Steuerrecht Info - 08.2022

5.08.2022
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Steuerpauschalen:

Erste Tätigkeitsstätte bei einem angestellten Bauleiter

| Wird eine Niederlassung eines international tätigen Bauunternehmens im Arbeitsvertrag eines Bauleiters als „Einstellungsort” bezeichnet, ist nicht allein deswegen von einer dauerhaften Zuordnung durch den Arbeitgeber zu dieser Niederlassung auszugehen. Die Niederlassung stellt nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) Mecklenburg-Vorpommern in diesen Fällen also keine erste Tätigkeitsstätte für den Bauleiter dar. Gegen diese Entscheidung ist die Revision anhängig. |

Je nachdem, ob es sich beim Tätigkeitsort um eine erste Tätigkeitsstätte oder um eine Auswärtstätigkeit handelt, hat das u. a. folgende steuerliche Konsequenzen:

Erste Tätigkeitsstätte

  • Entfernungspauschale (0,30 Euro je Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte; ab dem 21. Kilometer: 0,38 Euro)
  • grundsätzlich keine Verpflegungspauschale

Auswärtstätigkeit

  • „Dienstreisepauschale“ (0,30 Euro je gefahrenem Kilometer)
  • grundsätzlich Verpflegungspauschale je nach Abwesenheitszeiten

Nach dem Einkommensteuergesetz (§ 9 Abs. 4 S. 1 EStG) ist erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens gemäß Aktiengesetz (§ 15 AktG) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung erfolgt vorrangig anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen durch den Arbeitgeber.

Typische Fälle einer dauerhaften Zuordnung sind im Einkommensteuergesetz (§ 9 Abs. 4 S. 3 EStG) aufgeführt:

  • unbefristetes Tätigwerden,
  • Tätigwerden für die Dauer des Dienstverhältnisses,
  • Tätigkeit über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten.

Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

Entscheidung des Finanzgerichts

Die Niederlassung stellt auch dann keine erste Tätigkeitsstätte für den Bauleiter dar, wenn er

  • einem Gruppenleiter dieser Niederlassung zugewiesen ist,
  • ca. einmal wöchentlich an einer Arbeitsberatung, sowie
  • einige Mal im Kalenderjahr an sonstigen Besprechungen in dieser Niederlassung teilnimmt, und
  • zwar ein Büro in dieser Niederlassung zur Verfügung hat, jedoch tatsächlich den größeren Teil der Schreibtischarbeiten außerhalb dieses Büros erledigt.

Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, kommt es für die Geltendmachung von Verpflegungsmehraufwand nur darauf an, ob er ohne Übernachtung jeweils mehr als acht Stunden von seiner Wohnung entfernt war.

Beachten Sie | Auf die Dreimonatsfrist Verpflegungspauschalen sind auf die ersten drei Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt kommt es nur an, wenn der Steuerpflichtige an derselben Tätigkeitsstelle längerfristig tätig wird, und zwar an mindestens drei Tagen pro Woche. Das trifft jedoch bei einem Bauleiter nicht zu, wenn er die Arbeiten auf mehreren Baustellen zeitgleich leitet und damit typischerweise von Baustelle zu Baustelle fährt.

Quelle | FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24.11.2021, 3 K 6/20, Rev. BFH: VI R 27/21, Abruf-Nr. 228008 unter www.iww.de


9-Euro-Ticket:

Lohnsteuerliche Behandlung von Zuschüssen des Arbeitgebers

| Das Bundesfinanzministerium hat sich dazu geäußert, wie Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für den öffentlichen Personennahverkehr während der Gültigkeitsdauer des 9-Euro-Tickets lohnsteuerlich zu behandeln sind. |

Zuschüsse, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu deren Aufwendungen für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel gewähren, sind hinsichtlich der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 Einkommensteuergesetz (EStG) auf die Höhe der Aufwendungen des Arbeitnehmers beschränkt.

Für Juni, Juli und August 2022 wird es nicht beanstandet, wenn Zuschüsse des Arbeitgebers die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel im Kalendermonat übersteigen, soweit die Zuschüsse die Aufwendungen bezogen auf das Jahr 2022 insgesamt nicht übersteigen (Jahresbetrachtung). Werden für 2022 insgesamt höhere Zuschüsse gezahlt, als der Arbeitnehmer Aufwendungen hatte, ist der Differenzbetrag als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.

Beachten Sie | Die steuerfreien Arbeitgeberleistungen nach dem Einkommensteuergesetz (§ 3 Nr. 15 EStG) mindern den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag und sind vom Arbeitgeber zu bescheinigen.

Quelle | BMF-Schreiben vom 30.5.2022, IV C 5 – S 2351/19/10002 :007, Abruf-Nr. 229455 unter www.iww.de


Auslagenersatz:

Zählen Erstattungen für ein erweitertes Führungszeugnis zum Arbeitslohn?

| Erstattet ein kirchlicher Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die Kosten für die Einholung eines erweiterten Führungszeugnisses, handelt es sich nicht um Arbeitslohn. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Münster liegt vielmehr steuerfreier Auslagenersatz im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 3 Nr. 50 EStG) vor. Gegen diese Entscheidung ist bereits die Revision anhängig. |

Die Einholung der erweiterten Führungszeugnisse erfolgte im Streitfall vor dem Hintergrund eines überwiegend betrieblichen Interesses der Kläger (Arbeitgeberkreis des Generalvikariats des Bistums X-Stadt). Hierfür spricht bereits, so das FG, dass sich die Regelungen der („Ordnung zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen für die Diözese X-Stadt“ (PrävO) an die Kläger und nicht an die Beschäftigten richten.

Gemäß PrävO trifft den Arbeitgeber die Verpflichtung, sich im regelmäßigen Abstand von fünf Jahren ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen zu lassen und nach den hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen die insoweit anfallenden Kosten hierfür zu tragen. Die Kläger sind nicht in der Lage, sich dieser Verpflichtung zu entziehen. Soweit die Arbeitnehmer diese Aufwendungen zunächst selbst tragen, tun sie dies im unmittelbaren Interesse der Kläger.

Das FG berücksichtigte u. a. auch, dass die Arbeitnehmer kein bedeutsames eigenes Interesse an der Einholung eines Führungszeugnisses hatten. Die mit der Kostenerstattung einhergehende „Bereicherung“ stufte es als sehr gering ein.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 23.3.2022, 7 K 2350/19 AO, Rev. BFH: VI R 10/22, Abruf-Nr. 229208 unter www.iww.de


Gesetzesvorhaben:

Mindestlohn und Grenze für Minijobs: Erhöhung ab 1.10.2022

| Der Bundestag hat der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro mit Wirkung ab dem 1.10.2022 zugestimmt. Zudem wurden Änderungen bei Mini- und Midijobs beschlossen. Der Bundesrat hat am 10.6.2022 „grünes Licht gegeben“. |

Die Mindestlohnkommission berät alle zwei Jahre über Anpassungen der Höhe des Mindestlohns. Von diesem Prozedere wurde nun einmalig abgewichen.

Im Jahr 2022 gelten diese Beträge:

  • ab 1.1.2022: 9,82 Euro pro Stunde
  • ab 1.7.2022: 10,45 Euro pro Stunde
  • ab 1.10.2022: 12 Euro pro Stunde

Derzeit gilt für eine geringfügige Beschäftigung eine monatliche (statische) Grenze von 450 Euro. Diese wurde nun dynamisch ausgestaltet: Die Geringfügigkeitsgrenze bezeichnet das monatliche Arbeitsentgelt, das bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden zum Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 S. 1 des Mindestlohngesetzes erzielt wird. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird. Das heißt: Bei einem Mindestlohn von 12 Euro ergibt sich daraus eine Geringfügigkeitsgrenze von 520 Euro (12 Euro x 130 / 3).

Die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich hier gelten verminderte Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung wurde von monatlich 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben (Midijob). Oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze wird der Arbeitgeberbeitrag zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 % angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen.

Quelle | Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung; Zustimmung des Bundestags am 3.6.2022

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