Steuerrecht Info - 04.2022

2.04.2022
|
Arbeitnehmer:

Privat mitveranlasste Israelreise einer Religionslehrerin: keine Werbungskosten

| Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden: Der Abzug von Aufwendungen einer Religionslehrerin für eine Israelreise als Werbungskosten kommt nicht in Betracht, wenn die Reise sowohl beruflich als auch privat veranlasst ist und sich die beiden Veranlassungsbeiträge nicht nach objektiven Kriterien trennen lassen. |

Das war geschehen

Eine Lehrerin unterrichtete u. a. das Fach Religion an einem katholischen Privatgymnasium. In den Herbstferien 2019 nahm sie an einer vom Bistum als Schulträger organisierten Studienfahrt nach Israel teil, die ausschließlich für Religionslehrer veranstaltet wurde. Das Programm der einwöchigen Reise umfasste u. a. Jerusalem, Haifa, Nazareth und Gottesdienste.

Das Finanzamt erkannte die von der Lehrerin begehrten Werbungskosten für den von ihr selbst getragenen Reisepreis sowie für Verpflegungsmehraufwendungen nicht an, da sich die Reise nicht von einer touristischen Reise unterscheide. Hiergegen wandte sie ein, dass sich das Konzept der Studienreise an den Lehrplänen des Landes NRW und der Schule orientiert habe und sie die Erkenntnisse, die für ihre Unterrichtsgestaltung von Belang gewesen seien, in ein auf den Unterricht abgestimmtes Reisetagebuch habe eintragen können. Ferner seien die Orte für die christlichen Religionen von herausragender Bedeutung.

Finanzgericht: Reise auch privat veranlasst

Das FG hat die Klage der Lehrerin nun abgewiesen. Dabei ist es zunächst davon ausgegangen, dass die Reise sowohl beruflich als auch privat veranlasst gewesen ist. Die berufliche (Mit-)Veranlassung wurde durch das von der Lehrerin vorgelegte Konzept der Reise, das Reisetagebuch und die Lehrpläne belegt.

Allerdings war die Reise auch privat veranlasst gewesen. Dies folgt aus dem Programm, das nahezu ausschließlich Ziele von allgemein-touristischem und kulturellem Interesse enthielt, die typischerweise auch von privaten Israel-Touristen besucht würden. Hiergegen sprachen auch die Gottesdienste nicht, da Gottesdienstbesuche in erster Linie Ausdruck der höchstpersönlichen Religionsausübung sind. Das FG berücksichtigte auch, dass sich der Arbeitgeber der Lehrerin nicht an den Kosten beteiligt hatte.

Private und berufliche Veranlassung nicht trennbar

Die beruflichen und die privaten Veranlassungsmomente der Reise können jeweils nicht als von untergeordneter Bedeutung angesehen werden. Sie sind aber auch nicht nach objektiven Kriterien trennbar, da kein Programmpunkt eindeutig ausschließlich dem einen oder anderen Bereich zugeordnet werden kann. Insbesondere ist keine Abgrenzung nach Zeitanteilen möglich.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 27.1.2022, 1 K 224/21 E, Abruf-Nr. 227547 unter www.iww.de; FG Münster, Newsletter Februar 2022


Gesetzgebung:

Steuernachzahlungen und -erstattungen: Zinssatz von 0,15 % pro Monat

| Nach einem Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) soll der Zinssatz für Steuernachforderungen und -erstattungen (§ 233a Abgabenordnung [AO]) für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat (das heißt 1,8 % pro Jahr) gesenkt werden. Die Angemessenheit dieses Zinssatzes ist dann unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 247 BGB) alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume zu evaluieren, erstmals zum 1.1.2026. |

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat 2021 entschieden, dass der bei der Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen angewandte Zinssatz von 0,5 % pro Monat seit 2014 nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Für Verzinsungszeiträume bis Ende 2018 ist jedoch keine Neuregelung notwendig. Vielmehr wurde der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.7.2022 eine Neuregelung zu treffen, die sich rückwirkend auf die Verzinsungszeiträume ab 2019 erstreckt.

Beachten Sie | Der Beschluss des BVerG erstreckt sich ausdrücklich nicht auf andere Verzinsungstatbestände nach der AO, wie Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen. Nach der Gesetzesbegründung muss die Frage, ob und inwieweit auch hier eine Anpassung erforderlich ist, noch geprüft werden.

Quelle | Zweites Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung; BMF-Referentenentwurf mit Stand vom 14.2.2022


Steuererleichterungen:

Bundesregierung schnürt Entlastungspaket wegen hoher Energiepreise

| Wegen der hohen Energiepreise hat die Bundesregierung ein Entlastungspaket auf den Weg gebracht. So soll die sog. Ökostromumlage (EEG-Umlage) nicht erst zum Jahresende, sondern bereits zum 1.7.2022 entfallen. Aus steuerlicher Sicht ist insbesondere auf folgende Aspekte hinzuweisen: |

Grundsätzlich beträgt die Pendlerpauschale 0,30 Euro je Entfernungskilometer. Seit dem Veranlagungszeitraum 2021 gilt ab dem 21. Kilometer eine Pauschale von 0,35 Euro. Eine weitere Erhöhung (auf dann 38 Cent) war für 2024 bis 2026 vorgesehen, die nun bereits rückwirkend ab dem 1.1.2022 gelten soll.

Ebenfalls zum 1.1.2022 soll der Arbeitnehmer-Pauschbetrag um 200 Euro auf 1.200 Euro erhöht werden.

Der steuerliche Grundfreibetrag, bis zu dessen Höhe keine Einkommensteuer gezahlt werden muss, soll ab 1.1.2022 von derzeit 9.984 Euro auf 10.347 Euro steigen.

Beachten Sie | Die Bundesregierung plant weitere Entlastungen, da zurzeit aufgrund der aktuellen Weltlage die Energiepreise immer weiter ansteigen. Insbesondere Autofahrer und das Transportwesen sind durch rasant steigende Spritpreise betroffen. Konkrete Maßnahmen hierzu wurden bislang nicht in die Wege geleitet.

Quelle | Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 23.2.2022: „10 Entlastungsschritte für unser Land“


Kindergeldanspruch:

Wenn das Kind krankheitsbedingt die Ausbildung abbricht

| Ein Kindergeldanspruch wegen einer Berufsausbildung des Kindes ist nicht mehr möglich, wenn die Ausbildung wegen einer Erkrankung nicht nur unterbrochen, sondern beendet wurde. Handelt es sich aber um eine nur vorübergehende Erkrankung und ist das Kind nachweislich weiter ausbildungswillig, ist es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) ggf. als ausbildungsplatzsuchendes Kind zu berücksichtigen. |

Zum Hintergrund: Für volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kommt nach dem Einkommensteuergesetz (§ 32 Abs. 4 EStG) ein Kindergeldanspruch u. a. dann in Betracht, wenn sie

  • sich in einer Berufsausbildung befinden,
  • sich vergeblich um einen Ausbildungsplatz bemühen oder
  • sich wegen einer Behinderung nicht selbst unterhalten können.

Das war geschehen

Die im Februar 1994 geborene Tochter begann im Februar 2016 eine zweijährige schulische Ausbildung. Die Familienkasse gewährte der Mutter daher zunächst Kindergeld. Im Herbst 2017 erfuhr die Familienkasse, dass die Tochter schon im März 2017 von der Schule abgegangen war und ab September eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen hatte. Daher hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab April 2017 auf. In der Folge versuchte die Mutter durch verschiedene Atteste nachzuweisen, dass ihre Tochter die Schule nur wegen einer Erkrankung nicht mehr weiter besuchen konnte. Doch der Familienkasse genügte dies nicht. Sie forderte eine alle sechs Monate zu erneuernde ärztliche Bescheinigung, aus der sich die Erkrankung und deren voraussichtliches Ende ergeben. Außerdem hätte die Tochter schon im April 2017 erklären müssen, dass sie sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um eine Berufs- oder Schulausbildung bewerben werde.

Der dagegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg für die Monate April bis September 2017 statt. Dabei ging es davon aus, dass sich die Tochter weiter in einer Ausbildung befunden habe. Der Bundesfinanzhof (BFH) sah das aber anders.

Eine Berücksichtigung als „in Ausbildung befindliches Kind“ setzt voraus, dass das Ausbildungsverhältnis weiter besteht. Hieran fehlt es, wenn das Kind (wie im Streitfall) während der Ausbildung erkrankt und das Ausbildungsverhältnis durch Abmeldung von der Schule, Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet wird. In einem solchen Fall kommt eine Berücksichtigung als ausbildungsplatzsuchendes Kind in Betracht. Ist ein Kind aus Krankheitsgründen gehindert, sich um einen Ausbildungsplatz zu bewerben oder diesen anzutreten, sind strenge Voraussetzungen zu beachten: So darf die gesundheitliche Beeinträchtigung regelmäßig mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht länger als sechs Monate andauern. Zudem ist die Ausbildungswilligkeit des Kindes für den entsprechenden Zeitraum nachzuweisen.

Beachten Sie | Als Nachweis sind mehrere Beweismittel möglich. Es wird aber regelmäßig nicht ausreichen, wenn der Kindergeldberechtigte die Familienkasse zunächst unter Verstoß gegen seine Mitwirkungspflicht nicht über den krankheitsbedingten Abbruch einer Ausbildung oder der Bemühungen um eine Ausbildungsstelle informiert, der Familienkasse damit die Möglichkeit der zeitnahen Anforderung eines Nachweises der Ausbildungswilligkeit nimmt und die Ausbildungswilligkeit des volljährigen Kindes erst im Nachhinein rückwirkend pauschal behauptet. Bei voraussichtlich länger als sechs Monate andauernder Erkrankung kommt ggf. eine Berücksichtigung als behindertes Kind in Betracht.

Quelle | BFH, Urteil vom 31.8.2021, III R 41/19, Abruf-Nr. 227445 unter www.iww.de; BFH, PM 3/22 vom 10.2.20221

Comments are closed.

Previous Next
Close
Test Caption
Test Description goes like this