Kapitalgesellschaften:
Verdeckte Gewinnausschüttung: Zeitwertkonto des Alleingesellschafter-Geschäftsführers
| Die Vereinbarung zwischen einer GmbH und ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer über die Ansammlung von Wertguthaben auf Zeitwertkonten ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Daher hat das Finanzgericht (FG) Münster die von der GmbH als Aufwand behandelten Zuführungen als verdeckte Gewinnausschüttungen eingestuft, die das Einkommen der GmbH nicht mindern. |
Das FG hat sich der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs angeschlossen, wonach sich eine solche Vereinbarung nicht mit dem Aufgabenbild eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers verträgt. Dieser besitzt für die GmbH eine „Allzuständigkeit” und damit eine Gesamtverantwortung. Er muss die notwendigen Tätigkeiten auch dann erledigen, wenn dies einen Einsatz außerhalb und über die üblichen Arbeitszeiten hinaus bedeutet. Eine Vereinbarung, in der auf eine unmittelbare Entlohnung zugunsten von späterer (vergüteter) Freizeit verzichtet wird, entspricht nicht diesem Aufgabenbild.
Die von der GmbH eingelegte Klage war dennoch erfolgreich. Denn hier ging es um den Lohnsteuer-Haftungsbescheid gegen die GmbH über nicht abgeführte Lohnsteuer. Hierzu führte das FG Münster Folgendes aus:
Soweit der erfasste Aufwand aus der Lohnverpflichtung gegenüber dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer dem Zeitwertkonto zugeführt wurde, ist dieser als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren. Das hat auf der Ebene des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers zur Folge, dass es in dieser Höhe nicht zum Zufluss von Arbeitslohn kommt. Es liegen vielmehr Einkünfte aus Kapitalvermögen vor – und hierfür ist keine Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen.
Hinweis: Die Entscheidung betraf eine Klage der Kapitalgesellschaft. Die Frage, wann die als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandelnden Gutschriften von den GmbH-Geschäftsführern zu versteuern sind, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung (soweit ersichtlich) noch nicht abschließend geklärt.
Quelle | FG Münster, Urteil vom 5.9.2018, 7 K 3531/16 L, Abruf-Nr. 204946 unter www.iww.de.
Personengesellschaften:
Volles Elterngeld durch Gewinnverzicht
| Der im Steuerbescheid ausgewiesene Jahresgewinn ist bei einem Personengesellschafter nicht anteilig im Elterngeldbezugszeitraum als Einkommen anzurechnen, wenn der Gesellschafter für diese Zeit auf seinen Gewinn verzichtet hat. |
Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) im Fall einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) entschieden. Nach derem Gesellschaftsvertrag erhielten wegen Elternzeit nicht beruflich tätige Gesellschafter keinen Gewinnanteil. Eine Gesellschafterin gebar am 6.11.2014 eine Tochter. Nach den gesonderten Gewinnermittlungen der GbR betrug ihr Gewinnanteil in der Elternzeit jeweils 0 Prozent. Während dieser Zeit tätigte sie auch keine Entnahmen.
Die Elterngeldstelle berücksichtigte auf Basis des Steuerbescheids für 2013 jedoch einen anteiligen Gewinn im Bezugszeitraum und bewilligte somit nur das Mindestelterngeld in Höhe von 300 EUR monatlich.
Das Gericht sah das anders: Einen Rückgriff auf den Steuerbescheid und eine Zurechnung fiktiver Einkünfte sieht das Gesetz nicht vor.
Mit Rücksicht auf die Neuregelung der Einkommensanrechnung (Elterngeldvollzugsvereinfachungsgesetz vom 10.9.2012) hat das BSG seine bisherige Rechtsprechung modifiziert. Danach war der Jahresgewinn eines Gesellschafters auch dann anteilig als Einkommen in der Bezugszeit anzurechnen, wenn der Gesellschafter auf seinen Gewinn in der Elternzeit verzichtet hatte.
Quelle | BSG-Urteil vom 13.12.2018, B 10 EG 5/17 R, Abruf-Nr. 206462 unter www.iww.de.
Umsatzsteuer:
BFH konkretisiert das Rechnungsmerkmal „vollständige Anschrift“
| Eine umsatzsteuerlich ordnungsgemäße Rechnung erfordert die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers. Nach geänderter Rechtsprechung und Verwaltungssichtweise reicht jede Art von Anschrift (einschließlich einer Briefkastenanschrift) aus, sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift erreichbar ist. Das zeitliche Moment „Erreichbarkeit“ hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun präzisiert. |
Danach ist für die Prüfung des Rechnungsmerkmals „vollständige Anschrift“ (nur) der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgeblich und nicht der Zeitpunkt der Leistungserbringung. Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zu diesem Zeitpunkt trifft den den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfänger.
Quelle | BFH-Urteil vom 5.12.2018, XI R 22/14, Abruf-Nr. 206989 unter www.iww.de.
Verbraucherschutz:
Servicetelefonnummer müssen in Muster-Widerrufsbelehrung genannt werden
| Unterhält das Unternehmen Telefonnummern im Kontakt mit vorhandenen Kunden, muss er diese auch in seiner Widerrufsbelehrung nennen. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig im Falle eines Unternehmens hin, das über das Internet u. a. Telekommunikationsdienstleistungen vertreibt. Das Unternehmen verwendet dabei das gesetzlich angebotene Muster für die Widerrufsbelehrung, um den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu informieren. In der Muster-Widerrufsbelehrung gab es seine Telefonnummer nicht an, obwohl es über geschäftliche Telefonnummern verfügt, die eigens für den Kontakt mit bereits vorhandenen Kunden eingerichtet worden sind.
Der Kläger, ein Verein zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, will mit seiner Klage erreichen, dass das Unternehmen die Widerrufsbelehrungen nicht verwendet, ohne darin die bereits vorhandene Telefonnummer anzugeben. Das Landgericht Kiel hat das Unternehmen antragsgemäß verurteilt.
Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat die Berufung des Unternehmens zurückgewiesen und das landgerichtliche Urteil bestätigt. Das Unternehmen hat die ihm obliegenden Belehrungspflichten gegenüber Verbrauchern nicht erfüllt, weil es eine Telefonnummer, die es für den Kontakt mit bereits vorhandenen Kunden nutzt, in der Muster-Widerrufsbelehrung nicht angegeben hat. Der Gesetzgeber hat zum Ausfüllen der Widerrufsbelehrung einen Gestaltungshinweis formuliert. Danach soll der Unternehmer seinen Namen, seine Anschrift und, soweit verfügbar, seine Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse angeben. Da der Widerruf nicht nur in Textform, sondern auch telefonisch oder mündlich erklärt werden kann, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Telefonnummer jedenfalls dann mitteilen, wenn er diese Telefonnummer auch sonst nutzt, um mit seinen Kunden in Kontakt zu treten.
So ist es bei dem Unternehmen. Es nutzt verschiedene Telefonnummern, über die es von seinen Kunden u. a. zur Inanspruchnahme von Serviceleistungen im Zusammenhang mit bereits geschlossenen Verträgen angerufen werden kann. Deshalb muss es über diesen Kommunikationsweg auch etwaige Widerrufe entgegennehmen.
Quelle | OLG Schleswig, Urteil vom 10.1.2019, 6 U 37/17, Abruf-Nr. 207781 unter www.iww.de.