WEG-Beschlussfassung:
Bestellung eines Verwalters setzt konkreten Tagesordnungspunkt voraus
| Ein Tagesordnungspunkt „Bestellung der Verwaltung: interne Verwaltung – externe Verwaltung“ deckt die Bestellung eines konkreten Wohnungseigentümers zum Verwalter auch dann nicht, wenn sie in einer Vollversammlung erfolgt. So sieht es das Amtsgericht (AG) Essen-Steele. |
Verwalterbestellung angefochten
Dieser Tagesordnungspunkt war Gegenstand eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Versammlungsniederschrift wurde dokumentiert, dass mehrheitlich einer der Wohnungseigentümer über fünf Jahre zum Verwalter bestellt wurde. Die Anfechtung der Verwalterbestellung hatte Erfolg. Der Beschluss sei wegen eines formellen Mangels ungültig, so das AG.
So konkret muss die Einladung sein
Der Gegenstand der Beschlussfassung muss bei der Einberufung der Eigentümerversammlung aufgeführt werden. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Tagesordnungspunkte und die vorgesehenen Beschlüsse so genau bezeichnet werden, dass die Wohnungseigentümer verstehen und überblicken können, was in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert und beschlossen werden soll und welche Auswirkungen der Beschluss auf die Gemeinschaft und sie selbst hat. In der Regel genügt dazu jedenfalls bei einfachen Sachverhalten eine schlagwortartige Bezeichnung, so das AG. Die Wohnungseigentümer haben auch mit naheliegenden, mit der Bezeichnung eng verbundenen Beschlüssen zu rechnen. Je bedeutsamer der Gegenstand der Beschlussfassung für die einzelnen Wohnungseigentümer ist, desto genauer ist er in der Einladung zu bezeichnen.
Im vorliegenden Fall genügte der gemeinsam verfasste o. g. Tagesordnungspunkt mit Blick auf die insoweit fast überraschende protokollierte Beschlussfassung diesen Vorgaben nicht. Weil über die zentrale Funktion in der Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden werden sollte, also eine bedeutsame Entscheidung anstand, wäre eine konkrete Fassung des Tagesordnungspunkts erforderlich gewesen.
Quelle | AG Essen-Steele, Urteil vom 3.5.2023, 21 C 21/22
Mietminderung:
Wenn es aus der Nachbarwohnung riecht
| Dringen durch Öffnungen, Risse usw. in der Decke einer Wohnung Kochgerüche in das Schlafzimmer der darüber liegenden Wohnung, kann der Mieter der oberhalb liegenden Wohnung die Behebung dieses baulichen Mangels verlangen und bis zur erfolgten Mangelbeseitigung die Miete um 10 Prozent mindern. So sieht es das Amtsgericht (AG) Berlin-Mitte. |
Das AG: Die Verbreitung von Küchengerüchen allein stellt noch keinen Mietmangel dar. Dieser sei jedoch zu bejahen, wenn es sich um eine erhebliche oder durchgängige Belastung des Geruchsempfindens handle.
Die eindringenden Gerüche störten insbesondere die Nachtruhe, da der Nutzer der unteren Wohnung sehr häufig zur Nachtzeit kochte. Die Gerüche seien so intensiv, „als würde man direkt neben dem Herd stehen“. Auch die von dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen vorgenommene Nebelprobe habe „eine deutliche bzw. erhebliche Undichtigkeit der Geschossdecke“ gezeigt. Es liege eine besonders intensive Beeinträchtigung des Mietgebrauchs vor, wenn man den Gerüchen „machtlos, nicht vorhersehbar (und) während der Ruhezeiten ausgesetzt“ sei. Angesichts der Tatsache, dass die Belästigung nicht durchgängig, sondern nur temporär erfolge und nur im Schlafzimmer, allerdings dort „sehr massiv“, sei eine Mietminderung in Höhe von 10 Prozent angemessen.
Quelle | AG Berlin-Mitte, Urteil vom 13.10.2022, 122 C 156/219
Mietende: Kündigung:
Einwurf in Briefkasten um 22:30 Uhr ist zu spät
| Eine schriftliche Kündigung eines Wohnraummietvertrags geht nicht schon am dritten Werktag zu, wenn der Kündigende sie um 22:30 Uhr in den Briefkasten des Empfängers wirft und diesen mündlich über den Einwurf und den Inhalt informiert. So sieht es das Landgericht (LG) Krefeld. |
Darüber stritten die Parteien
Die Parteien stritten nach beendetem Mietverhältnis über die Höhe der Kautionsrückzahlung. Der Vermieter meinte, er könne mit der Miete für Mai 2020 aufrechnen. Die Mieterin wandte ein, dass das Mietverhältnis bereits zum 30.4.2020 beendet war, ein Mietzahlungsanspruch für Mai 2020 somit nicht bestehe. Der Vermieter argumentierte, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 4.2.2020 erst zum Ablauf des 31.5.2020 beendet worden sei, da ihm die Kündigung erst am 5.2.2020 zugegangen sei. Bei dem unstreitigen Einwurf des Briefes am 4.2.2020 um 22:30 Uhr sei nicht mehr mit einer Entnahme am selben Tag, sondern erst am darauffolgenden Tag zu rechnen gewesen. Die Mieterin entgegnete, sie habe den Vermieter unmittelbar vor Einwurf der Kündigung in den Briefkasten über die Gegensprechanlage über den bevorstehenden Einwurf informiert, was dieser bestritt.
Amtsgericht und Landgericht einig
Das Amtsgericht (AG) gab dem Vermieter Recht. Das LG bestätigt dessen Urteil. Der Vermieter habe gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch der Mieterin mit seiner Mietzahlungsforderung für Mai 2020 wirksam aufgerechnet. Das Mietverhältnis sei durch die Kündigung vom 4.2.2020 erst zum Ablauf des 31.5.2020 beendet worden.
Kündigung kam zu spät: Kenntnisnahme war nicht mehr möglich
Die Kündigung sei spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig, wobei die Wirksamkeit der Kündigungserklärung vor allem deren Zugang voraussetzt. Vorliegend sei die Kündigung erst am 5.2.2020 und damit am vierten Werktag des Monats zugegangen, sodass das Mietverhältnis erst zum Ablauf des 31.5.2020 beendet gewesen sei. Durch den Einwurf der Kündigungserklärung am 4.2.2020 um 22:30 Uhr in den Briefkasten der Wohnung des Vermieters sei diese in den Machtbereich des Vermieters gelangt. Wann unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme vom Inhalt der Erklärung durch den Vermieter zu rechnen gewesen sei, richte sich danach, wann nach den gewöhnlichen Verhältnissen mit der Leerung des Briefkastens durch ihn zu rechnen war. Dabei sei nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren. Nur bis um 18:00 Uhr in den Briefkasten eingeworfene Briefe gelten demnach als noch am selben Tag zugegangen.
Quelle | LG Krefeld, Urteil vom 21.9.2022, 2 S 27/21