Sozialrecht:
Bei Gewalt gegen Jobcenter-Mitarbeiter ist Hausverbot zulässig
| Bei einem aggressiv gewalttätigen Verhalten im Jobcenter kann ein Hausverbot verhängt werden. |
Diese Klarstellung traf das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen (LSG) im Fall eines 56-jährigen Mannes, der im Jobcenter eine Heizkostenbeihilfe beantragen wollte. Im Laufe des Gesprächs kam es zu einem Disput. Dabei geriet der Mann in Wut, warf das Telefon des Sachbearbeiters in dessen Richtung und verrückte den Schreibtisch. Das Jobcenter verhängte daraufhin ein 14-monatiges Hausverbot. Der Mann habe mit seinem ungebührlichen, handgreiflichen Verhalten den Hausfrieden gestört. Zudem seien weitere Störungen zu befürchten. Zukünftige Anträge könnten schriftlich oder telefonisch gestellt werden. Demgegenüber bestand der Mann darauf, seine Anliegen ungehindert vortragen zu können. Er meinte, sein Verhalten sei nicht als nachhaltige Störung zu bewerten. Das Jobcenter wolle an ihm ein Exempel statuieren, da er sich schon mehrfach beschwert habe.
Das LSG hat das Hausverbot im Eilverfahren vorläufig bestätigt. Das Verhalten des Mannes störe den Dienstbetrieb nachhaltig. Es handele sich nicht mehr nur um eine deutliche Grenzüberschreitung. Vielmehr liege eine strafbare Handlung vor, die schon nach ihrem Wesensgehalt ein aggressives und bedrohliches Verhalten beinhalte. Damit werde mehr als deutlich die Grenze zu einem „schwierigen Besucher“ überschritten. Schon drei Jahre zuvor sei der Mann durch Drohungen im Jobcenter in Erscheinung getreten. Selbst wenn sein damaliges Verhalten zwar bedrohlich, aber noch nicht strafbar gewesen sein mag, reiche dies für ein Hausverbot dennoch aus. Denn prognostisch sei schon aufgrund des letzten Vorfalls mit weiteren Störungen zu rechnen. Dem Mann könne auch zugemutet werden, mit dem Jobcenter postalisch, telefonisch oder per E-Mail zu verkehren ohne die Diensträume zu betreten.
Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16.6.2019, L 11 AS 190/19 B ER, Abruf-Nr. 214674 unter www.iww.de.
Reiserecht:
Verkehrssicherungspflichten im Hoteleingangsbereich
| Bei der Frage, wann in einem Hotel auf eine mögliche Rutschgefahr hingewiesen werden muss, kommt es auch darauf an, ob die baulichen Verhältnisse den maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprechen. |
Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines Reisenden hin. Der Mann ist linksseitig oberschenkelamputiert, trägt eine Prothese und ist auf eine Unterarmstütze angewiesen. Der Mann hatte eine Pauschalreise nach Lanzarote gebucht. Am Tag nach der Ankunft geriet er beim Verlassen des Hotels zu Fall, als er die regennasse Rollstuhlrampe vor dem Hoteleingang zu Fuß passieren wollte. Bei dem Sturz erlitt er eine Handgelenksfraktur. Er verklagte daraufhin das Reiseunternehmen unter anderem auf Rückzahlung des Reisepreises, Ersatz materieller Schäden, Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und Schmerzensgeld. Damit blieb er in den ersten beiden Instanzen jedoch ohne Erfolg.
Der BGH hat die zweitinstanzliche Entscheidung aufgehoben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses wird im weiteren Prozessverlauf klären müssen, ob der Bodenbelag der Rollstuhlrampe den für die Hotelanlage maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprach. Das Berufungsgericht hielt diese Frage für nicht entscheidungserheblich. Es sei ausreichend, einen Hotelgast vor einer Rutschgefahr bei Nässe mit einem Warnschild zu warnen.
Das gelte nach Ansicht der Richter am BGH aber nur für den Fall, dass die Rollstuhlrampe den maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprach und damit den Sicherheitsstandard bot, den ein Hotelgast erwarten durfte. Sollte die Rollstuhlrampe diesem Standard nicht entsprochen haben, bestand hingegen eine besondere Gefährdungslage. Dann reiche ein Warnschild im Bereich der Rampe nicht aus.
Quelle | BGH, Urteil vom 14.1.2020, X ZR 110/18, Abruf-Nr. 214673 unter www.iww.de.
Versicherungsrecht:
Kündigung des Versicherungsvertrags ist auch ohne Bestätigung wirksam
| Ein Versicherungsvertrag ist auch beendet, wenn der Versicherer die Kündigung des Versicherungsnehmers nicht bestätigt. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig deutlich gemacht. Der Versicherungsnehmer hatte eine Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Weil sein Fahrzeug im März 2016 bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden war, wollte er vom Versicherer Ersatz obwohl er selbst den Versicherungsvertrag anderthalb Jahre zuvor gekündigt hatte.
Das OLG wies darauf hin, dass der Versicherer die Zahlung zu Recht abgelehnt hatte. Der Versicherungsvertrag sei aufgrund der Kündigung wirksam beendet worden. Der Versicherer habe weder gegenüber dem Versicherungsnehmer bestätigen müssen, dass er die Kündigung erhalten habe, noch dass er diese als wirksam anerkenne. Hätte der Versicherungsnehmer Zweifel hieran gehabt, hätte er selbst beim Versicherer nachfragen müssen. Der Versicherungsnehmer habe auch nicht durch späteres Verhalten gegenüber dem Versicherer zu erkennen gegeben, dass er den Versicherungsvertrag doch habe fortsetzen wollen. Insbesondere habe er auch keine weiteren Beiträge mehr gezahlt. Der Versicherer sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Versicherungsnehmer auf seinen fehlenden Versicherungsschutz hinzuweisen.
Quelle | OLG Braunschweig, Hinweisbeschluss vom 2.9.2019, 11 U 103/18, Abruf-Nr. 211898 unter www.iww.de.
Vertragsrecht:
Der Ausschankplan bei einer Hochzeitsfeier ist verbindlich
| Die Gastgeber einer Hochzeitsfeier müssen für das Servieren von Getränken an ihre Gäste selbst nicht zahlen, wenn zuvor mit dem Gastronomiebetrieb vereinbart worden war, dass nur bestimmte Spirituosen/Getränke angeboten werden sollen und die ausgeschenkten hiervon nicht umfasst sind. |
Das musste sich ein Gastronom vor dem Amtsgericht Frankfurt a.M. sagen lassen. Er hatte einen Veranstaltungsraum für eine Hochzeitsfeier einschließlich gastronomischer Leistungen vermietet. Vereinbart war eine Getränkekostenobergrenze i.H.v. 5.000 EUR. Nach den Feierlichkeiten stellte der Gastronom dem Brautpaar den Maximalbetrag von 5.000 EUR in Rechnung. Die Brautleute wollten jedoch einen Teilbetrag von 1.022,50 EUR nicht bezahlen. Dieser war für die folgenden Getränke angefallen: Jackie Cola (416,50 EUR), Wodka Orange (289,00 EUR), Tequila (108,50 EUR), Gin Tonic (170,00 EUR), Sky Wodka (21,00 EUR) und Absolut Wodka (17,50 EUR). Daraufhin erhob der Gastronom Klage.
Das Amtsgericht Frankfurt a. M. kam nach einer Beweisaufnahme zu der Überzeugung, die Parteien hätten vereinbart, dass an Getränken lediglich Prosecco, Rotwein, Weißwein, Bier, Wodka Red Bull, Whisky Sour, Wasser und Säfte haben ausgeschenkt werden dürfen. Der Wortlaut der Getränkeabsprache sei hierbei eindeutig gewesen. Die Interpretation des Wirtes, dass auch „wesensgleiche“ Getränke erfasst seien, war daher nicht tragbar. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen hätte der Gastronom keinen weitergehenden Anspruch mehr.
Quelle | Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 3.9.2019, 31 C 376/19 (23), Abruf-Nr. 214672 unter www.iww.de.
Vertragsrecht:
Allgemeines ärztliches Attest reicht für Kündigung des Fitnessstudiovertrags nicht aus
| Wird in einem Attest bescheinigt, dass der Kunde aus „gesundheitlichen Gründen“ nicht in der Lage ist, das Fitnessstudio zu nutzen, kann er allein deshalb den Fitnessstudiovertrag nicht fristlos kündigen. |
So entschied es das Amtsgericht Frankfurt a. M. im Fall eines Fitnessstudiobetreibers. Der hatte einen Kunden auf rückständige Mitgliedsentgelte i.H.v. ca. 1500 EUR verklagt. Der Kunde berief sich darauf, dass er den Vertrag aus „gesundheitlichen Gründen“ fristlos gekündigt hatte. Was ihm genau fehlte, blieb im Verfahren offen. Der Kunde legte lediglich ein Attest vor, dass ihm entsprechend „gesundheitliche Gründe“ bescheinigte.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Kunde sich in der Kündigungserklärung, auf die die Kündigung aus wichtigem Grund gestützt war, zwar darauf beschränken dürfe, auf „gesundheitliche Gründe“ abzustellen. Im Prozess müsse er aber nachprüfbar vortragen und beweisen, dass er an einer bestimmten Erkrankung gelitten habe, die es ihm verwehrt habe, sich im Fitnessstudio sportlich zu betätigen. Auch hier hatte sich der Kunde jedoch nicht näher dazu erklärt, welche „gesundheitlichen Gründe“ vorlagen. Er wollte vielmehr, dass das Gericht dies selbst durch die Vernehmung der behandelnden Ärztin ermitteln solle. Das Gericht lehnte dies ab. Es handele sich um ein unzulässiges Beweisangebot zur Ausforschung des Sachverhalts.
Quelle | Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 25.9.2019, 31 C 2619/19, Abruf-Nr. 213388 unter www.iww.de.