Steuerrecht Info - 10.2023

1.10.2023
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Steuerermäßigung:

Außergewöhnliche Belastung: Kosten für eine operative Fettabsaugung

| Aufwendungen für eine Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems sind regelmäßig ohne Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Dies gilt nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) jedenfalls ab dem Jahr 2016. |

Hintergrund: Bei außergewöhnlichen Belastungen gemäß Einkommensteuergesetz (§ 33 EStG) müssen dem Steuerpflichtigen die Aufwendungen zwangsläufig erwachsen. Sie wirken sich steuerlich nur aus, soweit die zumutbare Eigenbelastung überschritten wird. Deren Höhe hängt vom Gesamtbetrag der Einkünfte, Familienstand und Zahl der Kinder ab.

Gemäß Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (§ 64 EStDV) muss der Steuerpflichtige den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden (wie z. B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie) durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch [SGB V]) erbringen. Der Nachweis muss vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein.

Das war geschehen

Die Steuerpflichtige litt seit Jahren an einem Lipödem (krankhafte Fettverteilungsstörung). Da konservative Behandlungen keine Besserung bewirkten, unterzog sie sich im Streitjahr 2017 auf Anraten des behandelnden Arztes einer Liposuktion. Die Krankenkasse übernahm die Kosten der Operation nicht, da der Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen (GBA) trotz jahrelanger Prüfung immer noch keine entsprechende Kostenübernahmeempfehlung ausgesprochen hatte.

Den Aufwand machte die Steuerpflichtige in ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte dies unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH zu früheren Zeiträumen ab, da es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode handle und ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes Gutachten bzw. eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes nicht vorlagen.

Der Argumentation, die Liposuktion sei eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, schloss sich das Finanzgericht (FG) Sachsen nach umfangreicher Auswertung entsprechender medizinischer Fachbeiträge nicht an und gab der Klage statt. Dies wurde nun durch den BFH bestätigt.

Seit 2016 ist Liposuktion anerkannt

Inzwischen (jedenfalls ab dem Jahr 2016) besteht über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der Liposuktion bei einem Lipödem unter den Medizinern kein nennenswerter Streit mehr. Zudem benennt das Gesetz beispielhaft die Frisch- und Trockenzellenbehandlung sowie die Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie als wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden. Damit ist die Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems nicht vergleichbar.

Krankenkasse leistet nicht, daher kann Selbstzahler steuerlich profitieren

Die fehlende Einbeziehung der Liposuktion in das Leistungsverzeichnis der Krankenkassen durch den GBA ist nach Ansicht des BFH unerheblich. Da die bei der Steuerpflichtigen durchgeführte Liposuktion nicht kosmetischen Zwecken diente, sondern medizinisch indiziert war, hat es für die Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastungen (ebenso wie bei anderen Krankheitsaufwendungen) nicht der Vorlage eines vor der Behandlung ausgestellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung bedurft.

Quelle | BFH, Urteil vom 23.3.2023, VI R 39/20, Abruf-Nr. 236045; unter www.iww.de, PM Nr. 30/23 vom 29.6.2023


Steuerkontrolle:

1 Milliarde Umsatzvolumen: Steuerfahndung erhält Daten von Online-Vermietungsportal

| Die Steuerfahndung Hamburg hat von einem Vermittlungsportal für die Buchung und Vermittlung von Unterkünften erneut Daten zu steuerlichen Kontrollzwecken erhalten und aufbereitet. Die Daten werden nun an die Steuerverwaltungen der Bundesländer verteilt, damit sie die erklärten Einkünfte mit den vorliegenden Daten abgleichen können. Es liegen Daten zu Vermietungsumsätzen von rund 56.000 Gastgebern mit einem Umsatzvolumen von insgesamt mehr als 1 Milliarde Euro vor. |

Hintergrund: Hamburg hatte bereits 2020 mit einem internationalen Gruppenersuchen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Herausgabe von Daten erstritten. Die Auswertung der da-maligen Daten hat 2021 und 2022 bundesweit zu Mehrsteuern in Höhe von ca. 4 Millionen Eurogeführt. Das war Anlass für die Steuerfahndung Hamburg, mit einem weiteren internationalen Gruppenersuchen aktuellere Daten des Vermittlungsportals zu deutschen Vermietern anzufordern, die Wohnraum über diese Plattform vermietet haben.

Quelle | Finanzbehörde Hamburg, PM vom 6.7.2023


Dienstreisen:

Fahrten mit dem Fahrrad: keine pauschalen Kilometersätze

| Benutzen Arbeitnehmer für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte ihr Fahrrad, können sie die Entfernungspauschale ansetzen. Die Bundesregierung hat nun aber ausgeführt, dass es bei Fahrten anlässlich einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit keine pauschalen Kilometersätze (0,30 Euro je gefahrenem Kilometer) gibt. |

Die Begründung leuchtet ein. Denn nach dem Einkommensteuergesetz (hier: § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 2 EStG) ist anstelle der tatsächlichen Fahrtkosten nur dann eine Dienstreisepauschale vorgesehen, wenn diese im Bundesreisekostengesetz (BRKG) zu finden ist. In § 5 BRKG sind Pauschalen aber nur für die Benutzung eines Kraftwagens oder ein anderes motorbetriebenes Fahrzeug vorgesehen.

Für Dienstreisen mit einem privaten Fahrrad können somit nur die entstandenen Fahrtkosten über den anhand der tatsächlichen Aufwendungen ermittelten persönlichen Kilometersatz als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Quelle | BT-Drs. 20/7889, S. 20 f. vom 28.7.2023


Umsatzsteuer:

FAQ zu Photovoltaikanlagen

| Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat seinen Fragen-Antworten-Katalog (FAQ) zum Nullsteuersatz für die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage mit Wirkung ab dem 1.1.2023 erneut aktualisiert (Stand: 23.6.2023, abrufbar unter www.iww.de/s7492). |


Doppelte Haushaltsführung:

Sind Stellplatzkoste01n zu den Unterkunftskosten zu zählen?

| Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen hat entschieden, dass Stellplatzkosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung zu den sonstigen (in voller Höhe abziehbaren) Mehraufwendungen gehören. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung (die Revision ist anhängig) ist jedoch mit Gegenwehr der Finanzämter zu rechnen, da das Bundesfinanzministerium (BMF) hierzu eine andere Auffassung vertritt. |

Hintergrund: Bei einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung können Arbeitnehmer Unterkunftskosten seit 2014 nur noch bis maximal 1.000 Euro im Monat als Werbungskosten abziehen. Der Höchstbetrag umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen, wie z. B. Miete, Betriebskosten sowie Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung oder -unterkunft, nicht jedoch Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist.

Aufwendungen für die erforderliche Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung, soweit sie nicht überhöht sind, können als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung (außerhalb des Höchstbetrags) berücksichtigt werden. Dieses Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) wird von der Finanzverwaltung akzeptiert.

Beachten Sie | Im Schreiben des BMF aus dem Jahr 2020 ist hierzu weiter ausgeführt: Übersteigen die Anschaffungskosten für Einrichtung und Ausstattung der Zweitwohnung (ohne Arbeitsmittel) insgesamt nicht den Betrag von 5.000 Euro einschließlich Umsatzsteuer, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass es sich um notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung handelt.

Uneinigkeit zwischen Behörden und gerichtlichen Instanzen

Nach Ansicht des BMF sind Miet-/Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze vom Höchstbetrag umfasst. Dieser Ansicht hat das FG Niedersachsen (wie bereits zuvor die FG Saarland und Mecklenburg-Vorpommern) indes eine Absage erteilt. Danach sind gesonderte Stellplatzkosten keine Unterkunftskosten.

Das FG Niedersachsen geht sogar noch einen Schritt weiter als die Kollegen aus dem Saarland und bezweifelt, dass der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn Unterkunft und Stellplatz „eine untrennbare Einheit“ bilden, wenn also die Nutzung der Unterkunft nicht ohne Aufwendungen für die Nutzung eines Stellplatzes möglich wäre.

Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 16.3.2023, 10 K 202/22, Rev. BFH, VI R 4/23, Abruf-Nr. 235999 unter www.iww.de; BMF-Schreiben vom 25.11.2020, IV C 5 – S 2353/19/10011:006

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