Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften:
Offenlegung der Jahresabschlüsse 2022: Keine Ordnungsgeldverfahren bis 2.4.2024
| Die Offenlegungsfrist für den Jahresabschluss für 2022 endete bereits am 31.12.2023. Sie betrifft insbesondere AG, GmbH und GmbH & Co. KG. Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat nun aber mitgeteilt, dass es vor dem 2.4.2024 kein Ordnungsgeldverfahren einleiten wird. |
Offenlegungsmedium hat sich geändert
Für die Jahresabschlüsse für 2022 hat sich das Offenlegungsmedium geändert. Die Jahresabschlüsse sind nicht mehr beim Bundesanzeiger einzureichen, sondern zur Offenlegung an das Unternehmensregister zu übermitteln. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.publikations-plattform.de.
Ordnungsgeld droht!
Kommt das Unternehmen der Pflicht zur Offenlegung nicht rechtzeitig oder nicht vollständig nach, leitet das BfJ ein Ordnungsgeldverfahren ein. Das Unternehmen wird aufgefordert, innerhalb einer sechswöchigen Nachfrist den gesetzlichen Offenlegungspflichten nachzukommen. Gleichzeitig droht das BfJ ein Ordnungsgeld an (regelmäßig in Höhe von 2.500 Euro). Entspricht das Unternehmen der Aufforderung nicht, wird das Ordnungsgeld festgesetzt.
Beachten Sie | Ordnungsgeldandrohungen und Ordnungsgeldfestsetzungen können so lange wiederholt werden, bis die Veröffentlichung erfolgt ist. Die Ordnungsgelder werden dabei schrittweise erhöht.
Mit der Androhung werden den Beteiligten die Verfahrenskosten auferlegt. Diese entfallen nicht dadurch, dass der Offenlegungspflicht innerhalb der gesetzten Nachfrist nachgekommen wird.
Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften
Kleinstkapitalgesellschaften (gemäß § 267a Handelsgesetzbuch) müssen nur ihre Bilanz (keinen Anhang und keine Gewinn- und Verlustrechnung) einreichen. Zudem können sie ihre Publizitätsverpflichtung durch Offenlegung oder dauerhafte Hinterlegung erfüllen. Hinterlegte Bilanzen sind nicht unmittelbar zugänglich; auf Antrag werden sie kostenpflichtig an Dritte übermittelt.
Quelle | BfJ: Jahresabschlüsse, abrufbar unter www.iww.de/s7329
Datenschutz:
Schufa-Scoring nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt
| Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) steht zwei Datenverarbeitungspraktiken von Wirtschaftsauskunfteien entgegen. So hat es nun der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) klargestellt. Während das Scoring nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, steht die längere Speicherung von Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung im Widerspruch zur DS-GVO. |
Das war geschehen
Mehrere Bürger fochten vor dem Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden Bescheide des zuständigen Datenschutzbeauftragten an, mit denen er sich weigerte, gegen bestimmte Tätigkeiten der SCHUFA, einer privaten Wirtschaftsauskunftei, vorzugehen, zu deren Kunden insbesondere Banken zählen. Sie wandten sich konkret gegen das Scoring sowie gegen die Speicherung von aus öffentlichen Registern übernommenen Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung.
Das Scoring ist ein mathematisch-statistisches Verfahren, das es ermöglicht, die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Verhaltens, wie etwa die Rückzahlung eines Kredits, vorauszusagen. Die Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung werden im deutschen öffentlichen Insolvenzregister sechs Monate lang gespeichert, während Verhaltensregeln der deutschen Wirtschaftsauskunfteien für ihre eigenen Datenbanken eine Speicherdauer von drei Jahren vorsehen. Das Verwaltungsgericht ersucht den Gerichtshof, den Umfang des Schutzes der personenbezogenen Daten, wie er von der DS-GVO vorgesehen ist, näher zu erläutern.
Scoring grundsätzlich verboten
Der EuGH entschied, dass das Scoring als eine von der DS-GVO grundsätzlich verbotene „automatisierte Entscheidung im Einzelfall“ anzusehen ist, sofern die Kunden der SCHUFA, z. B. Banken, ihm eine maßgebliche Rolle im Rahmen der Kreditgewährung beimessen. Nach Ansicht des VG ist dies der Fall. Es obliegt diesem Gericht, zu beurteilen, ob das deutsche Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) im Einklang mit der DS-GVO eine gültige Ausnahme von diesem Verbot enthält. Trifft dies zu, wird das Gericht außerdem prüfen müssen, ob die in der DS-GVO vorgesehenen allgemeinen Voraussetzungen für die Datenverarbeitung erfüllt sind.
Überlange Speicherung untersagt
In Bezug auf die Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung entschied der EuGH, dass es im Widerspruch zur DS-GVO steht, wenn private Auskunfteien solche Daten länger speichern als das öffentliche Insolvenzregister. Die erteilte Restschuldbefreiung soll nämlich der betroffenen Person ermöglichen, sich erneut am Wirtschaftsleben zu beteiligen, und hat daher für sie existenzielle Bedeutung. Diese Informationen werden bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit der betroffenen Person stets als negativer Faktor verwendet. Im vorliegenden Fall hat der deutsche Gesetzgeber eine sechsmonatige Speicherung der Daten vorgesehen. Er geht daher davon aus, dass nach Ablauf der sechs Monate die Rechte und Interessen der betroffenen Person diejenigen der Öffentlichkeit, über diese Information zu verfügen, überwiegen.
Löschungsanspruch
Soweit die Speicherung der Daten nicht rechtmäßig ist, wie dies nach Ablauf der sechs Monate der Fall ist, hat die betroffene Person das Recht auf Löschung dieser Daten, und die Auskunftei ist verpflichtet, sie unverzüglich zu löschen.
Was die parallele Speicherung solcher Informationen durch die SCHUFA während dieser sechs Monate angeht, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, die in Rede stehenden Interessen gegeneinander abzuwägen, um die Rechtmäßigkeit dieser Speicherung zu beurteilen. Sollte es zu dem Ergebnis kommen, dass die parallele Speicherung während der sechs Monate rechtmäßig ist, hat die betroffene Person dennoch das Recht, Widerspruch gegen die Verarbeitung ihrer Daten einzulegen, sowie das Recht auf deren Löschung, es sei denn, die SCHUFA weist das Vorliegen zwingender schutzwürdiger Gründe nach.
Schließlich betont der EuGH, dass die nationalen Gerichte jeden rechtsverbindlichen Beschluss einer Aufsichtsbehörde einer vollständigen inhaltlichen Überprüfung unterziehen können müssen.
Quelle | EuGH, Urteile vom 7.12.2023, C-634/21, C-26/22 und C-64/22, PM 186/23
Markenrechtsstreit:
Kunstfreiheit: Luxus-Handtaschen nur eingeschränkt geschützt
| Ein Berliner Modelabel stellt unter anderem Kleider, Röcke, Tops und Taschen her, die charakteristische Merkmale der besagten Luxus-Handtasche aufweisen. Das Label führte diese Modekreationen auf einer Fashionshow vor und bewarb die dortigen Darbietungen im Internet sowie auf sozialen Netzwerken. Die Herstellerin der Luxus-Tasche hat vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main verlangt, dem Berliner Modelabel diese Darstellungen zu untersagen ohne Erfolg. |
Prägende Merkmale der Handtaschen (nur) Teil einer Inszenierung?
Die Designerinnen des Berliner Labels hatten sich auf ihre Kunst- und Meinungsfreiheit berufen. Ihre Modekreationen, in denen die prägenden Merkmale der Luxus-Handtasche aus dem Modekonzern der Antragstellerin gespiegelt werden, seien Teil einer Inszenierung. Es solle damit unter anderem auf weibliche Klischees hingewiesen werden, wonach sich Frauen diese Luxus-Handtaschen von sog. „Sugar Daddys“ schenken ließen. Die Akzeptanz dieses Vorurteils sei eine Form von Feminismus.
Abwägung erforderlich
Das LG entschied in zwei Beschlüssen vom 19.9.2023, die Antragstellerin könne sich nicht mit Erfolg auf europäischen Markenrechtsschutz berufen. Es sei im vorliegenden Fall eine Abwägung erforderlich zwischen dem Eigentumsrecht der Herstellerin der Luxus-Handtasche und der Kunstfreiheit der Antragsgegnerin. Auch die Beschäftigung mit einer Marke kann von der Kunstfreiheit erfasst sein, meint das LG. Das in der Kunstfreiheit wurzelnde Interesse der Antragsgegnerin an der Darbietung ihrer Fashionshow überwiege im vorliegenden Fall.
Die Antragsgegnerin wolle mit ihren Kleidern und Taschen darauf hinweisen, dass Frauen von Männern zum Objekt degradiert und als gesellschaftliche Accessoires angesehen würden. Nach ihrer Ansicht würden sich Frauen emanzipieren, indem sie genau diese Rolle einnähmen. Sie würden Männer als „menschliche Bank“ für ihre Zwecke nutzen, wenn sie sich von ihnen Luxus-Taschen schenken ließen. „In dieser überspitzten gesellschaftlichen Darstellung tragen Frauen die Kleidungsstücke, die an die Luxus-Tasche der Antragstellerin erinnern, in aufreizender und lasziver Art an der Grenze zu Kitsch und Geschmacklosigkeit. (…) Hierbei ist das Spiel zwischen primitiver Direktheit und ultimativen Luxusgütern essenzieller Bestandteil der Darbietung“, erklärte die Kammer in ihrem Beschluss.
Keine Herabwürdigung der Marke
Das LG: Die Marke der Antragstellerin werde weder verunglimpft noch herabgesetzt. Vielmehr diene sie als ein gesellschaftlich angestrebter Bezugspunkt von Luxusgütern. Die Anlehnung an die Luxus-Handtasche der Antragstellerin sei dabei nur ein Teil der gesamten Inszenierung.
Die Entscheidungen sind rechtskräftig.
Quelle | LG Frankfurt am Main, Beschlüsse vom 19.9.2023, 2-06 O 532/23 und 2-06 O 533/23, PM vom 12.10.2023