohnung, die aus einem Elternschlafzimmer, drei Kinderzimmern, einem Wohn- und Essbereich mit offener Küche sowie Bad und einem Büro bestehe, gebe es keine Möglichkeit zur Unterbringung des Au-pair, da sämtliche Räume bereits genutzt würden.
Argumentation der Mieterin
Die Beklagte meinte, eine Unterbringung des Au-pair in der Wohnung des Klägers müsse möglich sein. Weiter könne das Au-pair in einer in vergleichbarer Distanz anzumietenden Wohnung untergebracht werden. Sie selbst gelte mit einem Grad der Behinderung von 60 als schwerbehindert. Da sie zudem Hartz-IV-Leistungen beziehe, sei sie auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos. Sie habe sich um Ersatzwohnraum bemüht. Auch drohe eine Verschlechterung ihres mittelgradigen depressiven Syndroms.
Kündigungsgrund lag vor
Das AG gab dem Kläger Recht. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Wunsch des Vermieters, ein Au-pair zur Kinderbetreuung in seinen Haushalt aufzunehmen, grundsätzlich vernünftig und nachvollziehbar ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei auch ein anerkennenswerter Kündigungsgrund gegeben, wenn der Vermieter ein Au-pair in einer vermieteten Wohnung unterbringen möchte, die fußläufig von seinem bewohnten Eigenheim entfernt liegt. Der Kläger habe überzeugend dargelegt, nur mithilfe eines Au-pairs könne seine Frau ihrem Beruf wieder nachgehen und sei die Kinderbetreuung gleichzeitig sichergestellt. Es sei auch nicht erforderlich, dass das Bedürfnis für die Hilfskraft bereits bei Ausspruch der Kündigung besteht, sondern es genüge, dass aufgrund äußerer Umstände mit einiger Sicherheit damit gerechnet werden muss, dass der Vermieter die Dienste in naher Zukunft für seine Lebensführung benötigt.
Raumaufteilung private Angelegenheit
Die Argumentation der Beklagten, aufgrund des jungen Alters der Kinder, gerade des Kleinkindes, benötigten diese kein eigenes Zimmer, überzeugte das AG nicht. Die Raumaufteilung innerhalb der eigenen Wohnung sei allein Sache des Klägers und seiner Familie. Diese unterliege nur einer Missbrauchskontrolle dahingehend, ob der verfügbare Wohnraum und die angegebene Nutzung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, sodass sich der Verdacht aufdrängen müsste, die volle Ausnutzung des Wohnraums werde nur vorgespiegelt, um die Kündigung zu ermöglichen. Dafür seien hier aber keine Anhaltspunkte erkennbar. Würde man zudem verlangen, dass ein Au-pair stets im selben Haus oder derselben Wohnung lebt, wie die Gastfamilie, würde dies zu einer Schlechterstellung von Familien führen, die kinderreich sind, aber über kein Haus verfügen, sondern in einer Wohnung leben. Ihnen wäre die Anstellung und Unterbringung eines Au-pair als Hilfestellung, damit beide Elternteile wieder berufstätig sein können, praktisch verwehrt.
Fehlende Nachweise
Aufgrund des vorgelegten Attests stehe fest, dass die Beklagte nicht in durchgehender ärztlicher Behandlung war. Sie habe nicht im Ansatz substanziiert dargestellt, dass sie wegen einer Krankheit an der Räumung gehindert sei. Auch die Tatsache, dass sie zu 60 Prozent schwerbehindert ist, reiche für sich genommen nicht aus. Ein Sachverständigengutachten sei daher nicht einzuholen gewesen.
Die Beklagte habe fast ausschließlich nur im zentralsten Innenstadtbereich und nur in besonders beliebten Vierteln nach Ersatzwohnraum gesucht und so nicht nachgewiesen, alles Erforderliche und Zumutbare unternommen zu haben, eine Ersatzwohnung zu erlangen.
Entgegenkommen wegen Pandemiesituation
Da der Kündigungsgrund nicht von ihr zu verantworten sei, Ersatzwohnraum infolge der Corona-Pandemie und des aktuellen Lockdowns derzeit noch erheblich schwerer zu finden sei, andererseits die Kündigungsfrist bereits abgelaufen sei, hat das AG die Räumungsfrist noch einmal um etwa ein halbes Jahr verlängert.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Quelle | AG München, Urteil vom 12.1.2021, 473 C 11647/20, PM 3/21 vom 22.1.2021
BGH-Rechtsprechung:
Unzulässiger Mietendeckel: Der Staat haftet nicht
| Mietern stehen keine Amtshaftungsansprüche zu, wenn eine Landesregierung hier das Land Hessen eine Mietenbegrenzungsverordnung mit weitem räumlichem und persönlichem Geltungsbereich erlässt, diese Verordnung keine Begründung enthält, also unwirksam ist. Das gilt auch, wenn der Mieter sich deshalb einer berechtigten Mieterhöhung ausgesetzt sieht und eine nach der (unwirksamen) Begrenzungsverordnung überhöhte Miete nicht zurückverlangen kann. Das hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |
Gesetze und Verordnungen enthalten generelle und abstrakte Regeln. Daher nimmt der Gesetzgeber in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahr, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt. Deshalb ist der Mieter kein sog. geschützter Dritter und kann keine Amtshaftungsansprüche haben. Auch unmittelbar aus einem Grundrechtsverstoß ergibt sich kein Haftungsanspruch gegen den Staat.
Quelle | BGH, Urteil vom 28.1.2021, III ZR 25/20