Steuerrecht Info - 04.2014

19.03.2014
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Neue Steuerbescheide in NRW zeigen die tatsächliche Steuerbelastung

Ab März erhalten die Steuerpflichtigen in Nordrhein-Westfalen neue Steuerbescheide. Die Besonderheit: Als erstes Bundesland führt Nordrhein-Westfalen in den Bescheiden für das Jahr 2013 auf, mit wie viel Prozent Einkommensteuer das Finanzamt das zu versteuernde Einkommen belastet hat. Darüber hinaus ist aufgeführt, welche Abzüge (z.B. Vorsorgeaufwendungen) insgesamt anerkannt wurden.

Hinweis: Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen hat u.a. folgenden „Musterbescheid“ veröffentlicht: Bei einem ledigen Steuerpflichtigen mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (35.000 EUR) ergibt sich nach Abzug von Sonderausgaben ein zu versteuerndes Einkommen von 29.928 EUR. Die Einkommensteuerbelastung für das Jahr 2013 beträgt 5.578 EUR, sodass sich eine Belastung von 18,64 Prozent ergibt.


Entfernungspauschale:

Auch für Mopedfahrer gilt der kürzeste Weg

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich eine recht harte Entscheidung getroffen: Fährt ein Arbeitnehmer mit dem Moped zur Arbeit, kann er bei der Ermittlung der Entfernungspauschale selbst dann keine Umwegstrecke geltend machen, wenn er die kürzeste Strecke nicht befahren darf.

Im Streitfall betrug die kürzeste Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 9 km. Die durch einen mautpflichtigen Tunnel führende Teilstrecke durfte der Steuerpflichtige mit seinem Moped nicht befahren. Deshalb nutzte er eine andere Strecke. Die Entfernung von 27 km machte er in der Einkommensteuererklärung geltend – jedoch ohne Erfolg.

Für die Entfernungspauschale ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend. Eine andere Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird.

Diese Regel gilt auch dann, wenn diese Verbindung über eine Bundesstraße führt, die nur von Fahrzeugen befahren werden darf, die schneller als 60 km/h fahren. Denn die relevante kürzeste Straßenverbindung ist unabhängig vom tatsächlich benutzten Verkehrsmittel für alle Fahrzeuge einheitlich zu bestimmen. Darüber hinaus stellte der BFH bei seiner Entscheidung auf den Vereinfachungsgedanken der Entfernungspauschale ab.

Hinweis: Die von einem Arbeitnehmer tatsächlich benutzte Straßenverbindung ist dann verkehrsgünstiger als die kürzeste Straßenverbindung, wenn mit ihrer Benutzung eine Zeitersparnis oder sonstige Vorteile (z.B. aufgrund von Streckenführung, Schaltung von Ampeln) verbunden sind. Für die Beurteilung der Verkehrsgünstigkeit der anderen Straßenverbindung ist es nach Ansicht des BFH insbesondere unerheblich, dass bei der Benutzung der kürzesten Strecke Straßenbenutzungsgebühren anfallen (BFH, VI R 20/13).


Häusliches Arbeitszimmer:

Können die Aufwendungen aufgeteilt werden?

Der 9. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich dafür ausgesprochen, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer anteilig als Werbungskosten absetzbar sind, wenn das Arbeitszimmer teilweise privat und teilweise beruflich genutzt wird. Das letzte Wort hat nun der Große Senat des BFH.

Zum Hintergrund
Aufwendungen (z.B. Miete, Wasser- und Energiekosten) für ein häusliches Arbeitszimmer sind wie folgt abzugsfähig:

  • Bis zu 1.250 EUR jährlich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht,
  • ohne Höchstgrenze, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums sind die Aufwendungen aber nur dann steuerlich abzugsfähig, wenn das häusliche Arbeitszimmer nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird. Lediglich eine untergeordnete private Mitbenutzung (< 10 %) ist unschädlich.

Das Ausgangsverfahren
Ein Steuerpflichtiger bewohnte ein Einfamilienhaus, in dem sich ein häusliches Arbeitszimmer befand. Von seinem Arbeitszimmer aus verwaltete er seine zwei vermieteten Mehrfamilienhäuser. Die Kosten für das Arbeitszimmer machte er bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt ließ die Kosten jedoch nicht zum Abzug zu, da keine ausschließliche berufliche/betriebliche Nutzung vorlag.

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts Niedersachsen nutzte der Steuerpflichtige das Arbeitszimmer nachweislich zu 60 Prozent zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Demzufolge sind, so das Finanzgericht, auch 60 Prozent des Aufwands als Werbungskosten abzugsfähig.

Hinweis: Das Finanzgericht wendet die neue Rechtsprechung des Großen Senats des BFH, wonach für gemischte Aufwendungen kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot mehr besteht, somit auch auf das häusliche Arbeitszimmer an.

Der 9. Senat des BFH hat die Ansicht des Finanzgerichts nunmehr geteilt. Nach dem Wegfall des Aufteilungs- und Abzugsverbots fehlt es für die Einschränkung auf (nahezu) ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzte Räume an systematischen Gründen. Diese gemischten Aufwendungen sind somit grundsätzlich in abziehbare und nicht abziehbare Teile aufzuteilen.

Ausblick
Endgültig entschieden ist diese Streitfrage indes noch nicht. Das letzte Wort hat nun der Große Senat des BFH, der aus elf Mitgliedern besteht und eine für den vorlegenden Senat verbindliche Entscheidung trifft.

Wie der Große Senat entscheiden wird, lässt sich nur schwer vorhersagen. Aus dem aktuellen Vorlagebeschluss des 9. Senats geht zumindest hervor, dass andere Senate im BFH eine andere Ansicht vertreten.

Bis zu einer endgültigen Entscheidung sollten Steuerpflichtige in geeigneten Fällen Einspruch einlegen und den Fall somit offenhalten (BFH, IX R 23/12, anhängig BFH, GrS 1/14; BFH, GrS 1/06; BMF-Schreiben, IV C 6 – S 2145/07/10002).


Kindergeld:

Eltern erhalten Kindergeld auch für verheiratete Kinder

Seit 2012 erhalten Eltern für volljährige Kinder unabhängig davon Kindergeld, wie hoch die Einkünfte und Bezüge des Kindes sind. Verheiratete Kinder haben die Familienkassen indes bisher anders behandelt. Verfügen diese über zu hohe Einkünfte bzw. zu hohen Unterhalt, bestand kein Anspruch auf Kindergeld. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Familienkassen jetzt aber eines Besseren belehrt.

Alte Rechtsprechung
Nach langjähriger Rechtsprechung des BFH erlosch der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind grundsätzlich mit dessen Eheschließung. Dies beruhte auf der Annahme, dass der Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag eine typische Unterhaltssituation voraussetzt, die infolge der Heirat wegen der zivilrechtlich vorrangigen Unterhaltsverpflichtung des Ehegatten regelmäßig entfällt.

Hinweis: Der Kindergeldanspruch blieb nur dann erhalten, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes nicht ausreichten und das Kind auch nicht über ausreichende eigene Mittel verfügte (sogenannter Mangelfall).

Neue Rechtsprechung
Das ungeschriebene Erfordernis einer „typischen Unterhaltssituation“ hatte der BFH bereits im Jahr 2010 aufgegeben. Seit 2012 hängt der Kindergeldanspruch darüber hinaus nicht mehr davon ab, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes einen jährlichen Grenzbetrag nicht überschreiten. Damit, so der BFH, ist der Mangelfallrechtsprechung seitdem die Grundlage entzogen.

Kurzum: Wenn die übrigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des volljährigen Kindes erfüllt sind, können Eltern seit 2012 Kindergeld auch dann beanspruchen, wenn ihr Kind z.B. mit einem gut verdienenden Partner verheiratet ist (BFH, III R 22/13; BFH, III R 34/09).


Steuererstattung:

Erstattungszinsen sind steuerpflichtig

Zinsen, die das Finanzamt aufgrund von Einkommensteuererstattungen zahlt (Erstattungszinsen), unterliegen der Einkommensteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell bestätigt.

Im Jahr 2010 hatte er dies noch anders gesehen. Daraufhin erfolgte eine gesetzliche Regelung, wonach Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte steuerbar sind. Diese neue Gesetzeslage hat der BFH nun für zulässig erachtet.

Mit der ausdrücklichen Normierung der Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte hat der Gesetzgeber seinen Willen, diese Zinsen der Besteuerung zu unterwerfen, klar ausgedrückt. Auch im Hinblick auf ihre rückwirkende Geltung (in allen offenen Fällen) verstößt die Regelung nicht gegen das Verfassungsrecht.

Obwohl Erstattungszinsen steuerpflichtig sind, können Zinsen auf Steuernachforderungen nicht steuermindernd geltend gemacht werden. Nach Ansicht der Oberfinanzdirektion Niedersachsen kann dies zumindest in Einzelfällen zu einem sachlich unbilligen Ergebnis führen – nämlich dann, wenn Steuernachforderungen und Steuererstattungen gegenüber demselben Steuerpflichtigen auf ein und demselben Ereignis beruhen.

In diesen Fällen sind Erstattungszinsen auf Antrag nicht in die steuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, soweit ihnen nicht abziehbare Nachforderungszinsen gegenüberstehen, so die Oberfinanzdirektion. Der Antrag ist bei dem für die Personensteuer örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen.

Hinweis: Ereignis in diesem Sinne ist der einzelne Vorgang, der Steueransprüche für unterschiedliche Jahre im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erhöht und vermindert, z.B. Erhöhung des Warenbestandes eines Jahres = Gewinnerhöhung sowie Erhöhung des Wareneinsatzes im Folgejahr = Gewinnminderung (BFH, VIII R 36/10; BFH, VIII R 33/07; OFD Niedersachsen, S 2252 – 177 – St 223).

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