Verbraucherrecht Info - 02.2023

1.02.2023
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Winterlager: Orkantief:

Lagerbetreiber haftet für beschädigte Yacht

| Bei unsachgemäßer Einlagerung eines Schiffes im Winterlager haftet der Lagerbetreiber auch dann, wenn die Vereinbarung mit dem Yacht-Eigentümer als „Miet-Vereinbarung“ bezeichnet wurde. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein entschieden. |

Das war geschehen

Die Yacht eines Bootseigners fiel im Oktober 2013 beim Orkantief „Christian“ im Winterlager vom Lagerbock. Unter anderem bohrte sich eine Stütze des Lagerbocks in den Schiffsrumpf. Es entstand ein Sachschaden von mehr als 100.000 Euro. Die Versicherungen des Yacht-Eigentümers beglichen ihm den Schaden und verklagten die Lagerbetreiberin auf Erstattung.

Nur wenige Tage vor dem Sturm hatten Mitarbeiter der Lagerbetreiberin die Yacht mit einem Kran aus dem Wasser gehoben und auf einen Lagerbock der Betreiberin gesetzt. Zwischen die Ablageflächen und den Rumpf brachten die Mitarbeiter mit Teppichresten abgedeckte Holzkeile an. Der Kiel lagerte auf einer lose aufliegenden Stahlschwelle. Die Yacht stand auf einer Freifläche. Der Eigentümer deckte sie mit einer Plane ab.

Landgericht sagt „Mietvertrag“, Oberlandesgericht sagt „Lagervertrag“

Das Landgericht (LG) wies die Klage ab. Das Vertragsverhältnis bezüglich des Stellplatzes und des Lagerbocks sei als Mietvertrag anzusehen. Ein Mangel des Stellplatzes oder des Lagerbocks sei nicht erkennbar. Eine besondere Beschaffenheit hätten die Vertragsparteien nicht vereinbart. Selbst, wenn die Betreiberin fahrlässig einen zu kleinen Lagerbock zur Verfügung gestellt haben sollte, sei eine Haftung aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wirksam für Sachschäden ausgeschlossen. Besondere Verwahrpflichten treffe das Winterlager nicht. Gegen das Urteil des LG richtete sich die Berufung der Versicherungen.

Das OLG widersprach dem LG: Die Betreiberin des Winterlagers haftet für die Schäden aus einem Lagervertrag. Auf die vertragliche Vereinbarung ist Lagervertragsrecht anwendbar, auch wenn der Vertrag als „Miet-Vereinbarung“ bezeichnet worden ist. Anders als bei einem Mietvertrag schuldet der Lagerbetreiber die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Sache. Die Qualifizierung als Lagervertrag ergibt sich insbesondere aus der tatsächlichen Handhabung der Vertragspartner. Es waren so ergab es die Beweisaufnahme ausschließlich die Mitarbeiter der Betreiberin, die eigenverantwortlich die Yacht lagerten. Dem Eigentümer wurden keine Hinweise zu einer zusätzlichen Sicherung des Bootes gegeben. Für das Vorliegen eines Lagervertrags spricht, dass dem Bootseigentümer kein besonderer Stellplatz zugewiesen wurde. Nach dem Vertrag durfte die Betreiberin die Yacht auch später bei Bedarf an einen anderen Platz stellen.

Lagerbetreiberin verantwortlich, Schiffseigner hingegen nicht mitverantwortlich

Die Lagerbetreiberin und ihre Mitarbeiter, so das OLG, seien für die Beschädigungen verantwortlich. Ihnen ist vorzuwerfen, dass sie die Yacht auf einen dafür ungeeigneten Lagerbock setzten und keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Sie handelten grob fahrlässig, weil erkennbar war, dass die Yacht kaum seitlich abgestützt war, und weil man an der Ostseeküste stets mit starkem Seitenwind rechnen muss. Die Abstützung des Gewichts des Schiffes von knapp 9 Tonnen auf einer losen Stahlschiene mit diversen Hölzern dazwischen wirkt von vornherein in höchstem Maße unfachmännisch.

Durch das Abdecken mit einer Plane ist der Schiffseigner nicht mitverantwortlich für den Schaden. Zwar kann eine solche Plane eine erhöhte Windlast verursachen. Die Lagerbetreiberin hätte jedoch auf die Risiken der Verpackung mit einer Plane hinweisen müssen und tat dies zur Überzeugung des Senats nicht.

Quelle | OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.8.2022, 16 U 114/21, PM 5/22


Entgelt für das Pflegeheim:

Anforderungen an die Erhöhung der Heimkosten

| Den formellen Anforderungen an ein Erhöhungsverlangen für Heimkosten ist bereits genügt, wenn bezogen auf den Änderungszeitpunkt eine vergleichende Gegenüberstellung der bisherigen und der erhöhten Kosten und des Umlegungsmaßstabes erfolgt. So sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Dresden. |

Dass der Verbraucher aufgrund dieser Angaben eine Plausibilitätskontrolle oder eine inhaltliche Überprüfung der materiellen Berechtigung des Erhöhungsverlangens vornehmen kann, ist nach Ansicht des OLG nicht erforderlich. Grundlage des Erhöhungsverlangens ist § 9 des Gesetzes zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege oder Betreuungsleistungen (WBVG). Der Unternehmer kann danach eine Erhöhung des Entgelts verlangen, wenn sich die bisherige Berechnungsgrundlage verändert. Neben dem erhöhten Entgelt muss auch die Erhöhung selbst angemessen sein.

Aber der Unternehmer muss dem Verbraucher die beabsichtigte Erhöhung des Entgelts schriftlich mitteilen und begründen. Der Verbraucher schuldet das erhöhte Entgelt dann frühestens vier Wochen nach Zugang des hinreichend begründeten Erhöhungsverlangens.

Quelle | OLG Dresden, Urteil vom 2.8.2022, 4 U 143/22


Schmerzensgeldklage:

Sturz auf regennassem Zuweg zur nachbarlichen Terrasse

| Ein Grundstückseigentümer muss einen untergeordneten Zuweg zur Terrasse seines Wohnhauses nicht völlig gefahrlos gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Risiken ausgestalten. Kann der Nutzer etwaige Sturzgefahren auf dem regennassen, mit Blättern und Ästen bedeckten Steinweg mit der gebotenen Sorgfalt abwenden, bestehen keine weitergehenden Verkehrssicherungspflichten. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat die Beschwerde der gestürzten Nachbarin gegen ihr vom Landgericht (LG) verwehrte Prozesskostenhilfe für eine Klage u.a. auf Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zurückgewiesen. |

Das war geschehen

Entlang der von der Antragstellerin gemieteten Garage verläuft auf dem Grundstück der Antragsgegnerin ein unbeleuchteter Steinweg, der über eine offene Tür von der Garage aus erreichbar ist. Über diesen Steinweg gelangt man zur Terrasse der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin behauptet, die Antragsgegnerin habe mit ihr reden wollen und habe erstmals diesen Steinweg bei Dunkelheit genutzt, um zu ihr zu gelangen. Auf dem Rückweg sei sie auf dem mit Blättern, Ästen und Moos bedeckten, regennassen und schmierigen Weg gestürzt. Dabei habe sie sich eine Scham-, Sitz- und Kreuzbeinfraktur zugezogen. Wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten beabsichtigt sie, auf Schadenersatz und Schmerzensgeld zu klagen.

Verkehrssicherungspflicht, aber nicht gegen jede abstrakte Gefahr

Ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für diese Klage hatte das LG zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin treffe zwar grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich ihres Grundstücks. Sie müsse damit rechnen, dass Fußgänger den Weg nutzen. Es müsse jedoch nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch, betont das OLG insoweit. Zu treffen seien nur die Sicherheitsvorkehrungen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Komme es in Fällen, in denen keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernt liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise zu einem Schaden, müsse der Geschädigte diesen Schaden selbst tragen. So sei es hier. Es sei nicht Aufgabe der Antragsgegnerin gewesen, den Zuweg zu der Terrasse ihres Wohnhauses völlig gefahrlos gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Risiken für die Nutzer auszugestalten. Sie habe vielmehr nur die Gefahren beseitigen müssen, die für sorgfältige Nutzer nicht erkennbar gewesen seien, mit denen diese nicht rechnen müssten und auf die sie sich auch nicht einrichten könnten.

Bei Dunkelheit ist angepasste Sorgfalt gefordert

Hier habe die Antragstellerin bei Dunkelheit einen für sie erkennbar nicht als eigentlichen Zugangsweg zu dem Wohnhaus gewidmeten Weg benutzt. Ihr sei der Weg nicht bekannt gewesen. Dass sie die Beschaffenheit des Weges nicht wahrgenommen habe, habe sie nicht behauptet. Die Antragsgegnerin habe angesichts dieser Umstände unterstellen können, dass sich ein sorgsamer Nutzer „eingedenk der Unübersichtlichkeit der Bodenbeschaffenheit mit angepasster, besonderer Sorgfalt bewegt“. Dass sie dies getan habe, habe die Antragstellerin nicht dargetan.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle | OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8.9.2022, 17 W 17/22, PM vom 22.9.2022


Verkehrssicherungspflicht:

Bricht ein Ast, gehört das zum allgemeinen Lebensrisiko

| Das Landgericht (LG) Frankenthal musste sich mit den Folgen eines Astabbruchs an einem Japanischen Schnurbaum befassen: An einem Regentag löste sich von dem am Straßenrand gepflanzten hohen Baum ein Ast und beschädigte das darunter geparkte Fahrzeug der Klägerin. Die gegen die Stadt gerichtete Schadenersatzklage hat das LG abgewiesen. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Stadt ihre sogenannte Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf den Stadtbaum verletzt habe. |

Jeder Baum birgt potenzielle Gefahren

Das LG machte klar, dass jeder Baum an einer Straße oder an einem öffentlichen Parkplatz eine mögliche öffentliche Gefahr darstellen könne. Denn auch völlig gesunde Bäume könnten durch starke Wind- oder Regeneinflüsse entwurzelt werden oder Teile von ihnen könnten abbrechen. Auch sei die Erkrankung oder Vermorschung eines Baums von außen nicht immer erkennbar. Daraus folge aber nicht, dass alle Bäume in der Nähe von Straßen und öffentlichen Plätzen entfernt oder besonders gründlich untersucht werden müssten.

Einmal im Jahr kontrollieren genügt meist

Es sei vielmehr unmöglich, den Verkehr völlig risikolos zu gestalten. Gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf der Natur selbst beruhen, müssten als unvermeidlich hingenommen werden. Die Rechtsprechung verlange daher nur eine regelmäßige in der Regel jährliche Beobachtung der Bäume im Verkehrsraum auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frontrisse. Bei besonders alten Bäumen oder bestimmten Anzeichen für Gefahren sei jedoch mit erhöhter Gründlichkeit vorzugehen.

Stadt war ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen

Laut Urteil war die Stadt ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass eine bei der Stadt beschäftigte Baumkontrolleurin wenige Wochen vor dem fraglichen Astabbruch den Japanischen Schnurbaum inspiziert habe. Dabei festgestelltes Totholz sei dann durch eine Baumpflege kurze Zeit später entfernt worden. Weitere Maßnahmen sah das LG als nicht notwendig an, zumal der Baum im Baumkataster der Stadt Ludwigshafen in der „Vitalitätsstufe 1“, der höchsten Gesundheitsstufe, geführt werde.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle | LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 10.3 2022, 3 O 307/21, PM vom 31.8.2022


Nachbarrecht:

Solaranlage auf dem Dach darf Nachbarn nicht extrem blenden

| In Zeiten des Energiewandels ziehen viele Menschen die Montage einer Photovoltaikanlage in Betracht. Dabei kann es einige Stolperfallen geben, wie ein Ehepaar aus Neustadt erfahren musste. Geht von einer Photovoltaikanlage eine derartige Blendwirkung auf das benachbarte Wohnhausgrundstück aus, dass dessen Nutzung wesentlich beeinträchtigt ist, hat der Nachbar einen Anspruch auf Beseitigung dieser Störung. Das Landgericht (LG) Frankenthal hat daher das beklagte Ehepaar dazu verurteilt, die auf dem Dach ihres Wohnhauses errichtete Photovoltaikanlage durch geeignete Maßnahmen so auszurichten, dass von der Anlage keine wesentliche Blendwirkung in Richtung des Einfamilienhauses der Nachbarn ausgeht. |

Nachbarn wurden umfangreich geblendet

Die klagenden Nachbarn beschwerten sich über Blendungen im Garten, auf der Terrasse, im Wohnzimmer nebst Essbereich und Flur und dies nach einem Sachverständigengutachten auch zu Recht. Die Kammer gab der Klage der Nachbarn auf Unterlassung dieser Störung statt.

Spiegelung fast so hell wie die Sonne selbst

Denn nach dem Gutachten einer von dem Gericht beauftragten Sachverständigen kommt es in den Sommermonaten (Anfang April bis Mitte September) etwa zwischen 17 bis 18 Uhr zu direkten Sonnenlichtreflexionen von der Photovoltaikanlage aus hin zu dem benachbarten Wohnhaus und insbesondere auch hin zu dem besonders sensiblen Terrassenbereich des Anwesens. Die Spiegelung sei annähernd so hell wie der Blick in die Sonne selbst und eine Blendung führe zu zeitweisen Einschränkungen der Sehfähigkeit und zu einer Nachbilderzeugung, so die Gutachterin. Eine derartige Hinderung an der normalen bzw. beschwerdefreien Nutzung der Wohnung und der zugehörigen Terrasse und des Gartens müsse nicht hingenommen werden, entschied das Gericht. Es sei den Nachbarn nicht zumutbar, die Terrasse in den relevanten Zeiträumen nicht nutzen zu können und die betroffenen Wohnbereiche mittels Rollläden verdunkeln zu müssen.

Spezialmodule mit geringer Reflexion

Darüber hinaus wies die Kammer darauf hin, dass Photovoltaikanlagen auf Hausdächern nicht zwingend mit (wesentlichen) Beeinträchtigungen verbunden sein müssen, da es Spezialmodule mit reflexionsarmen Oberflächen gibt.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle | LG Frankenthal, Urteil vom 12.8.2022, 9 O 67/21, PM vom 29.9.2022

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