Bauaufsichtsrecht:
Stadt darf sichergestellte Häuser nicht verwerten
Die Stadt Mainz kann zwei von ihr sichergestellte Wohnhäuser, die wegen Verstößen gegen die Anforderungen an die Trinkwasserversorgung und an den Brandschutz nicht mehr genutzt werden dürfen, nicht verwerten.
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall von klagenden Miteigentümern zweier Häuser in der Mainzer Neustadt. Nachdem mehrere Verfügungen der Bauaufsichtsbehörde zur Beseitigung baulicher Mängel nicht erfüllt worden waren, wurden die Häuser aufgrund polizeirechtlicher Verfügungen sichergestellt und in Verwahrung genommen. Zwei Jahre später ordnete die Stadt zur Vermeidung weiterer hoher Verwahrungskosten die Verwertung der beiden Häuser an, die durch öffentliche Versteigerung erfolgen solle.
Das OVG hob die Verwertungsanordnungen der Stadt jedoch auf. Diese könnten entgegen der Auffassung der Stadt nicht auf das allgemeine Polizeirecht gestützt werden. Die entsprechenden Bestimmungen seien nur auf die Verwertung beweglicher Sachen, nicht jedoch von Immobilien zugeschnitten. Die Versteigerung von Grundstücken stelle einen massiven Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentum dar, die in der Wirkung einer Enteignung gleichkomme. Deshalb sei sie verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn der Gesetzgeber Verfahrensvorschriften erlassen habe, die eine unverhältnismäßige Verschleuderung von Grundeigentum verhindere. Solche Vorschriften, wie sie etwa das Zwangsversteigerungsgesetz enthalte, fehlten in den Bestimmungen des Polizeirechts über die Verwertung sichergestellter (beweglicher) Gegenstände. Damit blieben der Stadt zur Beseitigung der Missstände, welche von den Häusern der Kläger ausgingen, nur die Befugnisse nach den baurechtlichen Regelungen. Soweit danach die Gefahr bestehe, dass letztlich die Allgemeinheit die Kosten einer Mängelbeseitigung durch die Stadt tragen müsste, weil ein Regress bei den Grundstückseigentümern nicht realisiert werden könne, sei allein der Gesetzgeber berufen. Er müsse andere Möglichkeiten für einen zwangsweisen Zugriff auf verwahrloste Immobilien schaffen. Tue er dies nicht, hätten die Kommunen keine weitergehenden Handlungsmöglichkeiten (OVG Rheinland-Pfalz, 8 A 10236/12.OVG und 8 A 10253/12.OVG).
Baumangel:
Eine Ausführung nach anerkannten Regeln der Technik kann auch mangelhaft sein
Die Werkleistung des Unternehmers kann auch dann mangelhaft sein, wenn sie den anerkannten Regeln der Technik entspricht, aber nicht funktionstauglich ist.
So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Bauherren, der in seinem Neubau Kunststoffrohre mit Messingverbundstücken verlegen ließ. Nach drei Wasserschäden verlangte er vom Bauunternehmer den Austausch der Rohre. Dieser weigerte sich und trug vor, dass er Materialien mittlerer Art und Güte eingebaut habe. Die Wasserschäden seien auf einen unerwartet hohen Chloridgehalt im Trinkwasser zurückzuführen. Bei der Planung wären die Werte weitaus niedriger gewesen. Der Bauherr klagte daraufhin einen Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung ein.
Dieser wurde ihm vom OLG zugesprochen. Die Richter machten deutlich, dass die Werkleistung mangelhaft sei, weil sie nicht funktionstauglich sei. Dabei sei unerheblich, dass den Bauunternehmer kein Verschulden treffe und sein Werk bei Abnahme den Regeln der Technik entsprochen habe. Auch ein diesen Regeln entsprechendes Werk sei mangelhaft, wenn es nicht den Beschaffenheitsvereinbarungen oder den erkennbaren Bedürfnissen des Bauherren entspreche oder es sonst in seiner Gebrauchsfähigkeit eingeschränkt sei. Letztlich sei der vertraglich vereinbarte Erfolg geschuldet, nicht bloß ein den anerkannten Regeln der Technik entsprechendes Werk (OLG Hamm, 17 U 170/11).
Grenzverlauf:
Der Streit um den Grenzstein…
Grenzsteine sollen verhindern, dass sich benachbarte Grundstückseigentümer über einen Grenzverlauf streiten. Um diesem Zweck gerecht zu werden, ist es erforderlich, dass der Grenzstein leicht und ohne Weiteres erkennbar ist. Eine Überbauung des Grenzsteins verhindert dies. Es besteht daher ein Anspruch auf Wiederherstellung des Grenzsteins und Beseitigung der Überbauung.
Das stellte das Amtsgericht München im Falle zweier Nachbarn klar, auf deren Grundstücksgrenze sich ein Grenzstein befand. Eines Tages errichtete der eine Nachbar auf seinem Grundstück einen Neubau und baute eine Betonmauer auf die Grenze. Diese Mauer schloss auch den Grenzstein ein. Dagegen wehrte sich der andere Nachbar. Schließlich sei der Grenzstein jetzt nicht mehr erkennbar. Er verlangte die Wiederherstellung des alten Zustands durch das Vermessungsamt. Das sei völlig unnötig, so der Bauherr. In der Mauer befänden sich zwei Löcher, durch die man den Grenzstein sehen könne. Dies reichte dem Nachbarn nicht. Er erhob Klage.
Die zuständige Richterin gab ihm recht. Sinn und Zweck eines Grenzsteins sei es, die Grenzen der Grundstücke örtlich zu kennzeichnen. Zwar ändere ein Grenzstein nicht den Grenzverlauf und damit auch nicht die Eigentumsverhältnisse. Er habe aber hohen Beweiswert. Er diene auch dazu, zu verhindern, dass sich Grundstücksnachbarn über den Grenzverlauf streiten. Um diesem Zweck gerecht zu werden, sei es aber erforderlich, dass der Grenzstein leicht und ohne Weiteres erkennbar sowie gut zugänglich sei. Diese Voraussetzungen seien hier durch den Überbau mit der Betonmauer nicht mehr erfüllt. Die Löcher in der Mauer würden nicht ausreichen. Zum einen sei das erste Loch sehr klein und erlaube nur einen Blick auf den 15 cm tief in der Mauer befindlichen Grenzstein. Im Übrigen befinde sich dieses Loch auf Bodenniveau. Der Stein sei nur erkennbar, wenn man in die Hocke gehe und den Kopf auf Höhe des Lochs bringe. Zusätzlich erfordere dies auf jeden Fall eine Lichtquelle. Auch das zweite Loch rechtfertige keine andere Beurteilung. Zum einen sei es zu klein, zum anderen sei bei einem Blick durch dieses Loch nur Erde erkennbar. Es bestehe daher ein Anspruch auf Wiederherstellung des alten Zustandes zumal auch nicht ausgeschlossen werde könne, dass beim Bau der Mauer der Grenzstein auch verrückt worden sein könnte (Amtsgerichts München, 244 C 31256/09).