Steuerrecht Info - 09.2019

Aktuelle Gesetzgebung:

Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2019 liegt vor

| Die Bundesregierung hat am 31.7.2019 den „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (kurz Jahressteuergesetz 2019) beschlossen. Enthalten ist u. a. die nationale Umsetzung der EU-Vorgaben für ein einheitliches Mehrwertsteuersystem (sogenannte Quick Fixes) zum 1.1.2020. Betroffen sind vor allem innergemeinschaftliche Lieferungen, Konsignationslager und Reihengeschäfte. |

1. Elektromobilität, Jobticket, Dienstrad

Lieferfahrzeuge: Für neue, rein elektrische Lieferfahrzeuge soll eine Sonderabschreibung von 50 Prozent im Jahr der Anschaffung eingeführt werden – und zwar zusätzlich zur regulären Abschreibung. Die Regelung soll von 2020 bis Ende 2030 befristet werden.

Firmenwagen: Seit 2019 greift bei der Dienstwagenbesteuerung nur die halbe Bemessungsgrundlage für die private Nutzung eines betrieblichen Elektro- oder extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugs. Diese Maßnahme ist bis Ende 2021 befristet und soll nun bis Ende 2030 stufenweise verlängert werden.

Ladevorrichtung: Das elektrische Aufladen eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers ist bis Ende 2020 steuerfrei. Das gleiche gilt für die zeitweise Überlassung einer betrieblichen Ladevorrichtung zur privaten Nutzung. Beide Maßnahmen sollen bis Ende 2030 verlängert werden.

Jobticket: Zu Beginn 2019 wurden Jobtickets steuerfrei gestellt – allerdings unter Anrechnung auf die Entfernungspauschale. Hier will der Gesetzgeber nun nachbessern, d. h. künftig kann die Ausgabe eines Jobtickets mit 25 Prozent durch den Arbeitgeber pauschal versteuert werden. Dafür soll die Anrechnung auf die Entfernungspauschale entfallen.

Fahrräder: Seit 2019 ist die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads durch den Arbeitgeber steuerfrei, wenn dies zusätzlich zum regulären Arbeitslohn erfolgt. Die bis Ende 2021 befristete Steuerbefreiung soll bis Ende 2030 verlängert werden.

2. Weitere Änderungen im Überblick

„Wohnen für Hilfe“ bezeichnet Wohnmodelle, in denen etwa Ältere, die in einer relativ großen Wohnung leben, Jüngeren (oft Studierenden) ein Zimmer zur Verfügung stellen. Statt Miete zu zahlen, leisten die Mitbewohner Hilfe im Alltag. Bisher fallen dabei für beide Seiten Steuern an (einerseits Einkünfte aus Vermietung bzw. andererseits Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit). Künftig (Inkrafttreten: am Tag nach der Gesetzesverkündung) soll die „Wohnen für Hilfe“-Konstellation unter gewissen Voraussetzungen steuerfrei sein.

Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen (z. B. Computerkurse, die nicht arbeitsplatzbezogen sind), sollen steuerfrei sein (Inkrafttreten: am Tag nach der Gesetzesverkündung).

Die jeweiligen Verpflegungspauschalen sollen ab 2020 erhöht werden – und zwar von 24 EUR auf 28 EUR und von 12 EUR auf 14 EUR.

Auf E-Books und digitale Zeitungen soll der Umsatzsteuersatz von 7 Prozent angewandt werden, was bisher nur bei gedruckten Medienprodukten gilt (Inkrafttreten: am Tag nach der Gesetzesverkündung).

3. Keine steuerverschärfende Änderung bei Sachbezügen

Kostenlose oder verbilligte Sachbezüge bleiben bis zu einer monatlichen Freigrenze von 44 EUR (brutto) steuer- und sozialabgabenfrei. Im Referentenentwurf war noch vorgesehen, den Begriff der nicht-begünstigten Geldleistung in Abgrenzung zum begünstigten Sachbezug (steuerverschärfend) neu zu definieren. Auch die Anwendung der bisherigen Gutscheinmodelle sollte eingeschränkt werden. Im Regierungsentwurf ist eine Anpassung aber nicht mehr enthalten, sodass wohl „alles beim Alten“ bleibt.

Quelle | Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Regierungsentwurf vom 31.7.2019); Mitteilung der Bundesregierung vom 31.7.2019 „Steuerliche Anreize für Elektroautos“; Mitteilung des BMF vom 31.7.2019 „Kabinett beschließt weitere steuerliche Förderung der Elektromobilität“


Entfernungspauschale:

Bundesfinanzhof klärt, wie die erste Tätigkeitsstätte zu bestimmen ist

| Durch die steuerliche Reisekostenreform gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum 2014 der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte (zuvor regelmäßige Arbeitsstätte). In mehreren Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun für verschiedene Berufsgruppen herausgestellt, in welchen Fällen eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt. |

1. Hintergrund

Je nachdem, ob es sich beim Tätigkeitsort um eine erste Tätigkeitsstätte oder um eine Auswärtstätigkeit handelt, hat das u. a. folgende steuerliche Konsequenzen:

Erste Tätigkeitsstätte:

  • Entfernungspauschale (0,30 EUR je Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte)
  • grundsätzlich keine Verpflegungspauschale

Auswärtstätigkeit:

  • „Dienstreisepauschale“ (0,30 EUR je gefahrenen Kilometer)
  • grundsätzlich Verpflegungspauschale je nach Abwesenheitszeiten

Nach § 9 Abs. 4 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ist erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 Aktiengesetz) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.

Die Zuordnung erfolgt vorrangig anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen durch den Arbeitgeber.

Typische Fälle einer dauerhaften Zuordnung sind in § 9 Abs. 4 S. 3 EStG aufgeführt:

  • unbefristetes Tätigwerden,
  • Tätigwerden für die Dauer des Dienstverhältnisses,
  • Tätigkeit über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten.

Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft

  • typischerweise arbeitstäglich oder
  • je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

2. Zuordnung durch den Arbeitgeber

In seiner aktuellen Rechtsprechung hat der BFH herausgestellt, dass zu den arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen und Verfügungen alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen oder Weisungen zählen.

Beachten Sie | Da die Zuordnung nicht ausdrücklich erfolgen muss, ist sie auch konkludent möglich. Neben der arbeitsrechtlichen Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung bedarf es keiner gesonderten Zuweisung zu einer ersten Tätigkeitsstätte für einkommensteuerrechtliche Zwecke.

Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aus der ex ante Sicht (also im Voraus) nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden sollte.

Im Gegensatz zur Meinung der Finanzverwaltung muss die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden.

3. Umfang der Tätigkeit

Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich zugeordnet, kommt es auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage nicht mehr an.

Ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.

Die vorgenannten Ausführungen gelten beispielsweise für einen Polizeibeamten im Streifendienst: Die unbefristete Zuordnung zu seiner Dienststelle und die dortige Vornahme von Hilfs- und Nebentätigkeiten (z. B. Schreibarbeiten und Dienstantrittsbesprechungen) begründen eine erste Tätigkeitsstätte. Dass er schwerpunktmäßig außerhalb der Polizeidienststelle im Außendienst tätig ist, darauf kommt es nicht an.

Auch eine Pilotin war in der Revision unterlegen. Da sie in den auf dem Flughafengelände gelegenen Räumen der Airline in gewissem Umfang auch Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Flugvor- und Flugnachbereitung zu erbringen hatte, verfügte sie dort über eine erste Tätigkeitsstätte. Unerheblich war somit, dass sie überwiegend im internationalen Flugverkehr tätig war.

Der BFH wies zudem darauf hin, dass auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z. B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) als (großräumige) erste Tätigkeitsstätte in Betracht kommt.

4. Befristete und unbefristete Arbeitsverhältnisse

Eine Zuordnung ist unbefristet, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte aus der ex ante Sicht nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt.

Mit zwei weiteren Urteilen (zu Leiharbeitern und Hafenarbeitern) hat sich der BFH auch zu befristeten Arbeitsverhältnissen geäußert: Eine erste Tätigkeitsstätte liegt vor, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer des befristeten Dienst- oder Arbeitsverhältnisses an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung tätig werden soll.

Erfolgt während der Befristung eine Zuordnung zu einer anderen Tätigkeitsstätte, stellt letztere keine erste Tätigkeitsstätte mehr dar, weshalb ab diesem Zeitpunkt wieder die Dienstreisegrundsätze (Reisekosten mit 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer) Anwendung finden. Dies hat der BFH für den Fall eines Leiharbeitnehmers entschieden.

Zu den Fahrtkosten eines Gesamthafenarbeiters hat der BFH nicht abschließend entschieden. Vielmehr muss das Finanzgericht nun im zweiten Rechtsgang prüfen, ob überhaupt ortsfeste Einrichtungen vorliegen.

Quelle | BFH, PM Nr. 43 vom 18.7.2019; zu Polizeibeamten: BFH, Urteil vom 4.4.2019, VI R 27/17; zu Leiharbeitern: BFH, Urteil vom 10.4.2019, VI R 6/17; zu Piloten: BFH, Urteil vom 11.4.2019, VI R 40/16; zu Luftsicherheitskontrollkräften: BFH, Urteil vom 11.4.2019, VI R 12/17; zu Hafenarbeitern: BFH, Urteil vom 11.4.2019, VI R 36/16


Handwerkerleistungen:

Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen trotz Baukindergeld

| Mit dem Baukindergeld wird der erstmalige Erwerb von Wohneigentum oder die Neuanschaffung von Wohnraum gefördert. Handwerkerleistungen sind nicht Inhalt der Förderung. Daher schließt die Gewährung von Baukindergeld eine Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nicht aus – im Unterschied zu anderen Förderprogrammen der KfW-Bankengruppe für investive Maßnahmen der Bestandssanierung. |

Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen erhalten Steuerpflichtige eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 Prozent der Aufwendungen (nur Lohnkosten), höchstens 1.200 EUR im Jahr. Dies gilt nach dem gesetzlichen Ausschluss jedoch nicht für öffentlich geförderte Maßnahmen, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse beansprucht werden.

Quelle | FinMin Schleswig-Holstein, Verfügung vom 18.6.2019, VI 3012 – S 2296b – 025

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