Entziehung der Fahrerlaubnis:
Rückkehr an den Unfallort nach Unfallereignis
Bei einem Beschuldigten, der sich etwa 1 1/2 Stunden nach einem Unfallereignis freiwillig bei der Polizei und dort einen von ihm (mit)verursachten Unfall meldet, liegen besondere Umstände vor, die ein Absehen von der Regelentziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen können.
Diese für den Betroffenen vorteilhafte Entscheidung traf das Amtsgericht Bielefeld. Von einem solchen „Rückkehrerfall“ ist immer dann die Rede, wenn der Beschuldigte nach einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort an den Unfallort zurückgekehrt ist oder sich nachträglich bei der Polizei gemeldet hat. Dann sehen die Gerichte häufig von der Regelentziehung der Fahrerlaubnis ab (AG Bielefeld, 9 Gs-402 Js 3422/13-5435/13).
Schadenabwicklung:
Versicherer ist trotz fehlender Einsicht in Ermittlungsakte in Verzug
Der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer ist spätestens sechs Wochen nach Anspruchsstellung in Verzug. Dass er die Ermittlungsakte noch nicht einsehen konnte, entlastet ihn nicht. Denn er kann sich ein Bild von der Unfallangelegenheit auch durch Befragung seines Versicherungsnehmers machen.
So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. Das deckt sich mit Urteilen anderer Gerichte. So hat z.B. das OLG Düsseldorf ausdrücklich gesagt, dass der Versicherer auf eigenes Risiko auf die Ermittlungsakte wartet. Wenn sich aus der Ermittlungsakte für den Versicherer „keine Haftung“ ergäbe, muss er für nichts aufkommen. Ergibt sich seine Haftung aber aus der Akte, muss er die Konsequenzen tragen. Im Düsseldorfer Fall waren das weit mehr als 100 Tage Nutzungsausfallentschädigung.
Hinweis: In einem solchen Fall ist ein Warnhinweis an den Versicherer erforderlich, wenn der Geschädigte selbst nicht liquide ist! Dieser Hinweis sollte spätestens nach einer Woche erfolgen. Haftet der Versicherer, muss er u.a. auch in der Werkstatt anfallendes Standgeld bezahlen, sowie Verzugszinsen und gegebenenfalls die Prozesskosten (OLG Stuttgart, 3 W 48/13; OLG Düsseldorf, I-1 U 151/06).
Verkehrsunfall:
Verschuldensquote beim Einparken und Rechtsüberholen
Stößt ein nach rechts in eine Parklücke abbiegender Kraftfahrzeugführer mit einem sein Fahrzeug rechts überholenden Rollerfahrer zusammen, kann ein gleich hoher Verschuldensanteil beider Verkehrsteilnehmer vorliegen.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Jaguarfahrers entschieden, der einen Parkplatz gesucht hatte. Als er nach rechts in eine Parkbucht fuhr, kam es zum Zusammenstoß mit einem hinter ihm fahrenden Rollerfahrer. Der hatte den Jaguar rechts überholen wollen. Der Rollerfahrer brach sich den Oberschenkel, außerdem wurden beide Fahrzeuge beschädigt. Beide Fahrer hielten sich für unschuldig und verlangten von dem jeweils anderen ihren vollen Schaden ersetzt.
Die Richter am OLG sprachen beiden Fahrzeugführern jeweils 50 Prozent ihres Sachschadens zu, dem Rollerfahrer außerdem ein Schmerzensgeld. Bei beiden Fahrern seien mehrere erhebliche Verkehrsverstöße zu berücksichtigen, die eine gleich hohe Haftungsquote rechtfertigen würden. Der Jaguarfahrer sei zwar nicht in ein Grundstück abgebogen, weil neben der Fahrbahn liegende Parkbuchten und Parkboxen keine Grundstücke im Sinne der Straßenverkehrsordnung seien. Jedoch sei bei der Haftungsverteilung das durch die örtlichen Verhältnisse begründete, mit einer Grundstückszufahrt vergleichbare Gefährdungspotential zu berücksichtigen. Durch einen unmittelbar vor dem Einparken vorgenommenen Linksschwenk habe der Jaguarfahrer zudem gegen das für einen Rechtsabbieger geltende Gebot, sich möglichst weit rechts einzuordnen, verstoßen. Außerdem habe er die auch für einen Rechtsabbieger geltende doppelte Rückschaupflicht missachtet. Hätte er unmittelbar vor dem Abbiegen ein zweites Mal Rückschau gehalten, hätte er den rechts vorbeifahrenden Rollerfahrer bemerkt und den Abbiegevorgang rechtzeitig abbrechen können. Dem Rollerfahrer sei vorzuwerfen, dass er den Jaguar in unzulässiger Weise rechts überholt habe. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass links zu überholen sei, gelte nur, wenn der zu Überholende seine Absicht, links abzubiegen angekündigt und sich entsprechend eingeordnet habe. Hiervon habe der Rollerfahrer beim Jaguar nicht ausgehen können, der weder den linken Blinker betätigt noch sich eindeutig zum Linksabbiegen eingeordnet gehabt habe. Dem Rollerfahrer sei zudem vorzuwerfen, dass er mit einer für die Verkehrssituation zu hohen Geschwindigkeit gefahren sei. Aufgrund der für ihn nicht eindeutigen Fahrweise des Jaguars habe er den Roller bis zur Schrittgeschwindigkeit abbremsen und abwarten müssen, um auf das weitere Fahrverhalten des Jaguars angemessen zu reagieren. Keinesfalls habe er sofort und ungebremst rechts am Jaguar vorbeifahren dürfen (OLG Hamm, 9 U 88/13 und 9 U 89/13).
Ausfallschaden:
Nutzungsausfall bei nicht zeitnaher Ersatzbeschaffung
Erstattet der eintrittspflichtige Versicherer nach einem Totalschaden erst fünfeinhalb Monate nach dem Unfallereignis den Fahrzeugschaden, kann er nicht einwenden, der Geschädigte könne keine Nutzungsausfallentschädigung verlangen, weil er sich erst knapp sieben Monate nach dem Unfall ein Ersatzfahrzeug beschafft hat.
Das hat das Landgericht (LG) Wiesbaden dem Versicherer ins Stammbuch geschrieben. Dieser hatte sich auf ein typisches Versicherer-Argument berufen: Wer sich erst so spät nach dem Unfall ein Ersatzfahrzeug beschaffe, habe damit gezeigt, dass er kein Fahrzeug benötige. Ihm fehle also der Nutzungswille. Der sei aber Voraussetzung für die Zuerkennung von Nutzungsausfallentschädigung. Der Geschädigte hatte jedoch vor Gericht nachgewiesen, dass er sich ohne die Schadenersatzleistung kein Ersatzfahrzeug anschaffen konnte (LG Wiesbaden, 7 O 40/12).
Mietwagen:
Telefonische Mietpreisvorgabe des Versicherers ist meist unwirksam
Der telefonische Hinweis eines Versicherers an den Geschädigten, dass der Mietwagen nicht mehr als 34 EUR kosten dürfe, löst keine Pflichten des Geschädigten aus.
Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Altenkirchen. Das ergebe sich aus der fehlenden Mitteilung, wo genau und zu welchen Konditionen ein Fahrzeug zu diesem Preis angemietet werden könne. Die Informationen müssten so präzise sein, dass der Geschädigte letztlich wie bei einem Angebot nur noch „ja“ zu sagen braucht (Amtsgericht Altenkirchen, 71 C 242/13).