Schadenersatzrecht:
Schadenersatzanspruch einer Kundin bei missglückter Haarfärbung
| Kann der Friseur trotz mehrfacher Versuche den gewünschten „Ombré Style“ nicht verwirklichen, muss er der Kundin ein Schmerzensgeld zahlen, wenn deren Haare infolge der Falschbehandlung gekürzt werden müssen. Voraussetzung ist, dass er die Kundin zuvor nicht darüber aufgeklärt hat, dass sich der gewünschte Effekt möglicherweise nicht einstellen wird. |
Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Coburg. Geklagt hatte die Kundin eines Friseursalons. Sie hatte den Wunsch geäußert, ihren Haaransatz schwarz und die Spitzen ihrer langen Haare im fließenden Übergang, dem sogenannten „Ombré Style“, lila färben zu lassen. Einen Hinweis darauf, dass dieser spezielle Effekt bei den lila Haarspitzen der Kundin nicht zu erzielen sei, hatte der Friseur nicht erteilt. Weder bei der ersten Behandlung noch bei zwei weiteren Folgeterminen gelang es dem Friseur, die Haarspitzen der Kundin im „Ombré Style“ lila zu färben.
Mit der Klage macht die enttäuschte Kundin nun im Wesentlichen die aus ihrer Sicht nutzlos aufgewandten Friseurkosten aus dem ersten Termin, Aufwendungen für den Erwerb verschiedener Pflegeprodukte, Kosten für zwei weitere Besuche bei anderen Friseuren und ein Schmerzensgeld in dreistelliger Höhe geltend. Der Friseur ist der Auffassung, es sei ordnungsgemäß gearbeitet worden. Die Kundin habe trotz umfassender Aufklärung die letztlich durchgeführte Haarbehandlung auch gewünscht.
Das Amtsgericht gab der Klage teilweise statt. Der beklagte Friseur muss der Kundin die gesamten Kosten für den ersten Termin in seinem Hause zurückbezahlen. Das folge daraus, dass der versprochene Erfolg, die Haare der Kundin im „Ombré Style“ mit lila Spitzen herzustellen, nicht erreicht wurde. Von den Kosten für eine weitere Haarbehandlung in einem anderen Friseursalon muss der Beklagte lediglich den Teil erstatten, der nach der Schätzung des Gerichts auf das Färben der Haare entfällt, um ein einheitliches Farbergebnis für die Haarlänge der Kundin zu erzielen. Die übrigen Kosten dieses Friseurbesuchs hätte die Kundin sowieso zu tragen gehabt. Mit der gleichen Begründung blieb der Kundin auch die Erstattung der Kosten für die verschiedenen Pflegeprodukte versagt.
Schließlich sprach das Gericht der Kundin ein Schmerzensgeld in zweistelliger Höhe zu, weil ihre Haare durch die erfolglosen Behandlungen im Haus des Beklagten angegriffen wurden und in der Folge in den Spitzen gekürzt werden mussten.
Von den weiteren behaupteten Folgen, wonach die Kundin durch die missglückte Haarbehandlung nachhaltig in ihrem privaten und beruflichen Lebensalltag beeinträchtigt gewesen sein soll, konnte sich das Gericht in der Verhandlung jedoch nicht überzeugen. Es wies die Klage daher im Übrigen ab, insbesondere auch hinsichtlich des von der Kundin begehrten deutlich höheren Schmerzensgelds.
Quelle | Amtsgericht Coburg, Urteil vom 19.3.2014, 12 C 1023/13, Abruf-Nr. 143980 unter www.iww.de.
Immobilienverkauf:
Wie sich Verkäufer einer Gebrauchtimmobilie wirksam vor Haftungsrisiken schützen
| Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) lässt Verkäufer einer gebrauchten Immobilie aufhorchen. Der Fall macht die Haftungsrisiken für Verkäufer deutlich und zeigt, wie wichtig es ist, sich vor einer solchen Haftung effektiv zu schützen. |
Im Fall einer geerbten Immobilie, die später verkauft wurde, stellte sich heraus, dass das Haus schwammbefallen war. Die Verkäuferin verlor infolge des Verkaufs ihr Eigentum und sollte obendrein noch die Kosten der Mängelbeseitigung übernehmen, die weit über den erhaltenen Kaufpreis hinausgingen. „Wenn die Verkäuferin besser vorgesorgt hätte, wäre es dazu nicht gekommen“, so Dr. Steffen Breßler, Geschäftsführer der Notarkammer Koblenz.
„Der private Verkäufer einer gebrauchten Immobilie kann sich vor solchen Haftungsfallen schützen.“ Er rät zunächst zu einem Gewährleistungsausschluss im notariellen Kaufvertrag. „Ein umfassender Gewährleistungsausschluss ist beim Verkauf gebrauchter Immobilien unter Verbrauchern üblich. Verkäufern ist anzuraten, diesen Ausschluss auch nicht zur Verhandlung zu stellen und möglichst keine Garantien zu geben. Welche Altimmobilie gibt es, die gänzlich mangelfrei ist?“
Im entschiedenen Fall hatte eine Studentin ein Haus geerbt und für 260.000 EUR verkauft. Der Käufer verlangte von der Studentin 635.000 EUR für die Schwammsanierung. Während die Vorinstanz dem Käufer dies zusprach, begrenzte der BGH die Haftung der Verkäuferin auf das doppelte der Wertminderung – in dem Fall insgesamt 185.596 EUR. Der Studentin verblieb letztlich noch ein Drittel des ursprünglichen Kaufpreises.
Der BGH hat die Grenzen der Haftung des Verkäufers einer gebrauchten Immobilie abgesteckt. Danach haftet der Verkäufer grundsätzlich in voller Höhe für die Kosten der Sanierung zur Mangelbeseitigung. Grenze ist dabei jedoch die Unverhältnismäßigkeit. Diese kann beispielsweise erreicht sein, so die Richter, wenn die Reparaturkosten mehr als doppelt so hoch sind wie die Wertminderung aufgrund des Mangels, oder die Reparatur mehr kostet, als das Haus im mangelfreien Zustand überhaupt wert wäre.
Mit einem Gewährleistungsausschluss im Vertrag alleine kann sich der Verkäufer noch nicht vollständig beruhigt zurücklehnen. Zum Schutz des Käufers schuldet er darüber hinaus auch Aufklärung über offenbarungspflichtige Mängel. „Die Rechtsprechung weitet die Offenlegungspflichten des Verkäufers stetig aus“, stellt Dr. Breßler fest. Offen zu kommunizieren sind sachliche Mängel, wie z.B. eine Überflutungsgefahr, verbaute Asbestmaterialien oder – wie in dem vom BGH entschiedenen Fall – Hausschwammbefall. Selbst über eine vor Jahren erfolgreich durchgeführte Schwammsanierung muss der Käufer informiert werden.
Ist dem Käufer der Mangel bekannt, entfallen seine diesbezüglichen Gewährleistungsrechte. Kommt es später zum Streit, muss der Verkäufer jedoch vor Gericht die Kenntnis des Käufers beweisen können. Ein weiterer Baustein der Vorsorge beim Immobilienverkauf besteht deshalb darin, die Aufklärung gerichtsfest zu dokumentieren. Dr. Breßler rät: „Mängel, die dem Käufer bekannt sind, sollte man in der notariellen Kaufvertragsurkunde erwähnen.“ Der Verkäufer tut also gut daran, sich im Vorfeld ausführlich beraten zu lassen.
Quelle | Hamburgische Notarkammer; BGH, Urteil vom 4.4.2014, V ZR 275/12, Abruf-Nr. 141430 unter www.iww.de.
Krankentagegeldversicherung:
Anpassungsklausel zulasten des Versicherten bei sinkendem Nettoeinkommen unwirksam
| Die Herabsetzungsklausel in einem Versicherungsvertrag, mit der die Leistung des Versicherers bei sinkendem Nettoeinkommen des Versicherten herabgesetzt werden kann, ist unwirksam. |
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall eines selbstständigen Handwerkers. Dieser hatte 2006 eine Krankentagegeldversicherung mit einem Tagegeld i.H.v. 100 EUR abgeschlossen. Das entsprach seinem damaligen Nettoeinkommen. 2012 teilte der Versicherer mit, dass das Tagegeld bei entsprechend geminderter Prämienhöhe nur noch 62 EUR betrage. Er berief sich darauf, dass der Handwerker mittlerweile weniger verdiene und die Versicherungsbedingungen eine entsprechende Anpassung zuließen. Der Handwerker bestand auf der Beibehaltung des höheren Tagessatzes. Der Versicherer machte geltend, die strittige Klausel diene dazu, ein erhöhtes Risiko der Inanspruchnahme für den Fall zu begrenzen, dass der Versicherte durch eine Erkrankung und den dann entstehenden Tagegeldanspruch ein höheres Einkommen erzielen könne als durch eigene Erwerbstätigkeit.
Das OLG folgte zwar dieser Argumentation, erklärte die Herabsetzungsklausel in ihrer konkreten Ausgestaltung aber für unwirksam. Der Handwerker behält damit seinen Anspruch auf die vereinbarten 100 EUR Krankentagegeld, obwohl sein Verdienst mittlerweile deutlich unter 100 EUR am Tag liegt. Das Gericht führte aus, die Klausel ermögliche es den Versicherern die Tagegeldhöhe auch dann herabzusetzen, wenn der Versicherte bereits erkrankt sei und Tagegeldansprüche geltend mache. Damit bestehe für den Versicherten die Gefahr, dass das Tagegeld von seiner Versicherung gerade dann einseitig herabgesetzt werde, wenn mit der Erkrankung auch sein Einkommen sinke. Gegen krankheitsbedingte Einkommensverluste habe sich der Versicherte aber gerade schützen wollen. Im Übrigen führe die Herabsetzungsmöglichkeit dazu, dass für einen selbständigen Versicherten mit schwankendem Einkommen die Entwicklung seines Versicherungsschutzes nicht absehbar sei. Auch dies mache die Klausel unzulässig.
Quelle | OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.12.2014, 9a U 15/14, Abruf-Nr. 143618 unter www.iww.de.
Bankrecht:
Bank darf Hochzins-Verträge nicht kündigen
| Ein Geldinstitut kann die in Zeiten hoher Zinsen abgeschlossenen hochverzinsten Verträge nicht kündigen, weil sie in der Niedrigzinsphase wirtschaftlich nachteilig sind.|
Diese anlegerfreundliche Entscheidung traf das Landgericht (LG) Ulm im Fall der sog. Scala-Verträge der Sparkasse Ulm. Diese Sparverträge haben eine Laufzeit von 25 Jahren. Die Kunden erhalten Bonuszinsen von bis zu 3,5 Prozent zusätzlich zu dem normalen Zinssatz. Weil dies in der aktuellen Niedrigzinsphase für die Sparkasse wirtschaftlich nachteilig ist, wollte sie die Verträge beenden, notfalls per Kündigung. Das hat das LG nun untersagt. Die Richter entschieden, dass die Verträge nicht wegen des mittlerweile deutlich niedrigeren Zinsniveaus gekündigt werden dürften. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für ein ordentliches Kündigungsrecht. Veränderungen des Zinsniveaus würden als Begründung nicht ausreichen. Damit hätte bei Vertragsschluss gerechnet werden müssen.
Quelle | LG Ulm, Urteil vom 26.1.2015, 4 O 273/13, Abruf-Nr. 143981 unter www.iww.de.