Steuerrecht Info - 09.2022

3.09.2022
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Bundesfinanzministerium:

Energiepreispauschale: Fragen und Antworten zur Auszahlung im September 2022

| Am 20.7.2022 hat das Bundesfinanzministerium Fragen und Antworten (FAQs) zur Energiepreispauschale aktualisiert. |

Erwerbstätige, Selbstständige und Gewerbetreibende erhalten eine einmalige steuerpflichtige Energiepreispauschale von 300 Euro. Die Auszahlung erfolgt ab September 2022 über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers. Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung.

Die FAQs thematisieren u. a. folgende Aspekte:

  • Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung,
  • Anspruchsberechtigung,
  • Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber,
  • Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren und
  • Steuerpflicht.

Quelle | BMF, Mitteilung vom 21.7.2022; FAQs zur Energiepreispauschale, Abruf-Nr. 230407 unter www.iww.de


Einkommensteuer:

Steuerermäßigung für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen

| Die Steuerermäßigung für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen kann auch von Steuerpflichtigen beansprucht werden, denen Aufwendungen für die Pflege und Betreuung eines Dritten erwachsen. Dies gilt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) auch für Leistungen im Haushalt der gepflegten Person. |

Eine Tochter begehrte eine Steuerermäßigung für die ambulante Pflege der in einem eigenen Haushalt lebenden Mutter durch eine Sozialstation. Die Rechnungen wiesen die Mutter als Rechnungsempfängerin aus. Die Tochter beglich sie per Banküberweisung.

Für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und für Pflege- und Betreuungsleistungen können Steuerpflichtige nach dem Einkommensteuergesetz (§ 35a EStG) eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 % der Aufwendungen geltend machen (maximal aber 4.000 Euro).

Im Gegensatz zur Steuerermäßigung (nach § 35a Abs. 2 S. 1 EStG), die nur für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen im eigenen Haushalt gewährt werden kann, sind ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen auch dann begünstigt, wenn sie nicht im eigenen Haushalt, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden.

Beachten Sie | Bei Pflege- und Betreuungsleistungen wird weder der Erhalt einer Rechnung noch die Einbindung eines Kreditinstituts in den Zahlungsvorgang vorausgesetzt. Anders ist dies aber bei haushaltsnahen Dienstleistungen und bei Handwerkerleistungen.

Der BFH hat den Fall an die Vorinstanz zurückverwiesen. Denn es war für ihn nicht ersichtlich, ob die Tochter mit der Bezahlung der Rechnungen eigene Aufwendungen nur hierfür kann die Steuerermäßigung gewährt werden oder Aufwand ihrer Mutter und damit steuerunerheblichen Drittaufwand getragen hat.

Quelle | BFH, Urteil vom 12.4.2022, VI R 2/20, Abruf-Nr. 230257 unter www.iww.de


Steuernachzahlungen und -erstattungen:

Der neue Zinssatz beträgt 0,15 % pro Monat

| Der Zinssatz für Steuernachzahlungen und -erstattungen gemäß Abgabenordnung (§ 233a AO) ist rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 auf 0,15 % pro Monat (das heißt 1,8 % pro Jahr) gesenkt worden. Die Angemessenheit dieses Zinssatzes ist dann unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 247 BGB) wenigstens alle zwei Jahre zu evaluieren. Die erste Evaluierung erfolgt spätestens zum 1.1.2024. |

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat 2021 entschieden, dass der bei der Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen angewandte Zinssatz von 0,5 % pro Monat seit 2014 nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Für Verzinsungszeiträume bis Ende 2018 war jedoch keine Neuregelung notwendig. Vielmehr wurde der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.7.2022 eine Neuregelung zu treffen, die sich rückwirkend auf alle Verzinsungszeiträume ab 2019 erstreckt und dies ist jetzt erfolgt.

Beachten Sie | Der Beschluss des BVerfG erstreckt sich nicht auf andere Verzinsungstatbestände nach der AO (insbesondere Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen). Nach der Gesetzesbegründung muss die Frage, ob und inwieweit auch hier eine Anpassung erforderlich ist, noch geprüft werden.

Die Neuregelung kann derzeit technisch noch nicht umgesetzt werden. Bund und Länder haben daher beschlossen, die Festsetzung von Zinsen (nach § 233a AO) für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 für eine Übergangszeit weiter auszusetzen. Bislang vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzte Zinsen werden weiter unverändert vorläufig festgesetzt.

Beachten Sie | Ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums beantwortet Anwendungsfragen zu den Rechtsänderungen.

Quelle | Zweites Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung, BGBl I 2022, S. 1142; BMF-Schreiben vom 22.7.2022, IV A 3 – S 0338/19/10004 :007, Abruf-Nr. 230420 unter www.iww.de; BMF-Schreiben vom 22.7.2022, IV A 3 – S 1910/22/10040 :010, Abruf-Nr. 230421 unter www.iww.de


Einkommensteuergesetz:

Keine Betriebsausgaben für bürgerliche Kleidung

| Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Betriebsausgaben für bürgerliche Kleidung auch ausgeschlossen, wenn diese bei der Berufsausübung getragen wird. |

Ehegatten waren als selbstständige Trauerredner tätig. Bei der Gewinnermittlung machten sie Aufwendungen für schwarze Anzüge, Blusen und Pullover als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg lehnten die steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen ab. In der Revision hat der Bundesfinanzhof (BFH) dies bestätigt.

Aufwendungen für Kleidung sind als unverzichtbare Aufwendungen der Lebensführung nach dem Einkommensteuergesetz (§ 12 Nr. 1 S. 2 EStG) grundsätzlich nicht abziehbar. Sie sind nur dann als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, wenn es sich um Aufwendungen für typische Berufskleidung (im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG) handelt.

Beachten Sie | Schwarze Anzüge, Blusen und Pullover fallen jedoch nicht hierunter, da es sich um bürgerliche Kleidung handelt, die auch privat getragen werden kann. Für diese ist kein Betriebsausgabenabzug zu gewähren, selbst wenn die Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt oder das Tragen von schwarzer Kleidung von den Trauernden erwartet wird.

Quelle | BFH, Urteil vom 16.3.2022, VIII R 33/18, Abruf-Nr. 229893 unter www.iww.de, PM Nr. 25/22 vom 23.6.2022


Erbschaftsteuer:

Aufgabe des Familienheims aus zwingenden Gründen: Kein Wegfall der Steuerbefreiung

| Ein Erbe verliert nicht die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim, wenn ihm die eigene Nutzung des Familienheims aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. |

Die vom Erblasser zuvor selbst genutzte Wohnimmobilie kann steuerfrei vererbt werden, wenn das Familienheim vom Ehegatten weitere zehn Jahre lang bewohnt wird. Erben Kinder oder Enkel (verstorbener Kinder), ist die Steuerbefreiung auf eine Wohnfläche von 200 qm begrenzt (der über-steigende Teil unterliegt der Erbschaftsteuer).

Das war geschehen

Die Tochter hatte das von ihrem Vater ererbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren ausgezogen. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. Die Tochter machte geltend, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen und deshalb ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben können.

Für das Finanzgericht (FG) Düsseldorf war dies kein zwingender Grund für den Auszug, da sich die Tochter fremder Hilfe hätte bedienen können. Der BFH hat das Urteil aber aufgehoben.

Beachten Sie | Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert.

Bundesfinanzhof: „zwingende Gründe“ erfüllt

„Zwingend“, so der BFH, erfasst nicht nur die Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung. Reine Zweckmäßigkeitserwägungen (etwa die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung) genügen zwar nicht. Anders sieht es aber aus, wenn der Erbe aus gesundheitlichen Gründen für eine weitere Nutzung so erheblicher Unterstützung bedarf, dass nicht mehr von einer selbstständigen Haushaltsführung zu sprechen ist.

Das FG muss nun unter Mitwirkung der Tochter das Ausmaß ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen prüfen.

Quelle | BFH, Urteil vom 1.12.2021, II R 18/20, Abruf-Nr. 230108 unter www.iww.de, PM Nr. 28/22 vom 7.7.2022

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