Verkehrsrecht Info - 06.2020

10.06.2020
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Abtretung:

Unwirksame Klausel zur Abtretung an den Kfz-Sachverständigen

| Kfz-Sachverständige lassen sich gerne den Schadenersatzanspruch des Geschädigten abtreten, um ihren Honoraranspruch zu sichern. Die entsprechenden Klauseln sind aber nicht unbedingt belastungssicher. Gerade hat der BGH eine Klausel für unwirksam erklärt. |

Der 6. Senat entschied, dass die in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens enthaltene formularmäßige Klausel, nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch „erfüllungshalber“ seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam ist, wenn die Klausel zugleich die Regelung enthält „Das Sachverständigenbüro kann die Ansprüche gegen mich [geschädigter Auftraggeber] geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. In diesem Fall erhalte ich die Forderung zurück, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner durchzusetzen.“

Quelle | BGH, Urteil vom 18.2.20, VI ZR 135/19, Abruf-Nr. 215370 unter www.iww.de.


Haftungsrecht:

Rechtsabbieger muss auf Radfahrer achten

| Ein wartender Lkw-Fahrer muss sich vor dem Rechtsabbiegen vergewissern, dass sich rechts neben seinem Fahrzeug keine Radfahrer eingeordnet haben. |

Das verdeutlichte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem Schadenersatz- und Schmerzensgeldprozess nach einem Verkehrsunfall. Die Richter erläuterten, dass der Lkw-Fahrer auch darauf achten müsse, ob ein bevorrechtigter Radfahrer zu ihm aufschließt oder an seinem Lkw vorbeifährt, während er vor der Ampel auf Grünlicht wartet. Es reicht insofern nicht aus, dass der Lkw-Fahrer den Fahrtrichtungsanzeiger nach rechts betätigt hat.

Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.7.2019, 1 U 170/18, Abruf-Nr. 215587 unter www.iww.de.


Führerscheinentzug:

Messis kann Führerschein entzogen werden

| Kommt ein Gutachten zu dem Ergebnis, dass ein Messi-Syndrom (Persönlichkeitsstörung im Sinne eines zwanghaften Hortens) vorliegt, kann dies zu einer bedingten Fahreignung führen. Dann sind Auflagen zur Fahrerlaubnis möglich, die sogar in einem Entzug der Fahrerlaubnis münden können. |

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe. Geklagt hatte eine Frau. Bei mehreren Polizeikontrollen war festgestellt worden, dass ihr Fahrzeug bis zum Dach mit Unrat gefüllt war und stark nach Müll roch. Ihre unsichere Fahrweise war darauf zurückzuführen, dass auch die Bedienelemente wie Pedale, Gangschaltung etc. mit Müll bedeckt waren. Eine verkehrsmedizinische Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass bei der Frau eine Zwangsstörung im Sinne eines zwanghaften Hortens, ein sog. Messi-Syndrom, vorliegt.

Die Behörde ordnete daraufhin an, dass die Frau in den nächsten zwei Jahren in halbjährlichen Abständen eine Bescheinigung eines sozialpsychologischen Dienstes vorlegen müsse, aus welcher ersichtlich sei, dass eine Aufarbeitung des pathologischen Hortens in Fahrzeug und Wohnhaus stattfinde und die Erfolge durch engmaschige Kontrollen des Fahrzeugs und des Wohnhauses sichergestellt würden. Zudem müsse sie durch eine entsprechende Bescheinigung nachweisen, dass sie die fachpsychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten des zwanghaften Hortens bzw. der zwanghaften Persönlichkeitsstörung mit einem Facharzt für Psychiatrie abgeklärt habe.

Widerspruch und Klage der Frau blieben erfolglos. Die Richter am VG machten deutlich, dass die Frau lediglich bedingt fahrgeeignet sei. Das Zustellen/Zumüllen von Bedienelementen in ihrem Fahrzeug sei fahrerlaubnisrelevant. Die Folgen dieser Störung und die fehlende Einsicht der Frau seien ein Sicherheitsrisiko. Die Frau halte ihr Fahrzeug durch das Beladen mit Gesammeltem bis unter das Dach nicht durchgehend in einem fahrbereiten Zustand. Daher sei sowohl die Sicht als auch die Bedienfunktion eingeschränkt. Die Frau erfülle die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1/2 (FE Klasse 3) nur unter Auflagen. Dies deckt sich mit den polizeilichen Feststellungen, wonach zum einen das Bedienen der Gangschaltung, der Handbremse und der Pedale wegen der gesammelten Dinge nur schwer möglich sei und zum anderen das Herausschauen aus dem Fahrzeug beeinträchtigt werde.

Es sei daher zulässig, dass die Behörde Auflagen zur Fahrerlaubnis erteile. Ein Entzug der Fahrerlaubnis im Falle einer noch bedingten Eignung wäre unverhältnismäßig, weil er nicht das mildeste Mittel darstelle. In einem solchen Fall sei vorrangig, die Fahrerlaubnis zu beschränken oder Auflagen anzuordnen, wenn die Mängel hierdurch ausgeglichen werden könnten. Die Anordnung der Behörde bewege sich in diesem Ermessensrahmen.

Quelle | VG Karlsruhe, Urteil vom 25.2.2020, 9 K 4395/18, Abruf-Nr. 215586 unter www.iww.de.


Fahrerlaubnisrecht:

Bei Schlaganfallpatienten muss die Fahrerlaubnis für Lkw entzogen werden

| Liegen kreislaufabhängige Störungen der Hirntätigkeit (Schlaganfall) vor, ist die Fahreignung für die Fahrerlaubnisklassen der zweiten Gruppe („LKW-Führerschein“) ohne Einschränkung zu verneinen. |

Das bekräftigte das Verwaltungsgericht (VG) Aachen im Fall eines Lkw-Fahrers, der einen Schlaganfall erlitten hatte. Daraufhin entzog ihm die Behörde die Fahrerlaubnis für die Gruppe 2 („Lkw-Führerschein“). Die Klage des Mannes hiergegen blieb ohne Erfolg.

Das VG verwies auf das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Danach ist einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das ist insbesondere der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. So stellt die FeV ausdrücklich klar, dass beim Vorliegen von kreislaufabhängigen Störungen der Hirntätigkeit keine Fahreignung für die Fahrerlaubnisklassen der zweiten Gruppe (u.a. C1, C1E, C und CE) besteht.

Zwar kann der Entzug der Fahrerlaubnis die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen. Derartige Folgen, die im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen können, muss der Betroffene jedoch hinnehmen. Angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs ist der Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben vorrangig.

Es lagen auch keine besonderen Umstände vor, aufgrund derer der Fall hätte ausnahmsweise abweichend bewertet werden können. Insbesondere reicht das geltend gemachte Abklingen der Symptome dafür nicht aus. Maßgeblich sind vielmehr die typischerweise bei Schlaganfallpatienten mit dem Risikohintergrund „arterieller Hypertonie und Nikotinabusus“ bestehenden Rückfallgefahren. Diese rechtfertigen im öffentlichen Interesse der Verkehrssicherheit den sofortigen Entzug des „Lkw-Führerscheins“.

Quelle | VG Aachen, Beschluss vom 15.4.2020, 3 L 2/20, Abruf-Nr. 215585 unter www.iww.de.

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