Schadenabwicklung:
Auch ein erst nach Verkauf des Fahrzeugs erkannter Schaden muss ersetzt werden
| Zeigt sich nach einem Unfall und der Reparatur des Schadens ein Spätschaden, so ist der vom ursprünglichen Schadenersatzanspruch umfasst. Daran ändert auch nichts, dass das Fahrzeug zwischenzeitlich verkauft ist. Der Käufer kann sich den Anspruch abtreten lassen. |
Das ist das Ergebnis aus einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Hamburg-Barmbek. Das Fahrzeug hatte bei dem Unfall auch einen Schaden an einer Antriebswelle erlitten. Das fiel jedoch erst einige Zeit nach dem Unfall durch eine unnormale Geräuschentwicklung auf. Der Nachweis, dass dieser Schaden an der Antriebswelle auf den Unfall zurückzuführen war, gelang. Auf die Inzahlunggabe des nicht reparierten und den Weiterverkauf des reparierten Fahrzeugs in der Zwischenzeit kommt es nicht an. Wenn nicht der ursprüngliche Geschädigte aktiv wird, lässt sich die Kette durch eine Abtretung dessen Anspruchs schließen.
Quelle | Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Urteil vom 19.2.2016, 821 C 228/13, Abruf-Nr. 185713 unter www.iww.de.
Anwaltskosten:
Hamburger Gerichte: Es gibt keine einfach gelagerten Unfälle
| Nun ist auch die Hamburger Justiz auf die Linie eingeschwenkt: Aus Sicht des Geschädigten ist zu Beginn einer Schadenregulierung immer mit Schwierigkeiten zur Bewertung der Schadenhöhe zu rechnen. Es ist also stets im schadenrechtlichen Sinne erforderlich, einen Rechtsanwalt für die Schadenregulierung einzuschalten. |
Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Anwaltskostenerstattung nur versagt werden, wenn ein einfach gelagerter Fall vorliegt. Das heißt:
- Der Geschädigte ist intellektuell und sprachlich in der Lage, mit einem Versicherer zu kommunizieren.
- Die Haftungslage ist von Anfang an unzweifelhaft eindeutig.
- Mit Einwendungen zur Schadenhöhe ist von Anfang an nicht zu rechnen.
Dabei kommt es auf die Situation vor der Schadenregulierung an. Dass der Versicherer in seltenen Einzelfällen tatsächlich völlig problemlos reguliert hat, tut nichts zur Sache. So entscheidet derzeit ein Gericht nach dem anderen: Die Erfahrung lehrt, dass mit Kürzungen bei den einzelnen Positionen im Vorhinein („ex ante“) immer zu rechnen ist.
Quelle | LG Hamburg, Urteil vom 11.3.2016, 306 S 85/15, Abruf-Nr. 185678 unter www.iww.de; AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 27.4.2016, 917 C 121/15, Abruf-Nr. 185718.
Autobahn:
Das müssen Sie beim Auffahren auf die Autobahn beachten
| Was tun, wenn einem beim Einfädeln auf die Autobahn oder auf eine Kraftfahrstraße plötzlich der Beschleunigungsstreifen „ausgeht“? „Kraftfahrer müssen in jedem Fall dem fließenden Verkehr Vorrang gewähren und notfalls anhalten, um dann mit dem erforderlichen Sicherheitsabstand auf die rechte Fahrspur zu wechseln“, betont Hans-Ulrich Sander, Kraftfahrtexperte von TÜV Rheinland: „Bei Auffahren auf die Autobahn gilt nicht das Reißverschlussverfahren. Das greift nur, wenn zwei oder mehrere Fahrspuren etwa wegen eines Hindernisses zusammengeführt werden.“ Das Befahren des Standstreifens als verlängerte Beschleunigungsspur ist grundsätzlich verboten. |
Ausreichend Sicherheitsabstand einhalten
Um sicher auf die Autobahn zu gelangen, den linken Blinker setzen, zügig beschleunigen, den fließenden Verkehr in den Rückspiegeln und schließlich per Schulterblick beobachten und dann mit ausreichend Abstand auf die rechte Spur fahren. Auf keinen Fall mit Gewalt zwischen zwei Fahrzeuge drängeln. Das bringt einen selbst und andere in Gefahr. Übrigens: Auf der Beschleunigungsspur darf schneller gefahren werden als auf dem rechten Fahrstreifen.
Zunächst auf der rechten Spur bleiben
Andere Verkehrsteilnehmer können bei Auffahrmanövern – insbesondere von langsamen Fahrzeugen wie schwer beladenen Lkw – die Geschwindigkeit reduzieren oder nach links ausweichen, sofern das der fließende Verkehr gefahrlos zulässt. „Nach dem Einfädeln aus Sicherheitsgründen zunächst auf der rechten Spur weiterfahren und nicht direkt nach links ausscheren. Auch hier gilt: Erst wenn sich im Rückspiegel eine ausreichend große Lücke ergibt, die Fahrspur wechseln“, erklärt TÜV Rheinland-Fachmann Sander.
Quelle | ots, TÜV Rheinland AG
Ausfallschaden:
Mietwagen und Nutzungsausfallentschädigung trotz Verletzung
| Eine HWS-Distorsion, eine Gesichtsprellung und eine Knieprellung hindern nicht daran, Auto zu fahren. Also schuldet der Schädiger trotz dieser Verletzungen den Ausfallschaden. |
So entschied es das Amtsgericht Stuttgart. Der Versicherer hatte eine Entschädigung mit folgendem Argument verweigert: Wegen der Verletzungen habe die Geschädigte kein Auto fahren können. Daher fehle ihr auch das Fahrzeug nicht.
Im Kern ist das nicht völlig verfehlt: Wer wegen der unfallbedingten Verletzung nicht fahren kann, würde ja auch dann nicht fahren, wenn ein Fahrzeug vor der Tür stünde. So fehlt es dann zwar nicht am Nutzungswillen, aber eben an der Nutzungsmöglichkeit. Die Geschädigte im vorliegenden Fall konnte aber fahren. Im Übrigen – so das Gericht – könne sie sich ja auch fahren lassen. Ebenso könne es sein, dass das beschädigte Fahrzeug regelmäßig von weiteren Personen genutzt wird.
Quelle | Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 18.4.2016, 45 C 5656/15, Abruf-Nr. 185561 unter www.iww.de.
Geschwindigkeitsüberschreitung:
Wer innerorts 28 km/h zu schnell ist, kann wegen Vorsatz verurteilt werden
| Der Bußgeldrichter kann – ohne Weiteres zum Wissen und Wollen des Fahrzeugführers festzustellen – von einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ausgehen, wenn der Fahrzeugführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschritten hat. |
Das musste sich ein Autofahrer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm sagen lassen. Er war bereits mehrfach verkehrsrechtlich, u.a. wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen in Erscheinung getreten. Bei einem Überholmanöver innerorts überschritt er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Er wurde mit 78 km/h geblitzt.
Das Amtsgericht verurteilte ihn zu einem Bußgeld von 300 EUR. Diese Geldbuße liegt deutlich über dem im Bußgeldkatalog für derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen vorgesehen Betrag von 100 EUR. Dabei ging das Amtsgericht von Vorsatz bei der Tat aus. Zudem berücksichtigte es zulasten des Betroffenen seine Voreintragungen.
Das OLG hat die Entscheidung bestätigt und die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unbegründet verworfen. Der Betroffene sei zu Recht wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt worden. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung handele vorsätzlich, wer die Geschwindigkeitsbeschränkung kenne und bewusst dagegen verstoße. Ein starkes Indiz für vorsätzliches Handeln könne sein, wie stark die Geschwindigkeit überschritten worden sei. Dabei komme es auf das Verhältnis zwischen der gefahrenen und der vorgeschriebenen Geschwindigkeit an. Die Richter gingen von dem Erfahrungssatz aus, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibe, wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschreite. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Der Betroffene habe die innerorts zulässige Geschwindigkeit aufgrund der Schilder vor Ort gekannt. Im Zeitpunkt der polizeilichen Kontrolle habe er sie – zudem bei einem Überholmanöver – um mehr als 50 Prozent überschritten. Allein dieser Umstand rechtfertige es, einen vorsätzlichen Verstoß anzunehmen, den der Tatrichter nicht mit weitergehenden Feststellungen begründen müsse.
Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 10.5.2016, 4 RBs 91/16, Abruf-Nr. 186556 unter www.iww.de.