Mietrecht und WEG Info - 11.2022

WEG-Recht:

Eigentümergemeinschaft kann Schwimmbad und Sauna nicht per Beschluss stilllegen

| Sind in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung bestimmte Gemeinschaftseinrichtungen (hier: Schwimmbad und Sauna) und die Pflicht der Gemeinschaft zu deren Erhaltung vorgesehen, widersprechen Beschlüsse über deren Stilllegung ordnungsmäßiger Verwaltung. Eine Stilllegung ist nur einstimmig möglich. So hat es das Amtsgericht (AG) Hamburg-Altona entschieden. |

Im Kern ging es um die praxisrelevante Frage, ob die Kompetenz der Eigentümergemeinschaft, bauliche Veränderungen zu beschließen, so weit geht, dass dadurch faktisch die Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung bzw. die in ihr niedergelegte Zweckbestimmung gemeinschaftlicher Flächen oder Einrichtungen geändert wird. Denn es gibt in vielen Gemeinschaften Einrichtungen, die nicht mehr zeitgemäß oder gewünscht sind, z. B. Müllabwurfanlagen.

Das war geschehen

Im Fall des AG verfügte eine Wohnungseigentumsanlage über ein in die Jahre gekommenes und entsprechend instandsetzungsbedürftiges Schwimmbad nebst Sauna. Beide Einrichtungen wurden in der Teilungserklärung als Teil des Gemeinschaftseigentums aufgeführt. Weiter sah die Teilungserklärung vor, dass die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft obliegt. Statt der Instandsetzung wurde in einer Eigentümerversammlung die Stilllegung von Schwimmbad und Sauna beschlossen und die Verwaltung zur Erteilung entsprechender Aufträge für die bauliche Umsetzung ermächtigt. Nach Auffassung der Gemeinschaft war der Stilllegungsbeschluss als Grundlagenbeschluss über eine bauliche Veränderung zu verstehen. Der Beschluss sei rechtmäßig, weil das neue Recht wesentlich veränderungsfreundlicher geworden sei.

Anfechtungsklage gegen den Beschluss Einstimmigkeit nötig

Dagegen wandte sich ein Eigentümer mit der Anfechtungsklage mit Erfolg. Das AG zweifelte schon daran, ob die Stilllegung einer Einrichtung überhaupt eine bauliche Veränderung sein kann. Unabhängig davon sei eine Beschlussfassung über bauliche Veränderungen nur in den Grenzen des Wohnungseigentumsgesetzes (hier: § 19 Abs. 1 WEG) zulässig. Aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass eine Beschlussfassung, die einer Vereinbarung widerspreche, gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoße. Schon im alten Recht habe gegolten, dass bauliche Veränderungen nur dann beschlossen werden durften, wenn keine Vereinbarung entgegenstand. Weil die Teilungserklärung vorschreibe, dass Schwimmbad und Sauna durch die Gemeinschaft instand zu halten seien, sei eine Stilllegung nur einstimmig möglich.

Quelle | AG Hamburg-Altona, Urteil vom 11.1.22, 303c C 10/21


Nutzungsuntersagung:

Kommen Ratten, müssen Mieter gehen

| Kommt es in einem Wohnhaus zu einem Rattenbefall, und beruht dieser auf baulichen Mängeln, kann eine Nutzungsuntersagung ergehen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden. |

Die Bauaufsicht hatte im Mehrfamilienhaus des Klägers erheblichen Rattenbefall und erhebliche Defekte an der dortigen baulichen Substanz festgestellt. Zudem bestand eine erhöhte Gesundheitsgefährdung für die Mieter. Die Behörde untersagte daraufhin die Nutzung aller Wohnungen. Sie erklärte die Wohnungen für sämtliche Mieter als unbewohnbar. Deren Widerspruch wurde zurückgewiesen. Später wurde die Nutzungsuntersagung aufgehoben, da kein Rattenbefall mehr vorlag und es ihn wohl in zwei Wohnungen auch nie gegeben hatte.

Das OVG hielt die Nutzungsuntersagung trotzdem für rechtmäßig. Unerheblich sei, dass später kein Rattenbefall mehr vorhanden war. Entscheidend sei nämlich die sog. „ex-ante-Prognose“, also die Prognose zum Zeitpunkt der Entscheidung selbst, wenn sie sich später als falsch herausstellt. Die betreffenden Räumlichkeiten genügten außerdem nicht den Anforderungen der Niedersächsischen Bauordnung. Löcher in Wänden und Decken ließen einen fortlaufenden Rattenbefall befürchten, so das OVG.

Quelle | OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.3.2022, 1 LA 127/21


Mietende:

Ohne Vorenthaltung gibt es keine Nutzungsentschädigung

| Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 546a BGB) kann der Vermieter als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist, wenn der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt. Voraussetzung: Der Mieter muss die Mietsache dem Vermieter „vorenthalten“. Die Mietsache wird jedoch nicht vorenthalten, wenn der Vermieter wie hier das Fehlen des erforderlichen Rücknahmewillens bekundet, etwa dadurch, dass er die angebotene Rückgabe ablehnt oder zu erkennen gibt, dass er das Mietverhältnis als nicht beendet ansieht. So hat es nun das Landgericht (LG) Berlin entschieden. |

Das LG Berlin „kassierte“ damit eine Entscheidung des Amtsgerichts (AG), das anderer Auffassung war und sich gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gestellt hatte.

Quelle | LG Berlin, Urteil vom 22.3.2022, 67 T 13/22


Erwartete Kostensteigerungen:

Betriebskostenvorauszahlungen dürfen nicht ohne Weiteres erhöht werden

| Die Mietvertragsparteien können wirksam formularvertraglich vereinbaren, dass ein beiderseitiges Anpassungsrecht der Betriebskostenhöhe durch zugangsbedürftige Erklärung bei Kostenänderungen aufgrund von geänderten Bezugspreisen besteht. Insoweit kommt es aber darauf an, ob sich der Vermieter auch bei entsprechenden Kostensteigerungen eine Erhöhung der Vorauszahlung mietvertraglich zusätzlich vorbehalten hat. So sieht es das Amtsgericht (AG) Hamburg. |

Der Vermieter einer Wohnung verlangte vom Mieter bei einer Betriebskostennachforderung von 11,52 Euro eine Erhöhung der monatlichen Vorauszahlungen um 45,40 Euro. Er begründete die Erhöhung mit nicht näher spezifizierten erwarteten Kostensteigerungen. Das wollte der Mieter nicht mitmachen. Auch dem AG Hamburg genügt das nicht. Die entsprechende Erklärung genüge nicht den Anforderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (hier: § 560 Abs. 4 BGB), da dieses ausdrücklich auf das Ergebnis einer Betriebskostenabrechnung abstelle.

Quelle | AG Hamburg, Urteil vom 27.6.22, 49 C 13/22

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